Freitag, 22. Juni 2012

Jo Davis: Trial by Fire

Howard Paxton ist ein Feuerwehrmann mit dem Körper eines Bodybuilders (nur nicht so ölig. Hoffe ich) und einer schlimmen Kindheit, die ihn zu einem emotional distanzierten Menschen macht. Dann aber trifft er bei einem Einsatz die Grundschullehrerin Kat McKenna, und es funkt sofort zwischen den beiden. So dauert es auch nicht lange bis zum ersten Date. Dumm nur, daß ein finsterer Bösewicht gerade jetzt sein Unwesen treibt und Häuser und Frauen in Brand setzt. So dauert es über 300 Seiten, bis Howard und Kat Hand in Hand in den Sonnenuntergang reiten können...

Ich hatte ja schon Ride the Fire von Jo Davis gelesen, und das hatte mir so gut gefallen, daß ich bei meinem nächsten Amazon-Kaufrausch Trial by Fire bestellt hatte. Das schlummerte dann längere Zeit nahezu unbeachtet in meinem SUB, bis ich eine höchst amüsante Rezension bei Heroes and Heartbreakers fand. Natürlich mußte ich das Buch danach sofort lesen. Manchmal will man einfach ein Buch, das so schlecht ist, daß es schon wieder gut ist.

Eins muß man Jo Davis lassen: soweit ich das bisher beurteilen kann, sind ihre Bücher nicht langweilig. Ich finde ihren Schreibstil wirklich nicht übel, und ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen. Allerdings gibt es hier wieder absolut gar nichts neuartiges oder originelles (mit einer Ausnahme, aber dazu kommen wir gleich). Dann und wann braucht man so etwas, und da wird man bei Trial by Fire gut bedient.

Laßt mich an dieser Stelle der Hoffnung Ausdruck verleihen, daß Feuerwehrleute im wirklichen Leben nicht so sind wie die in den Jo Davis-Büchern. Also dermaßen psychisch angeschlagen, verkorkst, traumatisiert und teilweise alkoholdurchtränkt, daß sie kaum in der Lage sind, ihre Arbeit zu tun. Wenn ich in dem Ort wohnen würde, wo diese Bücher spielen, dann würde ich vorsichtshalber in jedem Raum meines Hauses drei Feuermelder anbringen, Tag und Nacht feuerfeste Kleidung tragen und nie, wirklich niemals etwas gefährliches tun wie Grillen oder eine Duftkerze anzünden (und ich liebe Duftkerzen. Besonders die, die ihre Farbe wechseln und nach Vanille riechen).

Aber zurück zum Buch. Dieser Howard ist ein Mann, der bei mir schon vor dem ersten Date verschissen hätte. Howard ruft nämlich an einem Sonntag nachmittag bei Kat an und will sie zu einem Ausflug abholen. In einer halben Stunde. WTF? In welchem mir unbekannten Paralleluniversum gibt es denn bitte eine Frau, die nicht mehr als eine halbe Stunde braucht, um sich auf ein Date vorzubereiten? Obendrein auf ein erstes Date? Und dann kommt er auch noch mit seiner Harley an. Na da steh ich ja voll drauf. Gibt doch nichts schöneres, als sich für einen Typen die Haare zu waschen und hübsch zu frisieren und dann festzustellen, daß sie wenig später unter einen Motorradhelm gestopft werden, damit sie sich in etwas plattgedrücktes und strähniges verwandeln können.

Nun gut, Kat sieht das alles ein bißchen anders und schafft es, in 15 Minuten fertig zu sein (bravo, Kat). Howard holt sie ab, drückt ihr den Motorradhelm in die Hand und sagt, daß sie ihre Handtasche zu Hause lassen soll.

Ich wiederhole das, weil es so unfaßbar ist. SIE. SOLL. IHRE. HANDTASCHE. ZU HAUSE LASSEN!!!!!!!!!!!!



Was, hat der gute Howard ein Sachbuch mit dem Titel "Wie man sich bei Susi unbeliebt macht" gelesen? Wo soll frau denn bitte ohne Handtasche lebensnotwendige Dinge wie ein Handy, Tempotücher und einen Labello unterbringen? Außer zum Müll rausbringen verlasse ich das Haus wirklich niemals ohne Handtasche. Unsere Heldin Kat ist da aber gar nicht zimperlich, denn sie läßt tatsächlich ihre Handtasche zurück, um mit Howard auf seinem Motorrad davonzubrausen. Und mir fällt gerade ein, daß ich ganz dringend ein paar Ohrstöpsel brauchen würde, wenn ich mal auf so einer Harley mitfahren wollte. Gestern (ohne Scheiß, das ist wirklich passiert) wartete ich mit meinem Auto vor einer roten Ampel und sorgte mich, das Auto könne kaputt sein, weil es so komische laute Geräusche machte. Dann sah ich, daß hinter mir ein Harley-Fahrer war, und der Ursprung der Geräusche war mir klar.

Unsere beiden Helden machen jedenfalls einen Ausflug in einen Park, und wie das so ist, wenn man mit einem Feuerwehrmann ausgeht: sie machen ein Picknick, tauschen tiefe Gedanken aus (über Howards schlimme Kindheit), er rettet ein Kind, sie gehen spazieren, sie haben Sex im Freien. Dabei erfahren wir, daß Kat, ich muß das jetzt mal so explizit erwähnen, untenrum kahlrasiert ist. Howard findet das total toll.

Das kuriose daran ist eben nur, daß sie so etwa drei oder vier Tage später schon wieder Locken hat. Ja, dort. Ob sie wohl eine spezielle Haarwuchsdiät kennt, mir der sie ein Vermögen machen könnte, wenn sie sie nicht mehr geheimhielte?

Der Rest des Buches geht in etwa so: Bösewicht tut böse Dinge, Kat will Howard, Howard will Kat, obwohl er ja wegen seiner psychischen Probleme keine feste Beziehung will, die beiden haben Zoff, Howard rettet Kat vor dem Bösewicht, alle sind glücklich.

Trial by Fire ist wirklich kein grottenschlechtes Buch. Es ist nicht langweilig, und zum Glück ist die Heldin Kat weder TSTL, noch leidet sie am Fußabtretersyndrom. Howard ist allerdings ein bißchen dumpfbackig. Aber was soll's. Grundsätzlich ist er 'n ganz netten Kerl, und auch Honks brauchen Liebe, stimmt's?

Donnerstag, 7. Juni 2012

Da lachen ja die Hühner!

Ich lese ja manchmal gern diese Frauenzeitschriften. Nein, nicht die mit den neuesten Neuigkeiten über Europas Königshäuser (die lese ich auch, aber nur beim Friseur). Sondern die mit Koch- und Backrezepten und Empfehlungen für überteuerte Luxus-Kosmetikprodukte; irgendwie muß ich meinen Kosmetik-Tick ja pflegen. Letzte Woche wurde in der Fernsehwerbung angekündigt, daß man einen Dreierpack dieser Zeitschriften kaufen könne: Tina, Bella und Tina Woman, wobei letztere mutmaßlich auf eine etwas ältere Zielgruppe ausgerichtet ist - also mich. Als mich auf der Vorderseite einer dieser Zeitschriften ein durchaus appetitlich aussehendes Erdbeerkuchenrezept anlachte, habe ich mir den Dreierpack gekauft. Die Rezepte waren auch ok, ich habe mir einige aufbewahrt. Aber der Rest des Inhalts - Oh mein Gott! Warum ist denn da soviel Esoterikscheiß drin?? Ein Mondkalender, der mir sagt, wann ich meinen Garten (den ich nicht habe) umgraben soll und wann ich meine Haare waschen soll, WTF??

Aber die absolute Krönung kam, als ich die Tina Woman durchblätterte. Auf Seite 50/51 ist ein Bericht über eine Frau namens Tatjana Adams, die sich mit Hühnern unterhält!!! Ich wiederhole das noch mal, weil es so unglaublich ist: sie UNTERHÄLT sich mit Hühnern. Und zwar nicht im Sinne von: sie streut ihnen morgens das Futter hin und ruft "Kommt, puttputtputt", sondern im Sinne von "och sag mal Brunhilde, komm leg dich doch mal auf die Couch. Käffchen? Du, wie fühlst du dich denn jetzt?"

 Zitat gefällig?

"Und dann kam Fortuna, eine braune Legehenne. 'Ich hatte mir mit der Zeit angewöhnt, mit jedem Huhn, das neu zu uns kommt, darüber zu sprechen, was es braucht, um sich wohlzufühlen. Fortuna hatte gleich einen verwegenen Plan: Sie wollte ein Buch schreiben. Das heißt, sie wollte mir, gemeinsam mit Bertha, Frieda, Agnetha, Brunella und Ludmilla, ihre Gedanken mitteilen. Und ich sollte sie aufschreiben. Ich hielt das zuerst für völlig abwegig und wollte es Fortuna ausreden. Aber sie blieb am Ball', lacht Tatjana. Und so fand sie sich mittags, wenn Halvar und seine kleine Schwester Feya (3) schliefen, mit Stift und Zettel auf dem Hühnerhof oder am Schreibtisch wieder und notierte eifrig, was Fortuna und Co. den Menschen mitzuteilen hatten.


'Bei den Interviews mit ihnen mußte ich aufpassen, daß ich mit dem Aufschreiben hinterherkomme, der Sinn des Gesagten und die Schönheit des Ausdrucks nicht verloren gehen. Oft genug war ich auch irritiert. Beispielsweise als Ludmilla meinte, sie wolle über Prostitution sprechen. Erst im Gespräch mit ihr fand ich heraus, daß es um Selbstprostitution ging', sagt Tatjana."

Mein Arbeitskollege G., der gerade auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung ist, war begeistert, als ich ihm davon erzählte.  Er hat jetzt seinen Plan aufgegeben, zur Weiblichkeitspädagogin umzuschulen, und will stattdessen Tierkommunikator werden wie Tatjana Adams. Die Website von Frau Adams findet ihr hier, und natürlich könnt ihr dieses bahnbrechende Machwerk auch im Buchhandel kaufen:

Montag, 14. Mai 2012

Larissa Ione: Pleasure Unbound

Tayla Mancuso ist eine Dämonenjägerin, für die die Devise gilt: nur ein toter Dämon ist ein guter Dämon. Blöd nur, daß sie dann und wann beim Dämonenjagen von diversen Körperteilen im Stich gelassen wird, und blöder noch, daß das ihre Kollegin ihr Leben kostet und Tayla selbst im Krankenhaus landet. Und zwar nicht in irgendeinem Krankenhaus, sondern in einem, in dem paranormale Kreaturen ausschließlich andere paranormale Kreaturen behandeln. Die erste Frage, die sich das Krankenhauspersonal beim Anblick Taylas stellt, ist: töten wir sie gleich oder foltern wir sie erst? Doch dann kommt alles ganz anders und Tayla lernt Eidolon, den dämonischen Chefarzt kennen, den sie einerseits, nun ja, dämonisch, andererseits aber auch ziemlich heiß findet. Schon bald versuchen die beiden, einer Verschwörung auf den Grund zu gehen, in die Taylas Dämonenjägerorganisation verwickelt zu sein scheint. Wer ist gut, wer ist böse? Und warum können Tayla und Eidolon nicht die Finger voneinander lassen?

Normalerweise bin ich ja wirklich kein Dämonenbuchfan. Aber die begeisterten Rezensionen von Cleopatra im lesenswert-empfehlenswert Blog haben mich neugierig gemacht. Pleasure Unbound ist auch wirklich kein schlechtes Buch, es hat mich gut unterhalten. Positiv ist mir aufgefallen, daß Tayla eine Kick-Ass Heldin im besten Sinn des Wortes ist. Sie kann nämlich tatsächlich auf sich selbst aufpassen (wenn sie nicht gerade mal wieder einen ihrer Anfälle hat), und kann sogar Eidolon im Nahkampf besiegen. Daumen hoch dafür. Was mir auch gefallen hat, sind die vielen abgefahrenen Kreaturen, die sich die Autorin hat einfallen lassen...es ist schon einige Zeit her, daß ich das Buch gelesen habe, aber da war etwas mit einem schweine-ähnlichen Dämon, der giftige Maden verliert, wenn man ihn aufschneidet. Jup, das würde 'nen geilen Horrorfilm abgeben. Die Geschichte ist spannend und birgt eine gewisse Logik in sich, sofern man für die Dauer des Lesens an eine Parallelwelt mit Dämonen glaubt.

Aber: es sind auch unwahrscheinlich viele Handlungselemente enthalten, die ich schon mindestens so oft wie mein eigenes Gesicht gesehen habe.

Mehrere Brüder paranormaler Abkunft, fürchterlich verkorkst bis zum Geht-nicht-mehr, aber auf das weibliche Geschlecht unwiderstehlich wirkend und bereit, sich durch das Wunder der Liebe heilen zu lassen: check.

Rührende Familienzusammenführung der ihre weiche Seite entdeckenden Kick Ass-Heldin: check.

Die Guten sind gar nicht so gut, wie man dachte: check.

Fieser Verrat! - check.

Nun ja, Pleasure Unbound strotzt wirklich nicht gerade vor Originalität, aber es ist dennoch recht kurzweilig und unterhaltsam.

Okay, aber etwas habe ich dennoch zu meckern. Achtung, jetzt kommt ein Spoilerchen!

Der gute Eidolon hat nämlich etwas, um das ihn garantiert Männer in aller Welt beneiden: magisches Sperma, das eine aphrodisierende Wirkung auf alle Frauen hat, die damit in Kontakt kommen. So weit, so gut...aber, liebe Frau Ione: warum, warum nur erfinden sie einen Helden mit aphrodisierendem Wundersperma - und lassen sich die Gelegenheit entgehen, diese erstaunliche Flüssigkeit dann auch gleich noch nach Schokolade schmecken zu lassen?? Es ist doch Fiktion! Alles geht! Tsktsk.

Dienstag, 8. Mai 2012

Victoria Dahl: Bad Boys Do

Olivia Bishop , Anfang 30 und frisch geschieden, möchte ein bißchen Spaß haben, weiß aber nicht so recht, wie sie's anfangen soll, da sie ihr ganzes Leben lang eine kulturbeflissene Streberpersönlichkeit mit unnormal großer Selbstdisziplin gewesen ist. Da kommt ihr Jamie Donovan, Barkeeper und Teilzeit-Kiltträger gerade recht: er wird ihr zeigen, wie man Spaß hat, und sie wird ihm bei den Planungen zum Umbau der Bar helfen (Olivia ist so etwas wie eine Gastronomie-Expertin). Womit allerdings beide nicht rechnen, ist, daß sie sich ineinander verlieben werden, und daß es Riesenzoff mit Jamies Familie, Olivias Ex-Mann und dessen neuer Freundin gibt.

Bad Boys Do habe ich mir mit dem Hintergedanken gekauft, einen locker-flockigen, fluffigen Liebesroman ohne ernsthafte Probleme für die Protagonisten zu lesen. Und weitestgehend wurden meine Erwartungen auch erfüllt. Jamie ist, zumindest auf den ersten Blick, ein lässiger, humorvoller Typ, und es dauert auch gar nicht lange, bis Olivia auftaut und sich von seiner netten, unkonventionellen Art anstecken läßt. Mit Olivia hatte ich so meine Probleme. Olivia ist eine von diesen Frauen, die jeden Morgen, wirklich: jeden Morgen! um 6 Uhr aufstehen und joggen gehen. Ich bin immer wieder fassungslos und erstaunt, wenn ich mitbekomme, daß Menschen wie Olivia sich im gleichen Universum wie ich aufhalten. Aber das nur nebenbei; sie ist ja trotzdem eine ganz vernünftige und sympathische Romanheldin. Es hat mich an ihr ein bißchen genervt, daß sie bis fast zum Schluß des Buches nicht glauben konnte, daß Jamie mehr als eine flüchtige Affäre von ihr wollen könnte. Aber andererseits - wenn man sein Leben lang glaubt, eine langweilige Person zu sein, dann kann man sich von dieser Auffassung auch gar nicht so schnell trennen, oder?

Jamie dagegen tat mir leid. Seine Familie, besonders sein älterer Bruder, verhält sich über weite Strecken des Buches ziemlich mies zu ihm. Sie trauen ihm wirklich überhaupt gar nichts zu, außer Bier zu zapfen und hübsch auszusehen. Dafür gibt es Gründe, die nach und nach auch erklärt werden - aber ich finde es trotzdem sehr harsch, wie sie mit ihm umspringen. Jamie macht sehr lange eine gute Miene zum bösen Spiel, aber irgendwann reicht es ihm - sehr verständlich - und es kommt zu einer riesigen Auseinandersetzung.

Insgesamt ist Bad Boys Do ein kurzweiliges und gar nicht allzu fluffiges Buch mit sympathischen Protagonisten. Jamies Geschwister haben ihre eigenen Bücher die ich aber nicht lesen werde - besonders nicht das seines Bruders. Den fand ich nämlich nun wirklich sehr unsympathisch.

Dienstag, 17. April 2012

Aus dem Tagebuch einer Regency-Romanheldin, Teil 14


Liebes Tagebuch,

als ich auf der Straße stand, hatte ich plötzlich kalte Füße und merkte, daß ich gar nicht wußte, wohin ich wollte! So ein dummes Versehen, hihi. Aber es war nicht so schlimm, denn schließlich bin ich ein reizendes, bezauberndes Persönchen mit entzückenden blonden Locken und strahlenden blauen Augen. Mir hilft bestimmt jeder gerne, nicht wahr? Also habe ich einfach einige Passanten gefragt, wo der Herzog von Steelyballs wohnt.

Eigenartigerweise wußte das nicht jeder; der erste Mann, den ich fragte, sah ein klein wenig ungepflegt aus und roch etwas säuerlich. Er kniff mich in mein…nun, hihi…mein Hinterteil, versuchte mir mein Retikül zu entreißen und grummelte etwas, das sich so anhörte wie "ha…hassu…hastu 'n paar Pennies für 'n armen dur…durs…durssigen Mann, Schätzchen?" So eine Unverschämtheit! Als könnte ich mein Nadelgeld dafür ausgeben, fremden durstigen Männern Getränke zu kaufen? Schließlich muß ich mir unbedingt noch diese wunderhübschen lindgrünen Spitzenbänder kaufen, die ich jüngst bei Madame Claude gesehen habe. Oh, die sehen sicherlich bezaubernd in meinen Haaren aus!

Als nächstes fragte ich eine ältere Dame, welche sehr vertrauenswürdig aussah, ob sie wisse, wo der Herzog von Steelyballs wohnt. Doch leider beschimpfte sie mich nur als freches kleines Luder und versuchte, mich mit ihrem Regenschirm zu verprügeln.

Liebes Tagebuch, wo soll die Welt nur noch hinkommen? Die Menschen sind überhaupt nicht mehr hilfsbereit!

So wanderte ich ein kleines Weilchen lang ziellos und betrübt durch die Straßen Londons, bis ich schließlich einen Zeitungsverkäufer sah. Zeitungsverkäufer wissen doch immer, was wann wo geschieht, nicht wahr? Dieser hier war ein junger Mann, vielleicht etwa so alt wie ich, und brüllte gerade lauthals: "EXTRABLATT!! SKANDAL!! REGENCYHELDIN LÄSST VERNUNFTEHE MIT MARQUIS SAUSEN, UM MIT BALLETTÄNZERIN DURCHZUBRENNEN!!" Das war in der Tat skandalös, und ich hätte die Zeitung nur zu gern gelesen. Mama und Papa mögen es aber nicht, wenn ich Zeitungen lese und, nun ja, ich finde es eigentlich sowieso zu anstrengend. Jedenfalls unterbrach ich die Rufe des Zeitungsverkäufers, um ihn nach dem Haus des Herzogs von Steelyballs zu fragen. Der junge Mann war tatsächlich sehr hilfsbereit und begleitete mich zu einer sehr hübschen Stadtvilla in Mayfair.  Nachdem ich dem Zeitungsverkäufer zum Dank eine Münze in die Hand gedrückt hatte (so ein Pech, jetzt würde ich das Geld für die Haarbänder meiner kleinen Schwester Cindy wegnehmen müssen. Oder vielleicht könnte ich einfach Bella den Lohn für diese Woche streichen), klopfte ich an der imposant aussehenden Tür.

Wenig später öffnete die Tür sich und ein distinguiert aussehender Gentleman fragte, was mein Begehr sei. Das mußte der Butler sein! Oder vielleicht der Papa vom Herzog?...Obwohl, wenn der Papa vom Herzog noch lebt, dann wäre der Herzog kein Herzog, oder? Es sei denn, er wäre der Stiefvater des Herzogs, in welchem Falle…oh nein, mit diesem Nachdenken mußte ich sofort aufhören. Ich bekomme davon immer solch arge Kopfschmerzen! Jedenfalls sagte ich, daß ich den Herzog von Steelyballs sprechen wolle. Ich gab dem Butler (der er hoffentlich tatsächlich war, und nicht der Papa, oh nein das ist aber auch so kompliziert) meine Visitenkarte und wurde tatsächlich in einen Raum geführt, den man offenbar als burgunderroten Salon mit orangenen Querstreifen und goldenen Troddeln bezeichnete. Jedenfalls deutete das Dekor darauf hin.

Ich war nervös! Konnte meine genialer Plan noch mißlingen? Aber nein, das war ausgeschlossen. Das Schicksal konnte doch niemals so grausam sein, mich zu einer Ehe mit Lord Festerwart zu zwingen?

Zum Glück dauerte es nicht lange, bis der gutaussehende Fremde, von dem ich nun wußte, daß er der Herzog von Steelyballs war, den burgunderroten Salon mit orangenen Querstreifen und goldenen Troddeln betrat. Er musterte mich voller Mißtrauen, während er noch hastig sein Hemd und etwas…anderes, wurstförmiges, fleischfarbenes in seine Hose stopfte. "Was willst du denn hier? Schickt dich dein Vater, dieser niederträchtige Dreckskerl?" herrschte er mich an. Ich fühlte mich ganz beklommen. Warum mußte es mir Freddy, denn so sollte ich ihn ja wohl nun nennen, bloß so schwer machen? Er sollte mich doch reizend und bezaubernd finden! Und warum hatte ich bloß nicht daran gedacht, mir zur Stärkung ein Fläschchen von Mamas Hustensaft mitzunehmen? "Oh…oh, nein", stammelte ich. "Es weiß niemand, daß ich hier bin! Ich…ich muß Ihnen…einen Vorschlag machen!"

Freddy lächelte, doch es war ein kühles Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. "Eine Maitresse habe ich schon, ebenso eine Köchin und einen Kammerdiener. Du kannst sofort wieder gehen!"

"Oh nein, bitte hör mich an!" Ich blickte ihn flehentlich an und achtete dabei darauf, ein wenig mit meinen langen, wohlgeformten Wimpern zu klimpern. "Ich kann dir helfen, das Amulett der Sündigen Fanny zu finden!"

Freddy hörte auf zu lächeln. "Also gut, nehmen wir an, das könntest du tatsächlich – was würdest du dafür von mir verlangen?"

Ich schlug züchtig die Augen nieder. "Also, nun ja…du müßtest dich mit mir verloben!"

Freddy war sprachlos.

Dienstag, 10. April 2012

Der unsichtbare Leistenbruch

Wenn's einen Preis für die geilste Bildunterschrift ever gäbe, wäre das hier ein ganz heißer Kandidat:


Gefunden habe ich's bei GMX. Da fragt man sich doch, was das Fernsehen noch alles nicht zeigt. Die Hühneraugen der Topmodels? Die Zahnfäule der Superstars? Ich bin erschüttert, Leute.

Montag, 9. April 2012

Susan Mallery: Gracie in Love

Originialtitel: Falling for Gracie

Frohe Ostern allerseits! Das ist mal wieder so eine bescheuerte Sache: das Buch wird unter einem englischen Titel veröffentlicht, der jedoch nicht der Originaltitel ist. Was zum Teufel soll das??

Aber egal, das Buch und die Autorin können ja nichts dafür. Gracie Landon hat äußerst peinliche Erinnerungen an ihre Jugendzeit, denn damals war sie in einen Jungen verliebt und hat ihm erbarmungslos und ohne Rücksicht auf Verluste nachgestellt, obschon er eine Freundin hatte. Offenbar war das damals das Hauptgesprächsthema der Kleinstadt Los Lobos. Gracie hatte schließlich ihren Heimatort verlassen und bei Verwandten gelebt. Jetzt als erwachsene Frau hat sie sich als Konditorin selbständig gemacht und kommt nur in ihren Heimatort zurück, um für die Hochzeit ihrer Schwester eine Hochzeitstorte zu backen. Leider geht einfach alles schief: Gracies Schwester hat Zoff mit ihrem Verlobten, mit ihrer Mutter versteht sie sich nicht besonders gut, sie hat nolens volens wieder Kontakt mit ihrem ehemaligen Schwarm, Riley Whitefield, zu tun, und obendrein sabotiert jemand ihr Tortengeschäft.

Ich hatte wirklich befürchtet, Gracie in Love könnte eine dieser krampfhaft lustigen Geschichten sein, deren Humor daraus besteht, eine unfähige Heldin in peinliche Situationen zu bringen, aus denen sie sich aufgrund ihrer Dummheit und/oder Ungeschicklichkeit nicht befreien kann. Glücklicherweise ist das aber durchaus nicht der Fall. Es gibt eine ganze Reihe lustiger und peinlicher Situationen, aber Susan Mallery nimmt ihre Charaktere ernst, und das macht einen großen Unterschied. Gracie weiß, daß sie als Mädchen Mist gebaut hat und ihrem damaligen Schwarm Riley eine ganze Menge Unannehmlichkeiten bereitet hat, aber heute ist sie eine durchaus vernünftige, meistens klar denkende Frau. Sie versucht für ihre Familie da zu sein, und läßt sich wegen ihres schlechten Gewissens einiges gefallen, was sie sonst wohl nicht hinnehmen würde; aber Gracie ist kein Fußabtreter. Und sie ist auch nicht übermäßig stur, denn als sie Riley wiedertrifft und sie sich zueinander hingezogen fühlen, sträubt sie sich nicht großartig dagegen. Auch Riley ist ein durchaus sympathischer Held: kein Superman, kein Macho und kein Muskelprotz - einfach nur ein netter, normaler Typ, der allerdings sehr auf seinen guten Ruf bedacht sein muß, weil er Bürgermeister werden will (okay: ich habe aufgrund der Erfahrungen aus meiner Heimatstadt keine besondere Achtung für Kommunalpolitiker, die hierzulande eher für Habsucht, Korruption, Weltfremdheit und pure Unvernunft bekannt sind. Aber Gracie in Love ist ja schließlich auch ein Liebesroman und kein Tatsachenbericht!)

Gracie in Love ist sicherlich nicht das beste Buch, das ich je gelesen habe, es ist kein Keeper und ich habe mir auch nicht spontan vorgenommen, mir alle Bücher zu besorgen, die Susan Mallery je geschrieben hat - aber es ist überraschend gut, hat mich ausgezeichnet unterhalten und nicht gelangweilt. Da kann man wirklich nicht klagen.

Mittwoch, 29. Februar 2012

Christa Faust: Money Shot

Angel Dare, eine ehemalige Pornodarstellerin, kann nicht nein sagen, als ein guter Freund sie bittet, ein letztes mal in solch einem Film mitzuspielen. Blöd nur, daß man versucht, sie zu ermorden, bevor sie auch nur ein einziges Mal stöhnen kann. Angel kann dem Tod entkommen, aber ihre Verfolger sind unerbittlich und bringen jeden um, der sich ihnen in den Weg stellt. So muß sie schnellstens herausfinden, wer hinter ihr her ist, und warum - und wie sie ihre Haut retten kann.

Money Shot wurde als Hardboiled Krimi angekündigt, hat ein schickes Retro-Cover und auch die Leseprobe war vielversprechend. Ich hatte mal Lust, so etwas zu lesen und habe auch genau das bekommen, was ich erwartet habe - mit allen dazugehörigen Vor- und Nachteilen. Die Vorteile sind, daß die Handlung spannend und kurzweilig ist und keine Durchhänger hat. Mit einer Ausnahme ist die Handlung auch in sich schlüssig und logisch (die Ausnahme besteht darin, daß Angel einmal schwerverletzt und nur mit einer Mülltüte bekleidet durch eine Gegend irrt, die man selbst beim allerbesten Willen nur als "am ungewaschenen Arsch der Welt" bezeichnen kann. Trotzdem schafft sie es, in einer Telefonzelle einen Bekannten anzurufen, damit er ihr hilft. Wie macht sie das ohne Geld?). Aber egal, da gibt es wirklich nicht viel auszusetzen.

Der Nachteil des Buches ist einer, mit dem ich eigentlich hätte rechnen müssen; denn egal ob Hardboiled-Krimi oder Film Noir, eines haben sie alle gemeinsam: es gibt einschließlich der Protagonisten keine anständigen, sympathischen Personen. Und wenn doch mal so ein herzensguter Mensch sich in die Handlung verirrt, dann überlebt er/sie es nicht lange. So ist es auch hier. Angel selbst ist sicherlich keine Kriminelle, aber sie tut gegen Ende das Buches etwas, das zwar ein bißchen verständlich ist, sie aber für mich als Heldin endgültig disqualifiziert. Ich möchte einfach keine Zeit - selbst wenn es Lesezeit ist - mit jemandem verbringen, der zu so etwas in der Lage ist. Die meisten anderen handelnden Personen, insbesondere jemand, zu dem Angel im Lauf der Handlung Vertrauen faßt, sind keinen Deut besser. Es gibt noch etwas, das mich gestört hat, aber das ist meine eigene Schuld, denn in diesem Genre hätte ich nichts anderes erwarten dürfen. Damit meine ich die Tatsache, daß Menschen sich gegenseitig unfaßbar grausame Dinge antun und niemand sich deswegen wundert oder auch nur mit einer Wimper zuckt.

Money Shot ist insgesamt ein spannendes Buch mit einer nicht gänzlich unsympathischen Protagonistin - aber für mich sind Hardboiled Krimis (keine Ahnung ob es dafür einen deutschen Begriff gibt und wie der lautet. Hoffentlich denkt sich der Lyx Verlag keinen aus. Die sind ja berüchtigt für mißlungene Wortkreationen) wohl doch etwas, das ich sehr selten und in geringen Dosen genießen sollte!

Mittwoch, 1. Februar 2012

Das Land der unbegrenzten...Seltsamkeiten?

Verfolgt ihr auch ein wenig den Wahlkampf in den USA? Ich nur so ganz am Rande. Wer dort demnächst Präsident wird, wird sicherlich auch Auswirkungen auf die deutsche bzw. europäische Politik haben, aber wir haben ja eh keinen Einfluß darauf. Dennoch habe ich heute diesen Artikel in den Ruhr-Nachrichten, einer Dortmunder Lokalzeitung, gelesen.

Und jetzt habe ich nur noch zwei Fragen: Wer zum TEUFEL nennt denn bitte sein Kind "Molch" - oder auch "Handschuh"?? Und wie in aller Welt schaffen Menschen es mit so bescheuerten Namen, reich und berühmt zu werden?

Montag, 9. Januar 2012

Anne Mallory: One Night Is Never Enough

London im frühen 19. Jahrhundert: Charlotte Chatsworth ist die schönste und älteste Tochter einer völlig bankrotten Familie, die unter ihrem spielsüchtigen Vater leidet. Die Mutter, der Vater und auch Charlottes jüngere Schwester sind darauf angewiesen, daß Charlotte einen reichen Mann aus guter Familie heiratet. Deswegen ist es zwingend notwendig, daß sie nicht nur schön aussieht, sondern auch einen guten Ruf und tadellose Manieren hat. In Bezug auf den zweiten Punkt ist es allerdings etwas ungünstig, daß Charlottes lieber Papa eine Nacht mit ihr für einen guten Einsatz bei einem Kartenspiel hält. Noch ungünstiger ist die Tatsache, daß der glückliche Gewinner der übelbeleumdete Spielhöllenbesitzer Roman Merrick ist - und daß Charlotte und Roman sich rettungslos ineinander verlieben und eine heimliche Affäre miteinander haben...

Jaja, ich weiß schon: wenn die Bücher mit dem Plot "nichtsnutziger Vater verzockt die Unschuld seiner unschuldigen Tochter beim Kartenspiel" durchnumeriert würden, dann würde One Night Is Never Enough höchstwahrscheinlich die Nummer 587 bekommen. Aber es gibt ja Autoren, die selbst dem ausgelutschtesten Plot noch etwas neues, spannendes abgewinnen können. Dieses Buch wurde sowohl bei Dear Author als auch bei All About Romance sehr gut bewertet und das, verbunden mit einer recht vielversprechenden Leseprobe, hat mich dazu gebracht, das Buch trotzdem zu lesen.

Tja, für mich war's leider ein Flop. Kein Flop im Sinne von "Boah, Wahnsinn! Auf was für Drogen muß man denn bitte sein, um so etwas zu schreiben??", sondern eher im Sinne von "äh...ja...ich les nachher weiter. Ich muß jetzt erstmal meinen Fußnägeln beim Wachsen zuschauen!"

Oder in anderen Worten: es ist ganz schön langweilig. Das schlimmste daran ist noch nicht mal, daß weder Charlotte noch Roman besonders interessant oder liebenswert sind - sie sind sicherlich nicht die interessantesten Liebesroman-Protagonisten, die mir jemals untergekommen sind, aber es gibt haufenweise unsympathischere, dümmere und langweiligere Charaktere. Und aus der Handlung hätte man zweifellos auch etwas machen können, obwohl nicht wirklich viel passiert, außer daß Charlotte und Roman eine Menge heimlicher Dates haben.

Das größte Problem, das ich mit dem Buch hatte, ist der Schreibstil. Jede einzelne Szene wird unendlich in die Länge gezogen. Vor allem am auf den ersten ca. 150 Seiten ist das ganz, ganz übel. Nehmen wir zum Beispiel die Beschreibung  der Nacht, die Charlotte zum Einlösen der Spielschulden ihres Vaters mit Roman in dessen Spielhölle verbringt.  Es dauert 13 Seiten, bis sie dort ankommt, verschiedene Leute mit ihr und über sie diskutiert haben und sie schließlich mit Roman in dessen Privatgemächern verschwindet. Weitere 37 Seiten lang verbringen Held und Heldin anschließend mit mehr oder weniger interessanten Dialogen (in deren Verlauf Roman an Charlottes Halsschlagader erkennen kann, daß sie ihn begehrt), einem Schachspiel sowie einem gemeinsamen Nickerchen.

Mein lieber Herr Gesangsverein, wenn ich an Schlaflosigkeit leiden würde, würde ich dieses Buch hüten wie einen Goldschatz. Pizzakäse und Kaugummis würden bei dieser und einigen weiteren Szenen Tränen hilflosen Zorns und Neids vergießen - wenn sie denn lesen könnten - denn niemals werden sie es schaffen, sich auch nur annähernd so lang zu ziehen.

Mit anderen Worten: One Night Is Never Enough ist ein Buch für extrem geduldige Menschen. Vielleicht wäre es das richtige Buch für Polarforscher, die 9 Monate im Jahr freiwillig Dunkelheit und ewiges Eis ertragen. Oder vielleicht auch nicht: wir wollen doch nicht, daß diese bedauernswerten Helden der Wissenschaft sich in selbstmörderischer Absicht einem Eisbären zum Fraß vorwerfen.