Posts mit dem Label Krimi werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Krimi werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 12. März 2018

Bücher die man nicht lesen kann, Teil 12: Neulich, in der Selbsthilfegruppe für Scheißbuch-Opfer

Gruppenleiterin: Guten Tag, liebe Teilnehmerinnnen. Ich begrüße Sie bei unserer ersten Sitzung der Selbsthilfegruppe für Opfer von gräßlichen Büchern. Wir wollen uns gegenseitig dabei helfen, unsere Erlebnisse mit abscheulichen Büchern zu verarbeiten und wieder fröhliche Leserinnen zu werden. Vielleicht stellen wir uns und unser jeweiliges Buch einmal kurz vor. Du zu meiner Linken, möchtest Du anfangen?

Susi: Ja, gern. Also, ich heiße Susi und wurde zum Opfer eines Scheißbuchs. Das Buch heißt "Die irische Meerjungfrau" und ist von einer Autorin namens Carolin Römer.

Gruppenleiterin: Vielen Dank, Susi. Und du...?

Susan: Okay. Ich heiße Susan und wurde ebenfalls zum Opfer eines grottenschlechten Buchs. Es wurde von einer Schriftstellerin namens Margot Baumann geschrieben und heißt "Der Himmel über Positano".

Alle anderen (seufzen): Oooh, Italien! Da würde ich so gern mal Urlaub machen!

Susan: Tja, wer nicht? Aber das Buch ist trotzdem mies.

Gruppenleiterin: Und du dort drüben?

Susanne: Na ja, ich heiße Susanne, und es überrascht euch bestimmt nicht, wenn ich jetzt sage, daß ich auch zum Opfer eines miserablen Buchs wurde. Mein Scheißbuch ist "I've got my Duke to Keep Me Warm" von Kelly Bowen.

Gruppenleiterin: Susi, dann fang doch mal an zu erzählen. Was war denn so mies an deinem Buch?

Susi: Ich dachte natürlich, es sei ein gutes Buch! Deshalb habe ich es mir ja runtergeladen. Carolin Römer hat wirklich einen unterhaltsamen Schreibstil. "Die irische Meerjungfrau" ist ein Krimi, dessen Protagonist ein Polizist bzw. Komissar ist, der von seinen Vorgesetzten und seinen Kollegen für einen Versager gehalten wird, und dessen Frau sich von ihm scheiden lassen will. Und da will er die Gelegenheit nutzen, in einem kleinen, abgelegenen irischen Kaff einen spektakuläres Verbrechen aufzuklären, was ihm aber niemand zutraut.

Susan und Susanne: Das hört sich doch ganz spannend an.

Susi: Nicht wahr? Bei dem Verbrechen geht es um ein Bild von van Gogh, das gestohlen wurde. Und nach dem Ablauf des Diebstahls denkt die Polizei, daß die Täter eigentlich zwei berüchtigte Verbrecherbrüder sein müßten, die aus dem Ort Foley stammen. Diese beiden Verbrecher gelten seit Jahren als tot, allerdings gab es dafür nie Beweise. Deshalb wird der "Held" des Buchs, er heißt Fin O'Malley, nach Foley geschickt, um zu ermitteln.

Gruppenleiterin: Hört sich immer noch nicht so übel an. Was passiert denn in Foley?

Susi: (runzelt die Stirn) Also, der Held ist ständig besoffen. Nein, wirklich. Der ext eine Pulle Whisky nach der anderen. Manchmal weicht er auch auf Rotwein aus. Der ist ein richtiger Spritti, versteht ihr? Und das ist noch das kleinste Problem. Daß er ständig naß wird, Autounfälle hat und wegen seiner alkoholbedingten Kopfschmerzen Tabletten schluckt, fand ich ja schon ein bißchen bedenklich. Weil ich halt am Anfang dachte, daß der Typ, da er ja nunmal der Protagonist des Buchs ist, irgendwann mal was auf die Reihe kriegen müßte. Kriegt er aber nicht.

Susan: Passiert denn noch was anderes, außer Saufen, naß werden und Autounfällen?

Susi: Oh ja. Fin verliebt sich in eine Verdächtige. Das läuft über mehrere Buch-Tage so ab: er ist besoffen, wird von ihr vor dem irischen Wetter oder den Gezeiten gerettet, sie haben Sex, sie versucht, ihn wegzuschicken, er läßt sich nicht wegschicken...undsoweiter undsofort. Und er findet immer mal zwischendurch Hinweise auf die Verbrecherbrüder, deren vergangene Untaten, und den van Gogh.

Susanne: Ja, aber das ist doch gut, oder?

Susi: Na ja, es wäre gut. Wenn er diese Hinweise irgendwie dokumentieren, fotografieren oder wenigstens per Telefon an seine Polizeikollegen in Dublin weitergeben würde. Macht er aber nicht! Ich glaube, das ist echt der mieseste Buch-Polizist in der Geschichte der miesen Buch-Polizisten.

Gruppenleiterin: Was hat das Buch denn endgültig zu einem Scheißbuch für dich gemacht?

Susi: Na, die Auflösung des Buchs! Darf ich euch ein bißchen spoilern?

Gruppenleiterin, Susan und Susanne: Na klar!

Susi: Okay...also, die verdächtige Frau, in die sich Fin verliebt hat, ist in Wirklichkeit einer der angeblich toten Verbrecherbrüder, der sich zur Frau hat umoperieren lassen. Und sie hat auch zusammen mit ihrem ebenfalls nicht toten Bruder den van Gogh geklaut. Der aber eine Fälschung ist. Der gute Fin hat also den van Gogh-Diebstahl und das Schicksal der Verbrecherbrüder aufgeklärt, aber nichts davon dokumentiert. Versteht ihr? Wenn das tatsächlich passieren würde - oder wenn es auch nur ein etwas besseres Buch wäre - könnte man nichts davon vor Gericht beweisen! Also sagt er seinem Chef, er hätte das Bild gefunden. Dann kündigt er und zieht nach Foley um, wo er die Dorfkneipe übernimmt. Das gefälschte Bild wird für 75 Mio. Pfund versteigert. Das ist doch alles total bescheuert!

Susanne: (zieht die Augenbrauen hoch) Krass!

Susan: (kichert) Hammergeil! Aber ich glaub, ich erspare mir das Buch trotzdem. Vielleicht könnte diese Carolin Römer mal Drehbücher für GZSZ schreiben?

Gruppenleiterin: (leicht grünlich im Gesicht) Oha, das war ja wirklich ein richtig übles Buch. Aber vielleicht kannst du ihm ja trotzdem etwas Positives abgewinnen.

Susi: Hä? Was denn?

Gruppenleiterin: Na ja, in den meisten Büchern, in denen der Held für einen Versager gehalten wird, beweist er am Ende allen, daß er in Wirklichkeit ein ganz toller, kluger Typ ist. Und hier wird er für einen Versager gehalten und ist auch einer. What you see is what you get, ne?

Susi: Hmmm ja, ok...

Gruppenleiterin: Susan, erzähl du doch mal von deinem schlechten Buch. Der Himmel über Positano, das hört sich ein bißchen nach einem gaaanz seichten Liebesroman vor einer hübschen Urlaubskulisse an?

Susan: Genau! Genau das wollte ich haben. Und die Leseprobe war auch echt vielversprechend. Ihr wißt schon: schöne, liebenswerte Menschen in einer schönen Landschaft bei warmem und sonnigem Wetter...ich dachte, es wäre genau das richtige, so im Januar, als mir die Kälte und der Dauerregen aufs Gemüt schlugen!

Gruppenleiterin: Worum geht's denn in dem Buch?

Susan: Also, die Heldin heißt Lara Jauch und ist eine junge Lehrerin aus Hamburg. Sie fliegt zur Hochzeit ihrer italienischen Freundin Celia Marconi nach Positano, wo Celias Vater ein Hotel besitzt. Und da verliebt sie sich in Romeo, den Bruder von Celia. Und dann gibt es da noch ein dunkles Familiengeheimnis bei den Marconis. Romeo wird von seinem Vater nämlich dauernd wie Dreck behandelt, und keiner weiß, warum.

Susanne: Hört sich doch gar nicht schlecht an, wenn man in Stimmung für so ein Buch ist? Was konnte da denn nur schiefgehen?

Susan: Na ja, zunächst mal gar nichts. Alles tippi toppi. Lara tut und sagt in den ersten paar Kapiteln nichts auffallend dummes, Celia und Romeo auch nicht. Sie reden, essen, und genießen das schöne Wetter und die tolle Landschaft.

Susi: Ja, und?

Susan: Dann tauchten die ersten zaghaften Hinweise darauf auf, daß es ein Scheißbuch sein könnte. Also, Lara wird von den Bewohnern von Positano beispielsweise als "Hexe" oder "Wikingerin" bezeichnet, weil sie recht groß ist und rote Haare hat.

Susanne und Susi: Hä?

Susan: Ja, genau, das dachte ich mir auch. Es ist ja nicht so, daß es in Italien kein Internet, keinen Tourismus und keine Haarfärbemittel gäbe. Die haben dort alle schon mal große, rothaarige Frauen gesehen. Ich meine, selbst wenn ich noch nie bei Ikea gewesen wäre, wüßte ich doch, daß es da Teelichter gibt und wie die aussehen.

Gruppenleiterin: War das denn das einzige, was dich gestört hat?

Susan: Nein, natürlich nicht. Da hätte ich kein Wort drüber verloren, wenn das Buch nicht noch viiiel schlechter geworden wäre. Das größte Problem ist der Arschloch-Held. Ich hasse Arschloch-Buchhelden, und dieser ist schon ein echt selten arschlochiges Exempalur.

Gruppenleiterin: Grundgütiger. Was hat der denn getan?

Susan: Also, Lara und Romeo beginnen eine Affäre, wobei sie sich aber einig sind, daß es nichts von Dauer ist, weil ja Lara nach Celias Hochzeit zurück nach Deutschland fliegt. Soweit, so gut. Dann hat Romeos und Celias Vater einen Unfall und muß ins Krankenhaus. Romeo und Lara besuchen ihn da zusammen, weil es gerade eine schockierende Enthüllung gab...darf ich sagen, was das für eine schockierende Enthüllung war? Nicht, daß ihr das Buch noch lesen wollt...?

Susi und Susanne: Ne ne, leg ruhig los.

Susan: Also, Romeo hat gerade rausgefunden, daß sein Vater ihn immer so schlecht behandelt hat, weil er ein uneheliches Kind ist und aus einer früheren Beziehung seiner Mutter stammt.

Susanne: Kein feiner Zug von Vattern!

Susi: Ne, echt nicht.

Gruppenleiterin: Ja, und dann?

Susan: Tja, Romeo läßt Lara einfach spät abends im Krankenhaus sitzen und fährt weg. Obwohl er weiß, daß um die Zeit keine Busse mehr fahren und es irre teuer ist, mit dem Taxi vom Krankenhaus zum Hotel zu fahren. Das macht er einfach so, weil er "aufgewühlt" ist. Unterwegs gabelt er dann noch eine ehemalige Schulkameradin auf und treibt es mit ihr.

Gruppenleiterin: (noch grünlicher als vorher) Oha. Was für ein Traumtyp. Was passiert dann?

Susan: Na ja, am nächsten Tag ist Lara natürlich sauer auf Romeo, obwohl sie noch nicht mal weiß, daß er mit dieser anderen Frau Sex hatte, während sie versuchte, irgendwie zurück ins Hotel zu kommen. Und sie ist richtig knatschig....bis Romeo ihr ein paar Sandalen schenkt und sie ihn wieder superlieb findet. (knurrt)

Susi: WAAAAAS????

Susan: Ich hätte ihn die Scheiß-Sandalen essen und runterschlucken lassen!

Susanne und Gruppenleiterin: Ich auch!

Susan: Na ja, ich hab dann mehr aus Sensationsgier noch ein Stück weitergelesen, um zu gucken, wie schlecht dieses Buch noch werden kann. Aber dann ist der leibliche Vater von Romeo aufgetaucht. Der war natürlich ein fieser Berufskrimineller und wollte von Romeo Geld erpressen, indem er gedroht hat, das Geheimnis von Romeos Vater öffentlich zu machen, noch vor Celias Hochzeit. Aber mal ehrlich, wen interessiert sowas, außer die betroffenen Familien selbst?

Susanne: Na, äh...niemanden.

Susi: Absolut keinen. Außer es sind die Kardashians oder so.

Susan: Genau, und da konnte ich wegen dieses Schwachsinns das Buch nicht mehr weiterlesen. Was für eine Enttäuschung.

Gruppenleiterin: Und sag mal, Susan, gibt es denn etwas, das dich über die Schlechtigkeit dieses Buches hinwegtrösten kann? Oder hast du vielleicht sogar etwas daraus gelernt?

Susan: (überlegt) Vielleicht könnte mich ein Eis trösten. Und immerhin weiß ich jetzt, daß ich in der Gegend um Neapel nur dann Urlaub machen sollte, wenn ich bereit bin, sehr viele Stufen runter und wieder rauf zu gehen, wenn ich zum Strand will.

Gruppenleiterin: Susanne, du bist unser drittes Oper eines scheußlichen Buchs. Was war denn der Grund, warum du dein Buch so hassenswert fandest?

Susanne: Nun, das wird jetzt ein bißchen seltsam, aber mein Grund ist sozusagen das Gegenteil von dem, was Susan an ihrem Buch gehaßt hat.

Susan: Wie denn das?

Susanne: Also, "I've Got My Duke to Keep Me Warm" ist jetzt nicht sooo grauenhaft wie eure Bücher, glaube ich. Aber es ist ein Liebesroman, der in England im Jahr 1816 spielt. Und der Held ist eigentlich keine fiktive Person, sondern ein wandelndes feministisches Manifest. Grundsätzlich ein super Typ, aber er wirkt halt ein bißchen deplaziert im 19. Jahrhundert.

Gruppenleiterin: Kurios. Erzähl doch mal.

Susanne: Nun ja, die Heldin heißt Gisele, und ich habe ihren Nachnamen vergessen. Sie wurde von ihrem Mann, einem Marquis, gequält, und hat ihren eigenen Tod und den ihrer Stieftocher vorgetäuscht, um ihm zu entkommen. Jetzt hat sie irgendwie Wind davon bekommen, daß dieser Marquis wieder heiraten will, und will seine Verlobte vor ihm retten. Und sie hat sich überlegt, daß das am besten geht, indem sie einen attraktiven, wortgewandten jungen Mann findet, den sie dafür bezahlt, daß er der jungen Frau den Kopf verdreht, damit diese dann dem Marquis den Laufpaß gibt...soweit klar?

Gruppenleiterin, Susi und Susan: (nicken)

Susanne: Und der Mann, den sie für diese Aufgabe findet, ist ein waschechter Aristokrat. Er heißt James Montcrief, genannt Jamie, und er ist der uneheliche Sohn von einem Herzog, weil seine Eltern erst ne Viertelstunde nach seiner Geburt geheiratet haben. Aber das nur nebenbei. Er ist ein Held des Kriegs gegen Napoleon, aber jetzt verwahrlost und arbeitslos. Gisele und ihr Kumpel Sebastien waschen und rasieren Jamie und besorgen ihm saubere Klamotten. Gisele bemerkt, daß sie Jamie total heiß findet. Jamie findet Gisele auch heiß. Dann reiten sie alle nach London.

Gruppenleiterin: Ja, und dann?

Susanne: Na ja, Jamie nimmt an einem Ball mit lauter vornehmen und reichen Leuten teil, was scheinbar kein Problem für den unehelichen Sohn eines Herzogs ist. Da begrüßen sie ihn alle begeistert wie einen verlorenen Sohn. Und er lernt den Marquis und seine Verlobte kennen. Die Verlobte läßt sich aber nicht so leicht den Kopf verdrehen.

Susi: Komm mal zum Punkt. Was ist denn jetzt das Problem mit dem Buch?

Susanne: Da gibt's mehrere! Ich habe das Buch ungefähr bis zur Hälfte gelesen. Zu diesem Zeitpunkt hatten Jamie und Gisele schon Sex...(kramt in ihrer voluminösen Handtasche und zieht ihren Kindle hervor)...Moment mal...(tippt auf dem Bildschirm des Kindles herum)...genau, hier ist es: "He had seen her need to prove herself she had the courage to give her body in trust, without that gift's exacting a cost to her own identity." Seht ihr? Er denkt tiefsinnige Gedanken. Und da kennen sie sich noch nicht mal seit einer Woche! Und da weiß er auch schon, daß er sie liebt!

Gruppenleiterin: Tja, hm, das ist ganz schön bekloppt. Aber ich denke, die Bücher von Susi und Susan waren noch schlimmer.

Susanne: Ja, das seh ich ja genauso. Aber jetzt kommt der Punkt, warum ich das Buch endgültig weggelegt habe. Also, nachdem die Verlobte vom Marquis sich nicht so leicht den Kopf verdrehen läßt, suchen Gisele, Jamie und Sebastien nach Plan B und C. Man überlegt kurz, die junge Dame zu entführen. Dann beschließt Gisele, daß sie den Marquis in den Wahnsinn treiben wird, um, ich zitieren...Moment..."to bring the crazy out for everyone to see".

Susan: Ja, und?

Susanne: Gisele will das machen, indem sie sich ihrem Exmann zeigt. Also, der soll sie sehen, und alle anderen sollen denken, daß er sich das nur einbildet, weil sie ja "tot" ist. Und da wußte ich natürlich auch, wie die weitere Handlung des Buchs sein wird. Muß ich es aussprechen?

Susan: (grinst) Meinetwegen nicht. Ich hab schon mal nen historischen Liebesroman gelesen.

Susi: Innovativer Plot. Nicht.

Gruppenleiterin: Ja wie jetzt, was meinst du denn, was passieren wird?

Susan und Susi: (rollen mit den Augen)

Susanne: Der Marquis erwischt Gisele und fängt an, sie zu quälen. Dann wird sie von Jamie gerettet, und sie leben glücklich bis an ihr Ende.

Gruppenleiterin: Aha. Aber das weißt du gar nicht, oder?

Susanne: Haha, ne. Ich hab ja das Buch nicht zuende gelesen. Aber 5 Euro würd ich drauf verwetten!

Gruppenleiterin: Ok, meine Damen, unsere Sitzung ist für heute zuende! Ich hoffe, daß es euch trotz eurer schlechten Bücher jetzt ein wenig besser geht. Geteiltes Leid ist halbes Leid.

Susi: Joa, ist schon ok. Gibt ja auch noch bessere Bücher, irgendwo da draußen.

Susan: Tja, na ja. Ich wollte wirklich gern ein Buch lesen, das wie Urlaub ist. Da muß ich wohl weitersuchen.

Susanne: Ich hab mir das neue Meredith Duran-Buch runtergeladen. Das ist viel besser.

Susi: Hat jetzt nix mit Büchern zu tun, aber in der Bar nebenan ist noch Happy Hour...

Susan, Susanne und die Gruppenleiterin: Yippie! Pina Coladas für alle!!



 

Sonntag, 4. Juni 2017

Andreas Heineke: Tod à la Provence

Pascal Chevrier ist ein Polizist aus Paris, der nach seiner Scheidung einen Tapetenwechsel braucht. Also läßt er sich nach nach Lucasson in der Provence versetzen. In seiner Vorstellung ist dort alles sehr idyllisch, außer gelegentlichen Ladendiebstählen gibt es keine Verbrechen, und er geht davon aus, daß er seine Tage damit verbringen wird, am Roséwein zu nippen und in der Sonne zu sitzen. Leider kommt aber alles ganz anders, denn schon wenige Tage nach Pascals Ankunft in Lucasson wird ein reicher amerikanischer Investor ermordet, der in dem kleinen verschlafenen Ort gegen den Willen seiner Bewohner ein Golf-Resort bauen wollte. Auch der Bürgermeister scheint Dreck am Stecken zu haben - und was haben die Trüffel mit all dem zu tun, die man im Wäldchen von Lucasson finden kann?

Das hörte sich ja für mich alles nach einem schönen Provence-Krimi mit Spannung und viel Lokalkolorit an. Ich konnte den Lavendel quasi schon riechen (könnte aber auch an meinem Lavendel-Raumspray im Badezimmer liegen. Ich mag den Duft einfach). Leider wurde alles an diesem Buch dadurch zunichte gemacht, daß Pascal, aus dessen Perspektive das ganze Buch erzählt ist, einfach nur klotzhohl ist und völlig unverständlich handelt. Also ehrlich, der Typ muß in einem früheren Leben ein Boxsack gewesen sein, sonst würde er sich vielleicht auch mal zur Wehr setzen, wenn ihn jemand verstümmeln und/oder töten will.

Übrigens - Spoilerwarnung! Ich muß hier ein paar Details aus dem Buch ausplaudern, um zu erklären, warum es mich so genervt hat.

Es fängt schon damit an, daß Pascal in eine Einwohnerversammlung in einer Kneipe stolpert, bei der es um das Golf-Resort geht. Nicht ganz überraschend, kommt es zu einer heftigen Auseinandersetzung. Pascal geht dazwischen und wird prompt von einem Chinesen vermöbelt und schwer am Fuß verletzt. Am nächsten Tag geht er zum Dorfarzt um a) seinen Fuß verarzten zu lassen und b) diesen über ein bestimmtes Thema auszufragen, denn er geht davon aus, daß er als Arzt quasi über alles informiert ist, was die Bewohner Lucassons so tun und treiben. Nach wenigen Minuten des Gesprächs weiß Pascal, daß der Arzt gar nicht der Dorfarzt ist, sondern dessen Sohn, der ihn vertritt. Dorfarzt junior weiß nichts über die Pascals neue Mitbürger und ist obendrein offensichtlich ein gemeingefährlicher Stümper, der den verletzten Fuß ein bißchen befummelt, mit "nicht gebrochen" eine leicht zweifelhafte Diagnose stellt und anschließend etwas Salbe draufschmiert und einen Verband drumwickelt.

So geht es über das ganze Buch hinweg weiter. Pascal versucht in dem Mordfall zu ermitteln, hat eine heiße Spur, jemand versucht ihn zu verletzen oder zu töten, und am Ende ist seine Reaktion kaum mehr als ein Schulterzucken. Zwischendurch nimmt er sich noch eine kleine Auszeit und sagt sich "scheiß auf die Arbeit", weil ihn seine Tochter besucht und er mit ihr etwas unternehmen möchte. Ja, okay, sehr lobenswert, aber...das soll doch ein Krimi sein??

Am allermeisten hat mich allerdings Pascals Beziehung, wenn man es so nennen kann, zu Elaine Dumont gestört. Diese Elaine ist die Tochter des Önologen des Weinguts, auf dem Pascal eine Wohnung mietet. Er ist auf den ersten Blick fasziniert von ihr, denn sie erinnert ihn an seine Exfrau (die meisten anderen Männer würden bei dieser Assoziation wohl das Weite suchen, aber nun gut). Pascal himmelt also Elaine an, während Elaine sich fortwährend wie ein Überbleibsel aus einem (schlechten) Film noir aus den 40er Jahren benimmt. Einige Tage später trinken die beiden sich einen, und haben dann aus heiterem Himmel plötzlich Sex miteinander. Am nächsten Morgen ist Elaine aus Pascals Wohnung verschwunden, der amerikanische Investor ist tot und - Überraschung! - Elaine war seine Ehefrau.

Diese Tatsache quittiert Pascal mit kaum mehr als einem Schulterzucken. Die Frau ist mit mir ins Bett gestiegen, obwohl sie verheiratet war? Der Typ wurde ermordet, nachdem ich eingeschlafen und sie aus meiner Wohnung verschwunden war? Die dringendste Frage, die Pascal nun umtreibt, ist: "mag sie mich wirklich oder wollte sie nur eine schnelle Nummer?"  Daß sie direkt nach einer Beerdigung mit ihm ins Bett geht und ihn einmal beim Sex fast erwürgt (ihr Ehemann wurde erstickt), findet Pascal ein ganz kleines bißchen seltsam, aber auch wieder nicht so schlimm, daß er sich von ihr fernhält.

So plätschert das Buch vor sich hin. Pascal testet einige Restaurants in der Region, überlegt, wie er sein Wissen über provenzalische Kräuter erweitern kann - er ist ein begeisterter Hobbykoch und möchte eines Tages ein eigenes Restaurant haben - und am Ende wird doch noch ermittelt, wer Elaines Gatten in die ewigen Jagdgründe befördert hat. Und hier muß ich sagen - Hut ab. Das ist wirklich das unspektakulärste, sang- und klangloseste Buchende, das ich seit langem gelesen habe. Wenn ich das nächste Mal 8,49 € sinnlos verschwenden will, kauf ich mir lieber 'ne Flasche Roséwein.


Mittwoch, 4. September 2013

Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln: Der Altmann ist tot

Frl. Krise und Frau Freitag sind zwei Bloggerinnen, die über ihren Alltag als Lehrerinnen in sogenannten "Brennpunktschulen" in Berlin schreiben. Die Blogs verfolge ich schon seit einiger Zeit mit einer Mischung aus Vergnügen und Entsetzen. O tempora! O Mores!, wie wir Lateiner sagen, oder auch: boah, was wächst denn da für 'ne Generation von Voll-Asis heran.

Natürlich war ich interessiert, als ich mitbekam, daß die beiden ein Buch veröffentlicht haben, und habe in meinem nicht mehr ganz jugendlichen Leichtsinn gleich mal 14,99 € bei Real auf den Tisch des Hauses gelegt, als ich das Buch da beim Einkaufen gesehen habe.

Diese etwas längliche Vorgeschichte ist aber leider auch schon das spannendste an dem Buch. Genaugenommen ist das ein total überflüssiges Buch, jedenfalls wenn man die Blogs liest. Ein Mathematiklehrer namens Günther Altmann wird tot aufgefunden, und wenig später stellt sich heraus, daß er ermordet wurde. Tja, mich persönlich wundert nur, daß nicht mehr Mathelehrer gewaltsam aus dem Leben scheiden. Oder Sportlehrer. Mathelehrer sind immerhin "nur" sadistisch. Sportlehrer dagegen sind im allgemeinen auch noch strunzdumm, aber das nur nebenbei. Meine Freundin H. hat mal als kaufmännische Angestellte in einem Fitneßstudio gearbeitet, wo sie einen Sportstudenten als Praktikanten hatte. Der konnte noch nicht mal das Alphabet!

Die Handlung von "Der Altmann ist tot" besteht daraus, daß Frl. Krise und Frau Freitag Kolleginnen des Verblichenen sind und aus purer Neugier anfangen, eigene Ermittlungen anzustellen, obwohl die Polizei das wahrscheinlich auch ohne sie hinkriegen würde. Es gibt Unmengen von Verdächtigen: angeblich konnte Altmann seine Finger nicht von seinen Schülerinnen lassen, er war fies zu seinen Kollegen und zu nahezu allen anderen Leuten, die ihn kannten, und mit seiner Frau stimmt auch etwas nicht. Es bedarf einiger waghalsiger Aktionen und peinlicher Undercover-Einsätze, um den Täter zu entlarven.

Das war's.

Ich würde jetzt gerne sagen, daß das Buch mäßig spannend und ziemlich lustig ist. Ist es aber nicht.  Passender wäre der folgende Kommentar:


Mein Rat: lest die Blogs und laßt das Buch links liegen. Der größte Teil des Buchtextes besteht aus Geschichten, bzw. der fiktiven Fortsetzung von Geschichten, die man schon in den Blogs und dort amüsanter aufbereitet lesen konnte. Mit einer aufgepfropften und wirklich nicht spannenden Krimigeschichte. Laaaaaaaaaaangweilig.


Dienstag, 13. August 2013

Rainer Löffler: Blutsommer

Martin Abel, der beste Fallanalytiker des Stuttgarter Landeskriminalamts, wird nach Köln "ausgeliehen", denn dort treibt ein Serienmörder sein Unwesen. Daß ihn seine junge Kollegin Hannah Christ begleitet, um von ihm etwas zu lernen, begeistert ihn anfangs überhaupt nicht. Dazu kommt, daß die Kölner Polizei seine Arbeit mit großem Mißtrauen beobachtet und daß es äußerst schwierig ist, den Mörder zu fassen. Dieser scheint alles zu wissen, was die Polizei tut, und er hinterläßt keine Spuren...

Blutsommer ist ein spannender Krimi, aber er bietet wirklich überhaupt gar nichts neues für jemanden, der schon etliche Krimis gelesen hat und / oder einige Folgen von Serien wie CSI oder Criminal Minds im Fernsehen gesehen hat. Dafür reiht sich aber ein Klischee ans andere: der Ermittler ist ein menschliches Wrack, dessen psychische Probleme einer ganzen Schar von Psychologiestudenten zu Themen für ihre Diplomarbeiten verhelfen könnten. Alle schönen Frauen fahren auf den größten Loser ab. Der Mörder hatte eine schlimme Kindheit (das ist jetzt nicht wirklich ein Spoiler, oder?).

Wenn Rainer Löffler mal noch ein Buch veröffentlicht und mir dieses Buch zufällig in die Hände fällt, werde ich es höchstwahrscheinlich lesen, weil ich nun einmal gern spannende und gruselige Krimis lese. Aber Blutsommer hat kein Alleinstellungsmerkmal, das es von dutzenden anderer Bücher mit ähnlichen Themen abhebt.

Die Handlung ist nicht sonderlich originell, und die Charaktere sind weder besonders sympathisch noch besonders unsympathisch. Hannah Christ hat, um es in den Worten meines Kollegen B. zu sagen, Eier. Also, im übertragenen Sinne. Sie trägt nämlich, und das wird im Verlauf des Buches mehrmals erwähnt, das Parfüm Angel. Im Hochsommer, bei Temperaturen um die 30° C. Wer dieses Parfüm kennt, wird wissen, daß es eine (meiner Meinung nach) sehr schöne und einzigartige Duftnote hat. Aber es ist sehr schwer und intensiv und nur in homöopathischen Dosen zwischen November und März auszuhalten. Insofern: Respekt, Hannah. Und danke, daß du nicht stattdessen Opium trägst. Da wird mir schon beim Gedanken daran schlecht.

Aber zu wissen, welches Parfüm eine der Hauptfiguren trägt, macht das Buch auch nicht zu einem Bestseller. Daher würde ich mir für weitere Bücher von Herrn Löffler wünschen, daß er den flüssigen Schreibstil beibehält und von der Kreativität her noch 'ne Schippe drauflegt.


Freitag, 29. März 2013

Sandra Brown: Smoke Screen

Die Fernsehreporterin Britt Shelley wacht eines Morgens neben der Leiche von Jay Burgess in dessen Bett auf und kann sich nicht erinnern, was passiert ist und wie sie dort hingekommen ist. Da Jay ermordet wurde, ist Britt natürlich die Hauptverdächtige. Die Tatsache, daß Jay selbst Polizist war und in der ganzen Stadt als Held verehrt wurde, macht Britts Situation nicht leichter. Dann aber taucht Raley Gannon auf, der sich schon einmal in der exakt gleichen Situation wie Britt befunden hat. Wenig später versucht jemand, Britt zu töten. Vieles deutet darauf hin, daß die Ereignisse mit einem Feuer in einer Polizeistation vor einigen Jahren zusammenhängen, bei dem ein Mann ums Leben kam. Britt und Raley beschließen, der Sache auf den Grund zu gehen...

Ich bin ja im Moment auf einem Romantic Suspense Trip. Sandra Browns Bücher, auch dieses, sind mehr Suspense als Romantic, aber das macht nichts. Es ist wirklich wahnsinnig spannend. Ich mag es, wenn die Handlung eines Buches nie vorhersehbar ist und ständig überraschende Wendungen nimmt. Das ist bei Smoke Screen der Fall. Der Buchtitel ist übrigens unglaublich passend, was der Leser allerdings erst am Ende bemerkt.

Britt und Raley sind nicht gerade die allergrößten Sympathieträger unter den Buchprotagonisten - wobei ich Raley sympathischer fand als Britt - aber sie sind in Ordnung. Britt ist hat weder Verwandte noch wirkliche Freunde, sondern nur gelegentlich, um es in den unverblümten Worten meines Liebsten auszudrücken, einen Stecher. Sie ist ziemlich karrieregeil. Andererseits ist sie aber auch nicht ohne Mitgefühl, und daß sie vor Jahren eine recht fiese, aber nicht vollständig auf Tatsachen fußende Reportage über Raley gemacht hat, tut ihr aufrichtig leid. Raley ist etwas komplexer. Er war früher Feuerwehrmann, und das war auch sein absoluter Traumberuf. Durch das Feuer in der Polizeistation hat er jedoch alles verloren und schwankt stimmungsmäßig ein wenig zwischen Resignation und Rachsucht. Was mir aber sowohl an Raley als auch an Britt gefällt ist, daß sie beide die Fähigkeit besitzen, pragmatisch zu denken. Keine Hysterie, kein überflüssiges Drama, keine TSTL-Momente. Diese beiden betrachten ihre augenblickliche Situation, wägen ihre Optionen ab, und reagieren so sinnvoll wie möglich, auch wenn sie dabei das kleinste von mehreren möglichen Übeln wählen müssen.

Smoke Screen hat neben den beiden Hauptfiguren auch noch jede Menge interessanter Nebenfiguren zu bieten. Fast alle haben etwas zu verbergen und die meisten haben Dreck am Stecken, ganz unabhängig davon, ob sie reiche Bauunternehmer, Justizangestellte oder Ku Klux Klan-Mitglieder und Schwulenhasser sind. Die wirklich bösen sind nicht die, bei denen man es zunächst vermutet.

 So ist es ein packendes Buch, das bis zum Ende die Spannung aufrecht erhält. Genau so muß ein Krimi sein!

Dienstag, 9. Oktober 2012

Jane Casey: The Burning

Maeve Kerrigan ist eine junge irischstämmige Polizistin, deren Karriere bei der Londoner Kriminalpolizei gerade erst am Anfang steht. Maeve, ihre Kollegen und ihre Vorgesetzten müssen einen schwierigen Fall aufklären: ein Serientäter tötet junge Frauen und verbrennt diese anschließend, so daß neben den Opfern der Verbrechen auch ein großer Teil des Beweismaterials vernichtet wird. Noch schwieriger wird die Aufgabe der Polizei dadurch, daß es beim fünften Opfer einige Unterschiede zu den anderen Fällen gibt - haben sie es etwa mit mehr als einem Täter zu tun?

The Burning ist ein wahnsinnig spannender Krimi, den ich in einem Rutsch durchgelesen und mir anschließend sofort alles andere besorgt habe, was Jane Casey geschrieben hat. Dabei ist die Geschichte ziemlich düster. Maeve selbst hat mit allen möglichen Problemen innerhalb der Polizei zu kämpfen. Es gibt Vorurteile gegen sie wegen ihrer irischen Herkunft und auch einfach, weil sie eine Frau und sehr jung und neu in dem Job ist. Maeves Chef Charles Godley wird von seinen Mitarbeitern mit nahezu kultischer Verehrung betrachtet, seine rechte Hand DI Tom Judd wird eher gefürchtet, und mit ihrem Kollegen Rob Langton ist sie befreundet, doch sie sind auch Konkurrenten.

Gleich auf den ersten paar Seiten des Buches wird ein Verdächtiger festgenommen, aber das ist natürlich eine falsche Spur - sonst könnte The Burning ja nicht über 480 Seiten haben! Was das Buch so überaus spannend macht, ist natürlich einerseits der Schreibstil von Jane Casey, den ich einfach mag. Andererseits ist es aber auch die detaillierte Beschreibung der akribischen Arbeit, die die Polizei leisten muß, um die anfangs sehr spärlichen Beweise zu finden, auszuwerten und zu deuten. Es war auch eine ziemliche Abwechslung, mal einen Krimi zu lesen, der in England spielt - ich muß zugeben, daß ich sonst doch mehr amerikanische als englische Bücher lese.

Ich sollte noch erwähnen, daß The Burning nicht ausschließlich aus Maeves Perspektive (und ja, in der Ich-Form) geschrieben ist. Teilweise wird die Geschichte auch aus der Sicht von Rob und von Louise, der Freundin eines der Opfer, beschrieben. Und während Rob ein netter Kerl ist, der Maeve gern hat und für seine Arbeit als Polizist sein bestes geben will, ist Louise...sagen wir mal, anders. Im Laufe der Geschichte erfährt der Leser ziemlich viel über Louise, und obwohl sie anfangs den Eindruck erweckt, eine graue Maus zu sein, die sich in der Popularität ihrer jüngst ermordeten Freundin Rebecca sonnen wollte, steckt doch sehr viel mehr dahinter. Ein weiterer interessanter Nebencharakter ist Rebeccas Ex-Freund Gil. Ein fieser und irgendwie schleimig-gruseliger Typ.

Aber ich will ja hier nicht das ganze Buch wiedergeben. Ich fand es wahnsinnig spannend und empfehle es jedem, der Krimis mag und damit leben kann, wenn diese aus verschiedenen Perspektiven in der Ich-Form geschrieben sind.

Mittwoch, 29. Februar 2012

Christa Faust: Money Shot

Angel Dare, eine ehemalige Pornodarstellerin, kann nicht nein sagen, als ein guter Freund sie bittet, ein letztes mal in solch einem Film mitzuspielen. Blöd nur, daß man versucht, sie zu ermorden, bevor sie auch nur ein einziges Mal stöhnen kann. Angel kann dem Tod entkommen, aber ihre Verfolger sind unerbittlich und bringen jeden um, der sich ihnen in den Weg stellt. So muß sie schnellstens herausfinden, wer hinter ihr her ist, und warum - und wie sie ihre Haut retten kann.

Money Shot wurde als Hardboiled Krimi angekündigt, hat ein schickes Retro-Cover und auch die Leseprobe war vielversprechend. Ich hatte mal Lust, so etwas zu lesen und habe auch genau das bekommen, was ich erwartet habe - mit allen dazugehörigen Vor- und Nachteilen. Die Vorteile sind, daß die Handlung spannend und kurzweilig ist und keine Durchhänger hat. Mit einer Ausnahme ist die Handlung auch in sich schlüssig und logisch (die Ausnahme besteht darin, daß Angel einmal schwerverletzt und nur mit einer Mülltüte bekleidet durch eine Gegend irrt, die man selbst beim allerbesten Willen nur als "am ungewaschenen Arsch der Welt" bezeichnen kann. Trotzdem schafft sie es, in einer Telefonzelle einen Bekannten anzurufen, damit er ihr hilft. Wie macht sie das ohne Geld?). Aber egal, da gibt es wirklich nicht viel auszusetzen.

Der Nachteil des Buches ist einer, mit dem ich eigentlich hätte rechnen müssen; denn egal ob Hardboiled-Krimi oder Film Noir, eines haben sie alle gemeinsam: es gibt einschließlich der Protagonisten keine anständigen, sympathischen Personen. Und wenn doch mal so ein herzensguter Mensch sich in die Handlung verirrt, dann überlebt er/sie es nicht lange. So ist es auch hier. Angel selbst ist sicherlich keine Kriminelle, aber sie tut gegen Ende das Buches etwas, das zwar ein bißchen verständlich ist, sie aber für mich als Heldin endgültig disqualifiziert. Ich möchte einfach keine Zeit - selbst wenn es Lesezeit ist - mit jemandem verbringen, der zu so etwas in der Lage ist. Die meisten anderen handelnden Personen, insbesondere jemand, zu dem Angel im Lauf der Handlung Vertrauen faßt, sind keinen Deut besser. Es gibt noch etwas, das mich gestört hat, aber das ist meine eigene Schuld, denn in diesem Genre hätte ich nichts anderes erwarten dürfen. Damit meine ich die Tatsache, daß Menschen sich gegenseitig unfaßbar grausame Dinge antun und niemand sich deswegen wundert oder auch nur mit einer Wimper zuckt.

Money Shot ist insgesamt ein spannendes Buch mit einer nicht gänzlich unsympathischen Protagonistin - aber für mich sind Hardboiled Krimis (keine Ahnung ob es dafür einen deutschen Begriff gibt und wie der lautet. Hoffentlich denkt sich der Lyx Verlag keinen aus. Die sind ja berüchtigt für mißlungene Wortkreationen) wohl doch etwas, das ich sehr selten und in geringen Dosen genießen sollte!

Sonntag, 9. Oktober 2011

Tami Hoag: Secrets to the Grave

Im Jahr 1986 hat sich das kleine kalifornische Städtchen Oak Knoll kaum vom Entsetzen über die Taten eines Serienmörders erholt, als schon wieder ein Mord geschieht: die Künstlerin Marissa Fordham wird tot in ihrem abgelegenen Haus gefunden. Bei ihr ist ihre 4jährige Tochter Haley, die jedoch so traumatisiert ist, daß sie nichts zum Tathergang sagen kann. Fieberhaft sucht die Polizei mit Hilfe des Profilers Vince Leone nach Hinweisen, doch für jedes gelöste Rätsel tauchen mehrere neue auf: Marissa war nicht die, die zu sein sie vorgab. Neben ihrer Mentorin Milo Bordain haben offensichtlich auch deren Ehemann und Sohn etwas zu verbergen, ganz zu schweigen von Marissas Freund, einem buchstäblich verückten Universitätsprofessor, und dessen Assistenten. Obendrein verschwindet auch noch Marissas Freundin Gina spurlos...

Secrets to the Grave ist, wie alle neueren Bücher von Tami Hoag, ein außerordentlich spannendes Buch. So spannend, daß ich auf meinen Nägeln gekaut hätte, wenn ich zum Nägel kauen neigen würde. Die Autorin legt ständig neue falsche Fährten und läßt ihre Ermittler die erschütterndsten Dinge über die Bekannten der Toten herausfinden. Alle haben finstere Geheimnisse, aber natürlich wurde haben nicht alle aufgrund dieser Geheimnisse auch getötet. Die Beschreibung der Polizeiarbeit ist faszinierend, denn obwohl das Buch im Jahr 1986 spielt, was mir gar nicht soo lange her vorkommt, steckte die Benutzung von Computern da natürlich noch in den Kinderschuhen. DNA-Spuren kamen als Beweise noch nicht in Frage, und, was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann: wenn man in der Wildnis gestrandet ist, dann ist man in der Wildnis gestrandet. Keine Handys!

Interessant auch, wie berechnend der psychologisch geschulte Vince in seinem Umgang mit dem verückten Professor ist, um aus ihm Informationen herauszuholen. Trotzdem verliert er nie sein Mitgefühl mit Zander oder einer der anderen Personen, die er befragt.

Secrets to the Grave ist Thriller pur - es gibt einige wenige süße, liebevolle Momente zwischen Vince und seiner Frau Anne, aber es ist definitiv keine Liebesgeschichte. Wer aber mal etwas richtig spannendes lesen und bis zum Ende grübeln möchte, wer denn jetzt der Mörder war, der ist hier genau richtig. Von mir gibt's eine klare Empfehlung für dieses Buch.

Dienstag, 20. September 2011

Leighton Gage: Buried Strangers

Als in einem Waldstück in der Nähe von São Paulo in Brasilien mehrere Leichen gefunden werden, wird die Bundespolizei in Gestalt von Chefinspektor Mario Silva zur Hilfe gerufen. Zunächst ist es schwierig, die Toten zu identifizieren, und es gibt scheinbar kein Motiv für die Morde - bis sich schließlich ein grauenhafter Verdacht in eine ungeheuerliche Gewißheit verwandelt...

Buried Strangers ist wieder ein ultra-harter Krimi mit dem Schauplatz Brasilien. Für Leute mit schwachen Nerven ist dieses Buch wirklich nichts, aber es ist extremst spannend und hat diesmal eine wesentliche straffere Erzählweise als das Vorgängerbuch Blood of the Wicked. Wieder werden die teilweise sehr üblen Zustände in Brasilien und die extremen Unterschiede zwischen dem Leben der reichen und der armen Leute in den schillerndsten Farben geschildert. Ich kann natürlich nicht einschätzen, wie realistisch das alles ist, und der Autor scheint kein Brasilianer, sondern ein Amerikaner zu sein. Aber zumindest wirkt es sehr realistisch. Mir wurde beim Lesen jedenfalls mal wieder so richtig klar, wie gut wir es hier in Mitteleuropa eigentlich haben.

Da gibt es Leute, die in den allerärmlichsten Verhältnissen leben, und die ihren Arbeitgebern, sofern sie Arbeit haben, schutzlos ausgeliefert sind. Am anderen Ende des Spektrums befinden sich jene, die sich fast alles leisten können; sogar neue Organe wie Lungen und Herzen, wenn nur das Geld stimmt. Die einen tun alles, um zu überleben - die anderen verteidigen ihre Privilegien mit Zähnen und Klauen. Auch die Polizei ist bis in die höchsten Ränge von Korruption durchdrungen.

Selbst diejenigen, die sich Eigenschaften wie Güte, Aufrichtigkeit und Mitgefühl bewahrt haben, haben ihre dunklen Seiten und neigen gelegentlich dazu, etwas illegales zu tun - bis hin zur Selbstjustiz.

Buried Strangers ist oft bestürzend und schockierend. Aber es ist auch ein wahnsinnig spannendes Buch, das ich in einem Rutsch durchgelesen habe. Eine unbedingte Empfehlung von mir für alle Leser mit starken Nerven.

Sonntag, 28. August 2011

Stefan Holtkötter: Bullenball

Im Münsterländischen Hinterland tobt völlig unerwartet das Leben: Kurz vor dem sogenannten Bullenball, wo sich alljährlich die gesamte Landbevölkerung trifft, wird in der Veranstaltungshalle ein Sicherheitsmann getötet. Während die Polizeit in Gestalt des Hauptkommissars Bernhard Hambrock noch versucht, den Tathergang zu klären und mögliche Verdächtige ausfindig zu machen, erhält eine nahegelegene Schule Drohungen von einem angeblichen Amokläufer. Obendrein gibt es Anschläge auf die Jazzband, die beim Bullenball auftreten soll und in der fast jeder mitspielt, der in der Lage ist, ein Instrument zu halten. Bei dem langerwarteten Fest, das gleichzeitig Schauplatz des Junggesellenabschieds eines jungen Hochzeitspaars ist, spitzt sich die Lage dramatisch zu...

Als Krimi funktioniert das Buch. Es ist spannend geschrieben, und genauso wie die Polizei tappt der Leser lange Zeit im Dunkeln in Bezug auf die Frage, wer wem was getan hat oder antun möchte. Es gibt einfach jede Menge Verdächtige: frustrierte Erwachsene, gemobbte Jugendliche, eine von ihrem Angebeteten verschmähte Frau und einen Beinah-Pädophilen. Aber genau das ist auch das Problem: das Buch ist höllisch deprimierend, weil von allen Personen kaum jemand auch nur ein kleines bißchen Lebensfreude an den Tag legt, bzw. Grund dazu hätte. Selbst der Kommissar schiebt ständig Frust, weil er seine Frau vermißt - dabei ist sie weder abgehauen noch gestorben, sondern nur für eine Woche bei ihren Eltern in den Niederlanden!

Bei einigen Personen kommt man auch nicht so wirklich dahinter, warum sie es denn nun eigentlich so fürchterlich schwer haben - da gibt es jede Menge Andeutungen, daß dieser oder jener eine wirklich schlimme Kindheit gehabt habe, aber man erfährt nicht, was genau eigentlich so schlimm war.

Insgesamt ist Bullenball ein spannendes Buch, aber es gibt keine besonders liebenswerten Charaktere, und der Lesespaß bleibt leider weitestgehend auf der Strecke.

Sonntag, 27. März 2011

Karen Rose: Todesbräute

Originaltitel: Scream for Me

In einer Kleinstadt im amerikanischen Bundesstaat Georgia wird die Leiche einer auf grausame Weise ums Leben gebrachten Frau gefunden, und Special Agent Daniel Vartanian soll bei der Aufklärung des Falls helfen. Das ist nicht leicht für ihn: seine Familie stammt aus der Gegend. Es ist eine der verkorkstesten Familien in der Geschichte des Kriminalromans, und jeder tuschelt über Daniel.

Etwa zur gleichen Zeit verschwindet Bailey, die Stiefschwester der Krankenschwester Alex Fallon, spurlos aus demselben Ort. Alex ist zutiefst besorgt: sie hatte von ihrer Stiefschwester, die drogensüchtig war, schon seit Jahren nichts gehört und hatte keine Ahnung, daß diese eine kleine Tochter namens Hope hat. Nun muß sich Alex um Hope kümmern, die seit dem Verschwinden ihrer Mutter nicht mehr spricht.

Die Polizei arbeitet fieberhaft daran, den Mord aufzuklären, weitere Morde zu verhindern und Bailey zu finden. Alex und Daniel fühlen sich zueinander hingezogen und unterstützen einander; aber wem kann man trauen? Haben wirklich alle Polizisten der kleinen Ortschaft ein aufrichtiges Interesse an der Aufklärung der Fälle, und welche Rolle spielt die grausige Vergangenheit von sowohl Alex' als auch Daniels Familie?

Todesbräute ist wieder ein typisches Karen Rose-Buch mit überaus sympathischen Protagonisten und außerordentlich grausamen Verbrechern, die wirklich widerliche Taten begehen. Es ist natürlich ein sehr düsteres Buch, auch weil es nicht nur einen Verbrecher gibt, der entsetzliche Taten begeht, sondern mehrere. Aber es ist nicht so finster wie so manch anderer Thriller (nicht, daß ich was gegen die finstere Sorte von Buch habe; auch die finden ihren Platz in meinem SUB), und das liegt an Daniel und Alex, die trotz ihrer schlimmen Erlebnisse anständige Menschen sind und es vor allem erstaunlicherweise geschafft haben, eben nicht alles negativ zu sehen. Sie verlieben sich und glauben ohne wenn und aber an das Gute im jeweils anderen - unter den Umständen ist das durchaus bewundernswert. Es gibt auch nicht diese "ich bin nicht gut genug für dich" - "nein, ich bin nicht gut genug für dich"-Szenen, die ich in Büchern mit tortured heroes immer so fürchterlich finde.

Sehr gelungen fand ich die Darstellung der Polizeiarbeit als Teamarbeit. Hier gibt es keine heldenhaften Einzelgänger und keinen Macho-Polizisten, der die Welt rettet, indem er ein paar Türen eintritt und dem Bösewicht mal so richtig die Fresse poliert zeigt, daß er sich so nicht benehmen kann. Na ja, das mit dem Türen eintreten gibt's ja eh öfter im Fernsehen als in Büchern (das fand ich z. B. bei Starsky und Hutch immer ganz amüsant, aber amerikanische Türen sind ja auch nicht besonders robust).

Einzig die Darstellung der griechischen Großfamilie von Daniels Kollegen Luke fand ich etwas arg klischeehaft geraten, aber das kann ich leicht verzeihen. Todesbräute ist einfach ein gutes Buch und eine klare Empfehlung für alle, die gern Thriller und/oder Romantic Suspense lesen.

Dienstag, 18. Januar 2011

Jilliane Hoffman: Last Witness

Last Witness ist die Fortsetzung von Retribution, das ich irre spannend und fesselnd fand. Und düster, sehr düster - was aber angesichts dessen, was die Protagonistin erlebt hatte, auch kein Wunder ist.

In Last Witness könnte CJ Townsend, Staatsanwältin in Miami, eigentlich zur Ruhe kommen, denn sie weiß, daß der Mann, der sie vor vielen Jahren grausam vergewaltigt und verstümmelt hat, hinter Gittern sitzt und ihr nichts mehr tun kann. Im Polizisten Dominick Falconetti hat sie einen liebevollen Partner gefunden. Doch dann werden einige Polizisten ermordet, die mit der Verurteilung ihres Peinigers zu tun hatten - und auch CJ hat allen Grund, sich bedroht zu fühlen, denn sie hütet ein entsetzliches Geheimnis. Sollte es enthüllt werden, steht nicht nur ihr Beruf und ihre Beziehung zu Dominick auf dem Spiel, sondern auch ihr Leben!

Ich hätte nicht gedacht, daß das möglich sein könnte, aber Last Witness ist tatsächlich noch düsterer als Retribution. Wer ein bißchen empfindlich ist, sollte einen ganz großen Bogen um das Buch machen. Auch für mich war es fast ein bißchen zu grausig. CJ ist eine von diesen Heldinnen, die man erst nötigen möchte, ein Bütterchen zu essen und die man dann in eine warme Wolldecke wickeln und in den Schlaf singen möchte. Okay, die Wolldecke muß vielleicht nicht unbedingt sein - schließlich spielt das Buch in Florida. Aber ihr wißt was ich meine: sie schläft nicht, sie ißt nicht, sie vertraut ihren Kummer nicht ihrem Partner an. Die meiste Zeit denkt man wirklich, daß der Mörder müßte sich schon ziemlich beeilen, wenn er sie erwischen will, bevor sie vor lauter Kummer und Sorgen dahinschwindet.

Last Witness ist wirklich ein sehr, sehr spannendes Buch und am Schreibstil und dem Aufbau der Handlung gibt es überhaupt gar nichts auszusetzen - aber es hätte andererseits auch nicht geschadet, wenn die Protagonisten wenigstens ein oder zweimal einen Grund gehabt hätten, ein wenig zu schmunzeln. Oder vielleicht wenigstens mal diskret mit einem Mundwinkel zu zucken. Vielleicht war ich aber auch einfach nicht in Stimmung für düster und grauenhaft!

Sonntag, 1. August 2010

Leighton Gage: Blood of the Wicked

In Cascatas do Pontal, einer mittelgroßen Stadt im Westen des brasilianischen Bundesstaats São Paulo, wird ein Erzbischof erschossen, der dort eine neue Kirche einweihen will. Der Papst und der brasilianische Staatspräsident sind entsetzt, und so wird Chefinspektor Mario Silva von der brasilianischen Bundespolizei unverzüglich in den Ort geschickt, um das Verbrechen aufzuklären. Dort angekommen, finden Silva und sein Kollege und Neffe Hector Costa schnell heraus, daß in Cascatas ein regelrechter Krieg zwischen den Landbesitzern einerseits und den verarmten Landarbeitern andererseits im Gange ist. Es hat bereits mehrere Morde und Entführungen gegeben, und innerhalb der katholischen Kirche ist man sich uneins, welche Seite zu unterstützen ist. Dazu kommt, daß der Polizeichef des Ortes selbst kaum Interesse an der Aufklärung des Falls zu haben scheint, und schon gar nicht bereit ist, mit der Bundespolizei zusammenzuarbeiten...

Wow, dieser Krimi ist nichts für schwache Nerven. Es gibt einige Szenen mit extremer Gewalt, und fast noch schlimmer sind die Abgründe, die sich in den Charakteren der Personen, einschließlich der Polizisten, auftun. Das Buch hat außerdem genau die Art von Erzählstruktur, die mich normalerweise fürchterlich nervt: in der ersten Hälfte springt es ständig zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her. Zuerst wird das erste Verbrechen - der Mord am Erzbischof - geschildert, dann wird Chefinspektor Silva mit der Aufklärung beauftragt, und anschließend folgt eine längere Schilderung von dessen wirklich grauenhaften Erlebnissen in seiner Jugend, die dazu führten, daß er Polizist werden wollte. In diesem Fall hat mir das aber nichts ausgemacht, denn das Buch ist wirklich von der ersten bis zur letzten Seite unglaublich spannend.

Chefinspektor Silva und seine Kollegen müssen sich durch einen Wust von Korruption kämpfen, denn die reichen Landbesitzer benehmen sich wie Herrscher und werden von den Behörden des Landes auch so behandelt. Daneben gibt es unglaubliches Elend; und die armen Menschen sind nahezu rechtlos. Mit der Polizei sprechen oder ihr helfen mag niemand; die einen, weil sie etwas zu verbergen haben, die anderen, weil sie sich fürchten. Journalisten, die über gewisse Themen wie z. B. die Auseinandersetzungen zwischen Landbesitzern und Arbeitern schreiben, leben extrem gefährlich. Einmal muß einer der Polizisten sich sogar als schwuler Freier eines minderjährigen Straßenjungen ausgeben, um von diesem Informationen zu erhalten!

Ich bin nur einmal in meinem Leben für wenige Tage in Brasilien gewesen und kann so natürlich nicht behaupten, mich in dem Land und mit seinem Bewohnern besonders gut auszukennen. So kann ich auch nicht wirklich einschätzen, wie realistisch die Schilderungen des Buches sind. Aber ich befürchte fast, daß sie nicht völlig unrealistisch sind. Als ich dort war, hatte ich unter anderem die Gelegenheit, mich mit einigen Deutschen zu unterhalten, die schon seit einiger Zeit in Brasilien lebten und arbeiteten. Und was die über den Umgang mit der Befürchtung, überfallen zu werden, sagten, hat mich ziemlich schockiert. Die einhellige Meinung war nämlich, daß man sich daran gewöhnt, gelegentlich zum Opfer von Raubüberfällen zu werden. Man achtet darauf, "billig" aussehende Kleidung (T-Shirt, Shorts und Flip Flops) zu tragen, wenn man ausgeht, und man hat immer ein wenig Bargeld, etwa den Gegenwert von 20 €, bei sich. Wenn man dann überfallen und bedroht wird, händigt man ohne großes Getue das Geld aus und, ich zitiere: "es tut einem selbst nicht weh und der andere freut sich".

Blood of the Wicked ist jedenfalls ein superspannendes Buch mit sozialkritischen Elementen, und ich kann es jedem empfehlen, der sich traut, die extrem harten Gewaltszenen zu lesen.

Dieses Buch war ein Teil der Ich bilde mich weiter-Challenge.

Sonntag, 4. April 2010

Tami Hoag: Deeper Than The Dead

Kalifornien im Jahr 1985: in einem kleinen, ruhigen Ort entdecken Schulkinder in einem Wäldchen eine grausam zugerichtete Frauenleiche. Anne Navarre, die Lehrerin der Kinder, versucht, ihnen über das schreckliche Erlebnis hinwegzuhelfen. Unterdessen befürchtet die Polizei des Örtchens, daß der Mörder ein Serientäter ist, denn es gibt noch mehr ungeklärte Morde. Sie bittet Vince Leone vom FBI um Hilfe, der sich mit der damals noch neuartigen Technik des Profilings befaßt. Dann beginnen sich die Ereignisse zu überstürzen und der grausame Mörder schlägt wieder zu...

Tami Hoag steht ganz weit oben auf meiner vergleichsweise kurzen Liste von Autobuy-Autoren. Früher habe ich einige ihrer Liebesromane gelesen. Die fand ich nicht schlecht, aber ihre Macho-Helden haben mich ziemlich genervt. Aber ihre Thriller sind unglaublich spannend. Habe ich einmal angefangen, einen zu lesen, kann ich ihn kaum noch beiseite legen. Deeper Than The Dead ist keine Ausnahme von dieser Regel, aber es ist für Tami Hoags Verhältnisse ein sehr kurzes Buch, dessen Handlung sich im Verlauf nur weniger Tage abspielt. Es sind 421 Seiten in recht großer Schrift, kein Vergleich zu einigen ihrer anderen Wälzer. Das ist aber auch schon mein einziger Kritikpunkt. Das Buch ist einfach irre spannend!

Trotzdem kommt die Charakterisierung der Personen keineswegs zu kurz. Man lernt sie alle recht gut kennen und erfährt, was sie zu ihren Handlungen motiviert. Das schließt sogar die...hm...nicht so netten Personen mit ein. Man mag sie nicht, aber man versteht, was sie zum Durchdrehen bringt, wenn sie denn durchdrehen. Wobei die Motivation des Serienkillers nicht gerade etwas nie dagewesenes ist - aber egal, das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch.

Anne und Vince mochte ich gut leiden. Anne hatte berufliche Ambitionen, die sie aufgegeben hat, um sich um ihren kranken Vater zu kümmern, mit dem sie sich überhaupt nicht versteht. Trotzdem ist sie alles andere als die klassische Fußabtreter-Romanheldin, die sich von jedem alles gefallen läßt. Sie ist sehr warmherzig und sorgt sich um ihre Schüler, aber sie kann sich durchaus durchsetzen, wenn es sein muß, und bietet ihrem Vater im Verlauf des Buchs immer öfter die Stirn.

Vince ist ein ganzes Stück älter als Anne und verliebt sich sofort in sie. Er verliert auch keine Zeit, sie das wissen zu lassen. Das klingt erstmal seltsam, aber er hat einen ausgezeichneten Grund dafür.

Und der Höhepunkt und Schluß des Buches ist der helle Wahnsinn. So etwas spannendes, schauriges habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Es ist eine gute Sache, daß mich niemand beim Lesen gestört hat, sonst hätte ich meinerseits auch ein paar finstere Drohungen aussprechen müssen. Wer Thriller mag, sollte sich Deeper Than The Dead auf keinen Fall entgehen lassen!

Samstag, 23. Januar 2010

Kathy Reichs: Break No Bones

Wenn ich mich nicht verzählt habe, ist Break No Bones das 9. Buch in Kathy Reichs' Temperance Brennan-Serie, die übrigens mit der Fernsehserie Bones außer dem Namen und dem Beruf der Protagonistin überhaupt nichts gemeinsam hat.

Temperance Brennan ist eine forensische Anthropologin, Anfang/Mitte 40, die sich von ihrem Ehemann (einem Rechtsanwalt) getrennt hat und einen neuen Liebhaber (einen kanadischen Polizisten) hat. Im Auftrag einer Universität führt sie auf einer kleinen Insel vor der Küste South Carolinas mit Studenten eine Ausgrabung durch, bei der interessante Überreste einer Besiedlung durch Nordamerikanische Ureinwohner gefunden werden. Am letzten Tag der Ausgrabung wird jedoch die Leiche eines vor sehr viel kürzerer Zeit gestorbenen Menschen gefunden, und schon gibt es einen Mordfall.

Da die Gerichtsmedizinerin des Ortes, eine Freundin von Tempe, schwer krank ist, bittet sie Tempe um Hilfe bei den Untersuchungen. Nur werden wenig später weitere Tote gefunden, und es stellt sich die Frage, ob sie alle Mordopfer sind, und ob ihr Tod mit einer Armenklinik zusammenhängt, die von einer religiösen Sekte finanziert wird. Bei just dieser religiösen Sekte stellt auch Tempes beinah-Exmann im Auftrag eines Klienten Ermittlungen an, der wenig später mit ihr auch das Haus teilt, das sie von einer anderen Freundin "geliehen" hat. Dann taucht auch noch Tempes eifersüchtiger Liebhaber auf, und da Mordanschläge auf sie verübt werden, müssen Tempe und ihre Männer der Polizei helfen, schnellstens den oder die Täter zu finden...

Das ist eine ziemlich lange Inhaltsangabe, aber es passiert auch viel in dem Buch. Ich fand es sehr spannend und fesselnd und werde auf jeden Fall den nächsten Teil der Serie bald lesen. In einer Rezension habe ich mal etwas in der Richtung gelesen, daß Kathy Reichs einen gewöhnungsbedürftigen und nicht gerade filigranen Schreibstil habe. Deswegen habe ich diesmal darauf geachtet, und tatsächlich: mir kam es so vor, als wäre der Schreibstil ein wenig abgehackt und sehr umgangssprachlich - so als säße die Autorin vor dem Leser und würde die Geschichte einfach erzählen. Richtig beurteilen kann ich das wohl nicht, denn Englisch ist ja nicht meine Muttersprache. Jedenfalls hat es mich nicht gestört - im Gegenteil: es hat mir gefallen.

Im Gegensatz zu einigen anderen der Bücher wird diesmal nicht sehr detailliert beschrieben, wie die Knochen der Toten untersucht werden, und was man mit ihnen alles anstellen kann, um herauszufinden, wie und wann sie zu Tode gekommen sind.

Und ich fand, daß Tempe ruhig ein bißchen netter zu ihrem Liebhaber hätte sein können. Ein Beispiel: da er sieht, daß sie sich nach wie vor sehr gut mit ihrem Ehemann versteht, möchte er wissen, wie sie zu ihm steht, und unter anderem fragt er sie, warum sie ihn immer mit seinem Nachnamen anspricht. Als Antwort sagt sie so etwas wie: aber du heißt doch so. Hm. Er ist daraufhin ziemlich geknickt, und ich wäre das an seiner Stelle auch.

Das sind aber auch schon die einzigen Kritikpunkte. Mir hat das Buch über 400 Seiten spannende Unterhaltung geboten - was will man mehr?

Sonntag, 27. September 2009

Hugh Laurie: The Gun Seller

Thomas Lang ist ein früherer englischer Soldat, der in eine Verschwörung gerät, deren Ziel es ist, eine neue Art von Militärhubschrauber mit Hilfe eines terroristischen Anschlags an den Mann, oder besser gesagt, an die Regierung zu bringen. Thomas versucht, das schlimmste zu verhindern und mit heiler Haut aus der Sache herauszukommen.

Dieses Buch ist sehr, sehr schwer zu beschreiben und bewerten - hauptsächlich deshalb, weil ich die Hälfte der Zeit keine Ahnung hatte, was vor sich ging. Die erste Hälfte das Buches war wirklich amüsant und unterhaltsam und voll schwarzen Humors. Ein bißchen wie die englische Antwort auf Carl Hiaasen. Dann bewegt sich die Handlung aber plötzlich innerhalb weniger Absätze um ein halbes Jahr vorwärts, und Thomas wird vom Geheimdienst gezwungen, eine Terroristengruppe zu infiltrieren. Leider erfährt der Leser aber überhaupt nicht, warum diese Terroristen Terroristen sind, warum sie eine bestimmte Person ermorden und eine Botschaft besetzen wollen. Vielleicht habe ich ja auch irgendwas nicht mitgekriegt, aber da ich mich selbst als eine Person von durchschnittlicher Intelligenz und mit beträchtlicher Erfahrung im Bücherlesen beschreiben würde, denke ich, daß hier vielleicht auch an der Handlung oder der Schreibweise etwas nicht stimmt. Was ich dann noch mitgekriegt habe ist, daß es mehr oder weniger ein Happy End gibt und daß der Held zum Schluß mit einer Blondine in einem Rover davonfährt.

Samstag, 12. September 2009

Ariana Franklin: Mistress of the Art of Death

England im Jahr 1170: in Cambridge sind mehre Kinder verschwunden und auf grausame Art getötet worden. Die Stadtbevölkerung beschuldigt die Juden, die deswegen aus ihren Häusern flüchten und auf der Burg Zuflucht suchen mußten. König Henry II liegt daran, den wahren Schuldigen der Kindermorde zu finden, denn er braucht die Juden als Steuerzahler und Kreditgeber. Aus Salerno in Italien wird deswegen die junge Ärztin Vesuvia Adelia Rachel Ortese Aguilar nach England befohlen, denn Adelia hat besondere Kenntnisse: sie ist eine Totenleserin, die vom Zustand einer Leiche Rückschlüsse auf die Todesart ziehen kann. Als Adelia in Cambridge ankommt, versuchen sie und ihre Reisegefährten unter der mißtrauischen Beobachtung der Stadtbewohner und der Kirche, die Verbrechen aufzuklären. Doch der Mörder merkt, daß man ihm auf die Spur kommt, und beginnt Adelia und ihre Freunde anzugreifen...

Mistress of the Art of Death ist ein spannender Krimi, wie er sein soll. Langsam erhält Adelia - und damit auch der Leser - immer mehr Hinweise, was geschehen sein könnte, bis zur spannenden und dramatischen Auflösung. Die Charaktere des Buches wirken weitestgehend realistisch, denn auch die "Guten" haben gute und schlechte Eigenschaften, Vorlieben und Abneigungen.

Mit Adelia selbst hatte ich allerdings ein kleines Problem, denn in einer Hinsicht kann ich sie überhaupt nicht verstehen. Sie ist eigentlich eine sehr mitfühlende Person: sie haßt, was den getöteten Kindern angetan wurde, und deren Verwandte tun ihr leid. Da sie als Ärztin ausgebildet ist, versucht sie alles, um Kranken und Verletzten zu helfen. Doch ihr eigenes Schicksal nimmt sie mit verblüffender Gelassenheit hin.

Man muß sich das mal vorstellen: Adelia ist eine junge Frau, die ihre geliebten Pflegeeltern verlassen muß, um eine monatelange, beschwerliche und gefährliche Reise in ein fremdes Land anzutreten. Unterwegs stirbt ihre beste Freundin und Vertraute. In England angekommen, muß ihr Reisegefährte Mansur vorgeben, der Arzt zu sein, und Adelia selbst muß als seine Gehilfin auftreten, denn die Einwohner von Cambridge sind der festen Überzeugung, daß es Hexerei ist, wenn eine Frau etwas anderes tut als putzen, kochen, beten und Kinder kriegen. Schließlich steht sie sogar völlig mittellos da, denn als Frau kann sie das für sie hinterlegte Geld nicht beim Bankier abheben. Am Ende des Buches befiehlt König Henry Adelia, in England zu bleiben. Und auch da bleibt sie noch ziemlich ruhig! Also ich hätte an ihrer Stelle geschrien und getobt und versucht, zu fliehen.

Trotzdem fand ich das Buch sehr unterhaltsam, und das ist schließlich die Hauptsache.

Freitag, 19. Juni 2009

Verflucht sei dein Name von Olivier Descosse

Luc Vernon arbeitet in der renommierten Pariser Anwaltskanzlei seines Vaters, von dem er jedoch entfremdet ist. Plötzlich wird der Vater krank, in seiner Wohnung wird der Butler auf grauenhafte Art ermordet, und Luc selbst verbringt eine Nacht mit einer Unbekannten, die ihn unter Drogen setzt und mißhandelt. Der Versuch, den Zusammenhang zwischen all diesen Ereignissen zu ergründen und mehr über das Leben seines Vaters zu ergründen, führt Luc quer durch Europa, in die USA und schließlich in die brasilianischen Regenwälder...

Für das Buch habe ich 3 Wochen gebraucht, was aber nicht gegen es spricht: es ist einerseits ein recht dickes Buch und andererseits - man glaubt es kaum - in dieser Zeit mußte ich 3 Wochen am Stück arbeiten, außer an den Wochenenden. Das ist in diesem Jahr wegen Kurzarbeit, Urlaub und Feiertagen noch gar nicht so oft vorgekommen! Eins muß man dem Autor wirklich lassen, er hat eine blühende Fantasie. Wäre er ein Sim, hätte er bestimmt einen Beruf wie "Verschwörungstheorie-Erfinder". Und das meine ich durchaus als Kompliment: ich liebe mexikanische Seifenopern, Horrorfilme (sogar "Die Nacht der reitenden Leichen") und vieles andere, was völlig absurd, aber auch wieder interessant und/oder lustig ist. Hier haben wir Kunstwerke, die sich von Kunstwerken in Nazi-Memorabilien in noch etwas völlig anderes verwandeln - nicht schlecht. Das Problem ist nur, daß ich keine der Personen in diesem Buch besonders gut leiden mochte. Nicht, daß ich Luc schrecklich unsympathisch fand, aber so richtig verstanden habe ich ihn nicht. Und wenn ich mit einem Typen eine Nacht verbrächte und der mich unter Drogen setzte und sich mit dem Messer an meiner Person zu schaffen machte - tja, der würde am nächsten Tag Besuch von einem russischen Schlägertrupp oder der Polizei oder beiden nacheinander bekommen. Auf keinen Fall würde ich mit ihm eine Reise unternehmen, egal welche Gründe er für das Schlachtfest an meinem wehr- und bewußtlosen Luxuskörper vorbrächte! So, jetzt genug der verzwickten Konjunktive (oder sind es Konditionale? Keine Ahnung) zu fortgeschrittener Stunde.
Gute Nacht und gehabt euch wohl!
Susi