Im frühen 13. Jahrhundert hat es Ada of Keyworth, eine junge, sprachbegabte Engländerin, ausgerechnet nach Spanien an den Hof einer reichen und mächtigen Fürstin verschlagen. Ada hat ein großes Problem, sie ist nämlich opiumsüchtig. Und es dauert nicht lange, bis ihre Sucht sie dazu zwingt, sich in einem Bordell versteigern zu lassen. Genau dort wird sie von Gavriel de Marqueda gefunden. Gavriel ist ein mißmutiger Möchtegern-Mönch, dessen Aufgabe es ist, eine Prostituierte auf den Pfad der Tugend zu führen, bevor er endgültig dem Mönchsorden beitreten darf. Gavriel schnappt sich also die ziemlich weggetretene und über diese Entwicklung der Dinge alles andere als erfreute Ada und türmt mit ihr aus dem Bordell - nur um sich dadurch einen ganzen Schwung neuer Probleme einzuhandeln, die mit Adas Entziehungskur zwar anfangen, aber noch lange nicht aufhören. Die Bösen sind nämlich nicht nur hinter ihm, sondern auch hinter Ada her, und auch die Mönche sind nicht alle das, was sie zu sein vorgeben. Obendrein findet Gavriel Ada ungemein verlockend, und sie macht auch kein Geheimnis daraus, daß sie sich zu ihm hingezogen fühlt...
Ja, ich weiß. Als ich las, daß Gavriel eine Prostituierte bekehren soll, dachte ich auch "WTF? Was'n das für'n komischer Mönchsorden?? Was werden sich amerikanische Liebesromanautorinnen denn noch alles ausdenken, um ihre Paare in den unglaublichsten Situationen zusammenzubringen?" Aber keine Sorge. Es klärt sich alles noch mehr oder weniger auf.
Tatsächlich ist Scoundrel's Kiss ein fabelhaftes Buch. Spanien ist ja ein eher seltener Handlungsort für Liebesromane, und allein das macht es schon interessant. Ich hätte gern mehr über die politischen Hintergründe der Handlung erfahren, aber es gibt vieles, was diesen Mangel an Information wettmacht. Es gibt jede Menge Action und zwar von der Art, die vor nichts zurückschreckt. Die Charaktere lieben und leiden, sie flüchten in sengender Hitze durch die Wüste, sie haben Schmerzen, verletzen sich, sie schwitzen und werden schmutzig, und das ist alles sehr lebendig beschrieben.
Ada und Gavriel sind wunderbar verkorkst. Sie sind nicht gerade die Art von Leuten, die man im wirklichen Leben kennen möchte, aber ungemein interessant als Romanfiguren. Sie sind nicht unbedingt immer nur gut und edel - genaugenommen sind sie das eher selten. Gavriel ist der uneheliche Sohn eines Fürsten und wurde von diesem sein ganzes Leben lang gequält, aber auch zum Kämpfer ausgebildet und gezwungen, an dessen finsteren Machenschaften teilzunehmen. Ada hat in ihrer englischen Heimat offenbar einige schlimme Dinge angestellt und wurde gefoltert. Es fällt beiden schwer, sich gegenseitig zu vertrauen - oder auch nur die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, überhaupt an irgendwen oder irgendwas zu glauben.
Liebesromanheldinnen sind ja gerne mal zimperlich. Ada nicht. Ada ist eine Kämpferin, die nicht zögert, sich mit ihrem kleinen Dolch und allem, was ihr sonst noch zur Verfügung steht, gegen Angriffe zur Wehr zu setzen. Und sie hat einen Sinn für Humor, der sich langsam, ganz, ganz langsam auf den bis dahin völlig humorlosen Gavriel überträgt. Gavriel selbst hatte bisher nie wirklich die Freiheit zu entscheiden, wie und was er sein möchte. Und er hätte auch nie gedacht, daß er außer zum Menschen töten noch zu etwas anderem zu gebrauchen sein könnte. Im Lauf der Handlung fängt er an, für sich selbst zu denken und sich selbst zu respektieren. Nur das ermöglicht es ihm, sich in Ada zu verlieben und sie als seine Partnerin anzusehen. Leider hat sich beinah die ganze Welt gegen die beiden verschworen, und bis zum wohlverdienten Happy End müssen viele Hindernisse überwunden werden.
Ich war jedenfalls sehr begeistert von Scoundrel's Kiss (obwohl das ein doofer und ziemlich unpassender Buchtitel ist). Endlich mal wieder ein Roman mit richtig dramatischer Handlung und Protagonisten mit Charakter!
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Montag, 25. April 2011
Samstag, 12. September 2009
Ariana Franklin: Mistress of the Art of Death
England im Jahr 1170: in Cambridge sind mehre Kinder verschwunden und auf grausame Art getötet worden. Die Stadtbevölkerung beschuldigt die Juden, die deswegen aus ihren Häusern flüchten und auf der Burg Zuflucht suchen mußten. König Henry II liegt daran, den wahren Schuldigen der Kindermorde zu finden, denn er braucht die Juden als Steuerzahler und Kreditgeber. Aus Salerno in Italien wird deswegen die junge Ärztin Vesuvia Adelia Rachel Ortese Aguilar nach England befohlen, denn Adelia hat besondere Kenntnisse: sie ist eine Totenleserin, die vom Zustand einer Leiche Rückschlüsse auf die Todesart ziehen kann. Als Adelia in Cambridge ankommt, versuchen sie und ihre Reisegefährten unter der mißtrauischen Beobachtung der Stadtbewohner und der Kirche, die Verbrechen aufzuklären. Doch der Mörder merkt, daß man ihm auf die Spur kommt, und beginnt Adelia und ihre Freunde anzugreifen...
Mistress of the Art of Death ist ein spannender Krimi, wie er sein soll. Langsam erhält Adelia - und damit auch der Leser - immer mehr Hinweise, was geschehen sein könnte, bis zur spannenden und dramatischen Auflösung. Die Charaktere des Buches wirken weitestgehend realistisch, denn auch die "Guten" haben gute und schlechte Eigenschaften, Vorlieben und Abneigungen.
Mit Adelia selbst hatte ich allerdings ein kleines Problem, denn in einer Hinsicht kann ich sie überhaupt nicht verstehen. Sie ist eigentlich eine sehr mitfühlende Person: sie haßt, was den getöteten Kindern angetan wurde, und deren Verwandte tun ihr leid. Da sie als Ärztin ausgebildet ist, versucht sie alles, um Kranken und Verletzten zu helfen. Doch ihr eigenes Schicksal nimmt sie mit verblüffender Gelassenheit hin.
Man muß sich das mal vorstellen: Adelia ist eine junge Frau, die ihre geliebten Pflegeeltern verlassen muß, um eine monatelange, beschwerliche und gefährliche Reise in ein fremdes Land anzutreten. Unterwegs stirbt ihre beste Freundin und Vertraute. In England angekommen, muß ihr Reisegefährte Mansur vorgeben, der Arzt zu sein, und Adelia selbst muß als seine Gehilfin auftreten, denn die Einwohner von Cambridge sind der festen Überzeugung, daß es Hexerei ist, wenn eine Frau etwas anderes tut als putzen, kochen, beten und Kinder kriegen. Schließlich steht sie sogar völlig mittellos da, denn als Frau kann sie das für sie hinterlegte Geld nicht beim Bankier abheben. Am Ende des Buches befiehlt König Henry Adelia, in England zu bleiben. Und auch da bleibt sie noch ziemlich ruhig! Also ich hätte an ihrer Stelle geschrien und getobt und versucht, zu fliehen.
Trotzdem fand ich das Buch sehr unterhaltsam, und das ist schließlich die Hauptsache.
Mistress of the Art of Death ist ein spannender Krimi, wie er sein soll. Langsam erhält Adelia - und damit auch der Leser - immer mehr Hinweise, was geschehen sein könnte, bis zur spannenden und dramatischen Auflösung. Die Charaktere des Buches wirken weitestgehend realistisch, denn auch die "Guten" haben gute und schlechte Eigenschaften, Vorlieben und Abneigungen.
Mit Adelia selbst hatte ich allerdings ein kleines Problem, denn in einer Hinsicht kann ich sie überhaupt nicht verstehen. Sie ist eigentlich eine sehr mitfühlende Person: sie haßt, was den getöteten Kindern angetan wurde, und deren Verwandte tun ihr leid. Da sie als Ärztin ausgebildet ist, versucht sie alles, um Kranken und Verletzten zu helfen. Doch ihr eigenes Schicksal nimmt sie mit verblüffender Gelassenheit hin.
Man muß sich das mal vorstellen: Adelia ist eine junge Frau, die ihre geliebten Pflegeeltern verlassen muß, um eine monatelange, beschwerliche und gefährliche Reise in ein fremdes Land anzutreten. Unterwegs stirbt ihre beste Freundin und Vertraute. In England angekommen, muß ihr Reisegefährte Mansur vorgeben, der Arzt zu sein, und Adelia selbst muß als seine Gehilfin auftreten, denn die Einwohner von Cambridge sind der festen Überzeugung, daß es Hexerei ist, wenn eine Frau etwas anderes tut als putzen, kochen, beten und Kinder kriegen. Schließlich steht sie sogar völlig mittellos da, denn als Frau kann sie das für sie hinterlegte Geld nicht beim Bankier abheben. Am Ende des Buches befiehlt König Henry Adelia, in England zu bleiben. Und auch da bleibt sie noch ziemlich ruhig! Also ich hätte an ihrer Stelle geschrien und getobt und versucht, zu fliehen.
Trotzdem fand ich das Buch sehr unterhaltsam, und das ist schließlich die Hauptsache.
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