Sonntag, 1. August 2010

Leighton Gage: Blood of the Wicked

In Cascatas do Pontal, einer mittelgroßen Stadt im Westen des brasilianischen Bundesstaats São Paulo, wird ein Erzbischof erschossen, der dort eine neue Kirche einweihen will. Der Papst und der brasilianische Staatspräsident sind entsetzt, und so wird Chefinspektor Mario Silva von der brasilianischen Bundespolizei unverzüglich in den Ort geschickt, um das Verbrechen aufzuklären. Dort angekommen, finden Silva und sein Kollege und Neffe Hector Costa schnell heraus, daß in Cascatas ein regelrechter Krieg zwischen den Landbesitzern einerseits und den verarmten Landarbeitern andererseits im Gange ist. Es hat bereits mehrere Morde und Entführungen gegeben, und innerhalb der katholischen Kirche ist man sich uneins, welche Seite zu unterstützen ist. Dazu kommt, daß der Polizeichef des Ortes selbst kaum Interesse an der Aufklärung des Falls zu haben scheint, und schon gar nicht bereit ist, mit der Bundespolizei zusammenzuarbeiten...

Wow, dieser Krimi ist nichts für schwache Nerven. Es gibt einige Szenen mit extremer Gewalt, und fast noch schlimmer sind die Abgründe, die sich in den Charakteren der Personen, einschließlich der Polizisten, auftun. Das Buch hat außerdem genau die Art von Erzählstruktur, die mich normalerweise fürchterlich nervt: in der ersten Hälfte springt es ständig zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her. Zuerst wird das erste Verbrechen - der Mord am Erzbischof - geschildert, dann wird Chefinspektor Silva mit der Aufklärung beauftragt, und anschließend folgt eine längere Schilderung von dessen wirklich grauenhaften Erlebnissen in seiner Jugend, die dazu führten, daß er Polizist werden wollte. In diesem Fall hat mir das aber nichts ausgemacht, denn das Buch ist wirklich von der ersten bis zur letzten Seite unglaublich spannend.

Chefinspektor Silva und seine Kollegen müssen sich durch einen Wust von Korruption kämpfen, denn die reichen Landbesitzer benehmen sich wie Herrscher und werden von den Behörden des Landes auch so behandelt. Daneben gibt es unglaubliches Elend; und die armen Menschen sind nahezu rechtlos. Mit der Polizei sprechen oder ihr helfen mag niemand; die einen, weil sie etwas zu verbergen haben, die anderen, weil sie sich fürchten. Journalisten, die über gewisse Themen wie z. B. die Auseinandersetzungen zwischen Landbesitzern und Arbeitern schreiben, leben extrem gefährlich. Einmal muß einer der Polizisten sich sogar als schwuler Freier eines minderjährigen Straßenjungen ausgeben, um von diesem Informationen zu erhalten!

Ich bin nur einmal in meinem Leben für wenige Tage in Brasilien gewesen und kann so natürlich nicht behaupten, mich in dem Land und mit seinem Bewohnern besonders gut auszukennen. So kann ich auch nicht wirklich einschätzen, wie realistisch die Schilderungen des Buches sind. Aber ich befürchte fast, daß sie nicht völlig unrealistisch sind. Als ich dort war, hatte ich unter anderem die Gelegenheit, mich mit einigen Deutschen zu unterhalten, die schon seit einiger Zeit in Brasilien lebten und arbeiteten. Und was die über den Umgang mit der Befürchtung, überfallen zu werden, sagten, hat mich ziemlich schockiert. Die einhellige Meinung war nämlich, daß man sich daran gewöhnt, gelegentlich zum Opfer von Raubüberfällen zu werden. Man achtet darauf, "billig" aussehende Kleidung (T-Shirt, Shorts und Flip Flops) zu tragen, wenn man ausgeht, und man hat immer ein wenig Bargeld, etwa den Gegenwert von 20 €, bei sich. Wenn man dann überfallen und bedroht wird, händigt man ohne großes Getue das Geld aus und, ich zitiere: "es tut einem selbst nicht weh und der andere freut sich".

Blood of the Wicked ist jedenfalls ein superspannendes Buch mit sozialkritischen Elementen, und ich kann es jedem empfehlen, der sich traut, die extrem harten Gewaltszenen zu lesen.

Dieses Buch war ein Teil der Ich bilde mich weiter-Challenge.

1 Kommentar:

  1. Oh, das hört sich sehr spannend an! Leider scheint es das Buch nicht auf deutsch zu geben - und ich lese Krimis fast nie auf englisch, da ich dann immer das Gefühl habe, ich verpasse zuviel.

    Aber für meine Schwester wäre das bestimmt perfekt! Da habe ich doch schon was für Weihnachten für sie. :D

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