Dienstag, 28. Juni 2011

Aus dem Tagebuch einer Regency-Romanheldin, Teil 1

Liebes Tagebuch,
heute habe ich wieder an der Salontür gelauscht. Mama und Papa haben sich ganz fürchterlich doll gestritten. Mama hat geweint und gesagt, daß wir bald nicht mehr die Rechnungen von Madame Claude, das ist unsere Lieblingsschneiderin, bezahlen können, wenn Papa weiter unser ganzes Geld für Cognac, Glücksspiel und Opernsängerinnen ausgibt (komisch, das mit den Opernsängerinnen. Papa ist eigentlich gar nicht musikalisch). Papa hat geschrien, daß es Mama nichts angeht, was er mit seinem Geld macht. Mama hat noch doller geweint. Papa hat Sampson (unseren Butler) angebrüllt, damit er ihm sein Cape holt und die Kutsche, und dann ist Papa weggefahren. Mama hat wie wild in ihrem Nähkörbchen gewühlt. Das ist komisch, mit Mama und ihrem Nähkörbchen. Mama wühlt nämlich ständig darin, vor allem, wenn sie aufgeregt ist. Es sind auch etwas Wolle und ein Stickrahmen drin. Ich habe aber noch nie gesehen, daß Mama gestickt hat. Und Mama riecht immer so komisch, wenn sie sich mit ihrem Nähkörbchen beschäftigt hat. Ein bißchen so wie der Hustensaft, den mein Kindermädchen immer getrunken hat und von dem sie immer eingeschlafen ist, hihi.

Na ja, abends wurde es aber richtig schlimm, denn Mama und Papa haben sich wieder gestritten. Dann mußte ich in den Salon kommen und sie haben mir gesagt, daß ich Lord Festerwart heiraten muß, weil er ganz, ganz reich ist, und wenn ich ihn geheiratet habe, soll er Papas Schulden bezahlen. Ich habe den Kopf geschüttelt und gesagt, daß ich nur heirate, wenn es die große Liebe ist. Papa hat aber gesagt, daß ich schon 22 bin und es ja wohl unwahrscheinlich sei, daß ich in meinem Alter noch die große Liebe fände. Mama hat wieder geweint und meinte, daß meine kleine Schwester Cindy keine Season haben und auch keinen Mann finden wird, wenn ich nicht Lord Festerwart und sein Geld heirate. Da habe ich auch geweint. Ach, es ist alles so furchtbar!

Jetzt liege ich im Bett und überlege…was soll ich nur tun? Ich kann doch Papa und Mama und Cindy nicht im Stich lassen! Aber was, wenn Lord Festerwart ein Scheusal ist? Mama hat gesagt, daß ich ihm morgen abend auf dem Ball von Lady Sandcastle vorgestellt werde, und daß ich mein schönstes Kleid anziehen soll, damit ich bezaubernd aussehe. Also, noch bezaubernder als sonst.

Ach, welch schreckliches Schicksal steht mir nur bevor!!

Google macht Spaß noch spaßiger

Langsam werde ich süchtig danach, mir die Statistiken meines Blogs anzuschauen. Kein Wunder, wenn sie für soviel Heiterkeit sorgen! Offenbar hat sich irgendwer meinen Bericht von der RWA-Tagung von Google ins Englische übersetzen lassen und dabei einige ganz erstaunliche Erkenntnisse gewonnen. Aber seht selbst:


(Auf das Bild klicken macht es größer)

Sonntag, 26. Juni 2011

Gail Carriger: Soulless

In einer dem viktorianischen London gleichenden Parallelwelt ist Miss Alexia Tabarotti so etwas wie eine höhere Tocher zweiter Klasse. Aufgrund ihres etwas exotischen Aussehens (ihr Vater war Italiener), ihres sehr selbstbewußten Auftretens und ihrer direkten Art ist der Rest ihrer Familie zu dem Schluß gekommen, daß ihr ein Dasein als alte Jungfer vorherbestimmt ist. Was ihre Familie aber nicht weiß, ist, daß Alexia seelenlos und daher eine sogenannte preternatürliche Person ist, die die übernatürlichen Kräfte von Werwölfen und Vampiren neutralisieren kann. Eines Tages ist sie gezwungen, einen Vampir zu töten, der versucht, sie trotz ihrer Kräfte anzugreifen. Es stellt sich heraus, daß neuerdings immer mehr solcher schlecht ausgebildeter Vampire auftauchen. Die Welt der Übernatürlichen ist im Aufruhr, und Alexia will der Sache zusammen mit dem attraktiven Alpha-Werwolf Lord Connall Maccon und dessen Mitarbeiter Professor Lyall auf den Grund gehen.

Ich habe lange gezögert, das Buch zu lesen - im wirklichen Leben würde ich schließlich auf gar keinen Fall etwas mit einem seelenlosen Menschen (was immer man sich darunter vorstellen mag) zu tun haben wollen. Alexia ist aber eigentlich eine ganz normale Frau - mit einer Vorliebe für Hightech-Sonnenschirme - die eben nur die Fähigkeiten von Werwölfen und Vampiren außer Kraft setzen kann.

Soulless ist ein sehr amüsantes Buch. Die Welt, der die Charaktere leben, ist weniger detailliert ausgemalt als, sagen wir mal, diejenige in The Iron Duke von Meljean Brook. Aber dafür ist Gail Carrigers Schreibstil richtig witzig, und ihre Hauptpersonen haben jede Menge Ticks und Macken und sind wirklich liebenswert (bis auf die Bösewichte, versteht sich).

Alexia ist eine Frau, die nie aufgibt und sich niemals hängen läßt. Die Macken ihrer Mutter und ihrer Stiefschwestern nimmt sie mit bemerkenswerter Gelassenheit hin und macht grundsätzlich immer, was sie will.

Die anderen Figuren sind ebenso originell: Alexias Freundin Ivy hat eine Vorliebe für häßliche Hüte, und ihr Freund Lord Akeldama ist ein uralter Vampir mit einer Vorliebe für sehr elegante und eher barocke Kleidung.

Wirklich gruselig und furchteinflößend ist die Handlung zu keinem Zeitpunkt; Soulless ist eine Komödie und keine Horrorthriller. Trotzdem wird es im letzten Teil des Buches richtig spannend und hat mich vom Anfang bis zum Ende ganz großartig unterhalten.

Lachen ist gesund!

Was ich in anderen Bücherblogs immer über alle Maßen amüsant finde, sind die Suchbegriffe, die die Besucher eingegeben haben, um zu den jeweiligen Blogs zu finden. Viele Blogger veröffentlichen diese Suchbegriffe ja mehr oder weniger regelmäßig. Und ich habe immer gedacht, daß der Weg zu meinem Blog dagegen über sehr normale Suchbegriffe führt. Meistens sind es Begriffe wie "Bücherblog", Autorennamen oder Buchtitel. Als ich aber heute meine Blicke über meine Blogstatistik schweifen ließ, endeckte ich....


...das hier! Höhö. Okay, besonders originell ist es nicht, aber dafür schräg...besonders wenn man bedenkt, daß ich meistens abends in einer Jogginghose, einem ungefähr 5.000 mal gewaschenen T-Shirt und mit Birkenstock-Schlappen vorm PC sitze.

Fragt sich bloß, was man mit diesem Suchbegriff zu finden hofft. Ein Bücherblog dürfte es wohl nicht sein!

Donnerstag, 23. Juni 2011

Nora Roberts: Happy Ever After

Parker Brown (das ist eine Frau) betreibt mit ihren drei besten Freundinnen einen Hochzeitsplanungs- und -durchführungsservice. Da in Amerika die Hochzeiten offenbar weitaus minutiöser und vorausschauender geplant werden als, sagen wir, Afghanistan-Feldzüge, und da Parker ein Organisationstalent ist, ist ihre Firma überaus erfolgreich. Trotzdem findet sie die Zeit, sich mit dem netten Kfz-Werkstattbesitzer Malcolm Kavanaugh zu treffen. Wären da nur nicht diese Zweifel, ob sie mit diesem Mann auch tatsächlich den Rest ihres Lebens verbringen will!

Ihr findet, daß diese Zusammenfassung kurz ist und obendrein zu einem großen Teil aus überflüssigen Kommentaren und Adjektiven besteht? Tja, sorry, Leute. Aber das Buch hat nun mal keine Handlung, die man zusammenfassen könnte.

Happy Ever After wird als Liebesroman vermarktet, aber das ist eine Mogelpackung. Ein Liebesroman ist für mich ein Roman, dessen zentrales Thema die sich entwickelnde Beziehung zweier Menschen ist, die ein oder mehrere Hindernisse überwinden müssen, bevor es für sie ein Happy End gibt.  Parker und Malcolm haben zwar eine sich entwickelnde Beziehung, aber sie ist mitnichten das Hauptthema des Buches. Und sie haben auch keine wirklichen Probleme. Davon abgesehen ist die Liebesgeschichte der beiden etwa so aufregend wie Cola ohne Kohlensäure. Das geht in etwa so:

Er: Sie hat schöne Beine!

Sie: Na ja, irgendwie ist er ja nicht ganz unattraktiv...

Er: (packt sie und küßt sie)

Alle Nebenfiguren: (kommen nach ausgiebigen Verhören von Held und Heldin zu dem Schluß, daß die beiden für einander bestimmt sind)

Alle möglichen anderen Leute: (heiraten nach schier unendlichen, seitenlangen Beschreibungen von Blumenschmuck, Torten und Kleidern)

Susi: (kann nicht mehr mit Gähnen aufhören)

Er und Sie: Wir lieben uns! Wir werden heiraten!!

Susi: (schnarcht)

Happy Ever After ist das vierte und letzte Buch in der Bride Quartet-Serie von Nora Roberts. Das erste Buch war gut, das zweite dank zickiger TSTL-Heldin mies, das dritte war einfach nur blah, und Happy Ever After noch blaher.

Nora Roberts hat ja bereits gefühlte 5 Milliarden Bücher geschrieben, und so hat sie durchaus einen gefälligen Schreibstil. Happy Ever After ist nicht so grauenvoll, daß man sich Zahnarzttermine ausdenkt, um nicht darin weiterlesen zu müssen. Aber leider hat es keine Handlung, und die Charaktere haben weder Charme noch irgend etwas anderes, das sie interessant machen würde. So lautet mein Rat in Bezug auf dieses Buch: Hände weg!

Dienstag, 21. Juni 2011

Blogger macht meine Nerven kaputt

Wie man an meinem letzten Eintrag unschwer erkennen kann, hat sich Blogger entschlossen, meine Links nur noch zu kennzeichnen, wenn man mit der Maus draufzeigt. Doof! Falls mir jemand einen Hinweis geben kann, wo ich vielleicht eine Einstellung ändern müßte, um dieses Problem zu beheben, wäre ich sehr dankbar! Ansonsten: Viel Erfolg bei der Link-Jagd! Zumindest, bis ich mich durch die mutmaßlich irgendwo vorhandenen Blogger-Anwender-Hilfsforen gewühlt und hoffentlich des Rätsels Lösung gefunden habe...

WTF?? - Diesmal in Blau und mit Zipfelmützen

Der Wahn der Menschheit kennt wirklich keine Grenzen. Auf dem Blog von Cora Buhlert habe ich einen Link zu einem Artikel auf Spiegel Online gefunden. Demzufolge ist irgendein französischer Wissenschaftler zu dem Schluß gekommen, daß die Schlümpfe - ja, die Schlümpfe! - stalinistisches und/oder nationalsozialistisches Gedankengut verbreiten.

Äh...mir fällt dazu nichts mehr ein. Wie in aller Welt kommt man denn nur auf so einen Schwachsinn? Und was kommt als nächstes? Die Glücksbärchis als Scientologen? Obwohl...die fand ich  ja schon immer gruselig.

Donnerstag, 16. Juni 2011

A Lady's Lesson in Scandal (das neue Meredith Duran-Buch)

Ha! Amazon hat mir geschrieben, daß es wahrscheinlich schon am kommenden Montag (16.06.11) bei mir ankommen wird. Und ich habe die erste Rezension bei AAR gefunden. Es ist sogar ein "Desert Isle Keeper"!

Gute Zeiten, jedenfalls in Bezug auf Bücher. Wenn jetzt noch das neue Carrie Lofty-Buch Portrait of Seduction als gedrucktes Buch veröffentlicht würde...

Sonntag, 12. Juni 2011

Neulich bei der RWA-Tagung

Da stand sie nun. Es war Susis erste Liebesroman-Tagung, und sie fühlte sich ein wenig verloren. Es war alles so aufregend! Mit feuchten Händen ihr Programmheft umklammernd, betrat sie den Tagungsraum und setzte sich auf den ersten besten Stuhl.

Auf dem Podium selbst hatte sich indessen alles versammelt, was in der amerikanischen Verlagswelt Rang und Namen hatte; immerhin ging es bei dem folgenden Vortrag um nichts geringeres als die Zukunft des paranormalen Liebesromans.

Nach einem kurzen Test der Mikrofone und einigem Herumdrehen an den Knöpfen des Beamers ging es auch schon los. Eine Frau, die ihrem Namensschild nach eine wichtige Mitarbeiterin des Avon Verlags namens Ms. Finch war, erhob sich und begann: "Schon lange hören wir, daß Leserinnen Vampire und Werwölfe satt haben…". Dabei zeigte sie auf die riesige Leinwand, die sich hinter ihr befand, und auf der ein bleicher Mann mit Reißzähnen sowie ein etwas struppiges grau-braunes Wesen zu sehen waren.

"Ha! Das stimmt nicht! Vampire gehen immer, sie müssen nur in der Sonne glitzern!" warf eine Frau ein, die aufgeregt auf einem Stuhl in der ersten Reihe herumzappelte.

"Boah ey, Steffi! Krieg dich wider ein!"

"Glitzernde Vampire sind Weicheier!"

"Mein Jean-Claude tritt glitzernde Vampire in den Arsch und verspeist sie zum Frühstück!"

"Mein Wrath nimmt glitzernde Vampire in den Arm und hat sie ganz doll lieb!"

Die Frau namens Steffi verzog ihr Gesicht als wolle sie gleich anfangen zu weinen. Was war denn falsch an wunder-wunderschönen glitzernden Vampiren?

"Wenn ich jetzt fortfahren dürfte…?" Ms. Finch runzelte die Stirn. Sie haßte es, wenn ihre Vorträge unterbrochen wurden. "Also haben wir, die Liebesroman-Verlage zusammen mit der RWA, nach neuen Möglichkeiten gesucht, um unser Publikum zu begeistern. Und ich darf Ihnen heute mit Stolz mitteilen, daß unsere Suche mehr als erfolgreich war! Aber sehen Sie selbst…"

Auf der Leinwand erschienen nun einige grasende Kühe. "Unsere Marktforschung hat ergeben, daß die Nachfrage nach Gestaltwandlern aller Art nach wie vor stark ist, doch wir sollten unseren Horizont in dieser Hinsicht erweitern. Und so präsentiere ich Ihnen…das Wer-Rind!"

Ms. Finch lächelte, nickte, und hob an, sich für den Applaus zu bedanken – der jedoch leider ausblieb.

"Ich esse Kühe", rief eine noch junge Autorin aus, die unweit von Susi ganz am hinteren Rand des Raumes saß.

"Die Leserinnen und Leser werden begeistert sein! Wer-Rinder sind Vegetarier, und so können wir eine ganz neue Zielgruppe erobern, nämlich die, äh, Vegetarier!"

"Bullshit!"

Man konnte nicht erkennen, von wem dieser Zwischenruf kam, aber einige Autorinnen, die durch ihre riesigen Cowboyhüte unschwer als Texanerinnen zu identifizieren waren, nickten zustimmend und rieben sich die Bäuche. "So'n lecker blutiges Steak wär jetzt nicht verkehrt!" "Wann gibt's hier denn mal was auf die Gabel?"

Ms. Finch rollte entnervt mit den Augen und wünschte sich, sie hätte ein kleines Holzhämmerchen wie Richterin Salesch. Damit könnte sie Ruhe in den Saal bringen und notfalls mit einem gezielten Wurf die schlimmsten Störer k.o. schlagen. Doch da sie eben kein Hämmerchen hatte und die wie immer sehr undisziplinierten Liebesroman-Autorinnen einfach weiterdisktierten – mittlerweile war man dazu übergegangen, Rezepte für Rinderrouladen auszutauschen – blieb ihr keine andere Möglichkeit. "FREIBIER FÜR ALLE!!!" brüllte sie ins Mikrofon.

Sofort senkte sich Totenstille über den Raum, denn alle blickten erwartungsvoll zur Tür, durch die sicherlich gleich einige Bierfässer gerollt würden.

"Ne, war nur Spaß", grinste Ms. Finch. "Also, offensichtlich ist die Zeit vor allem bei den konservativeren Mitgliedern unserer Community noch nicht reif für Wer-Rinder. Aber wir haben natürlich nicht nur einen großartigen Vorschlag für neue Romanfiguren vorbereitet, meine Damen!"

Ein Klick auf die Fernbedienung des Beamers, und das Foto der grasenden Kühe wurde durch ein wesentlich furchteinflößenderes Bild von riesigen Dinosauriern mit bizarr geformten Hörnern ersetzt. Im Hintergrund waren einige feuerspeiende Vulkane zu sehen.

"Geilomat!" schrie eine Autorin. "Wer-Vulkane! Ich darf sie zuerst benutzen!"

"Laurell, Schätzelein", sagte die Vertreterin des Penguin-Verlages, die bisher geschwiegen hatte, "du hast doch nicht wieder vergessen, deine Tabletten zu nehmen? Und denk dran, was ich dir gesagt habe: wenn Anita Blake mehr als 365 Lover hat, werden die Leserinnen anfangen, die Serie für unrealistisch zu halten!"

"Och Menno!" Die als Laurell angesprochene Autorin schmollte.

Ms. Finch lächelte indessen stolz. "Richten Sie doch bitte Ihre Blicke auf die gewaltigen Tiere im Vordergrund. Wer-Dinosaurier! Welche Frau hätte noch nicht davon geträumt, von einer gewaltig großen, gefräßigen Urzeit-Echse entführt zu werden? Wer von Ihnen, meine Lieben, hatte noch nie die Fantasie, sich von schwer verdaulichen, haushohen Schachtelhalmen zu ernähren und ihrem graugeschuppten Liebhaber jede Woche ein Ei von der Größe eines Dackels zu legen? Wer wollte noch nie dem Erdöl beim Entstehen zuschauen?"

Betretenes Schweigen war offensichtlich nicht die Reaktion, mit der Ms. Finch gerechnet hatte, doch mit Ausnahme einer Texanerin, die beim Wort "Erdöl" beglückt strahlte, schauten alle peinlich berührt zu Boden.

"Äh, okay, aber das war noch nicht alles…"

Man merkte deutlich, daß Ms. Finch langsam nervös wurde. Hektisch wühlte sie in ihrer Handtasche, die sie auf dem Tisch neben dem Beamer abgestellt hatte, bis sie schließlich einige Magentabletten zu Tage förderte. Diese steckte sie sich in den Mund und schluckte sie unzerkaut herunter, bevor sie wieder die Fernbedienung des Beamers betätigte.

Auf der Leinwand war nun eine Unterwasserlandschaft zu sehen. Bunte Fische verschiedener Größen tummelten sich zwischen Korallen und Seeanemonen, während Meerestiere wie Seesterne und Seeigel auf dem felsigen Untergrund zu sehen waren.

"Boah, hübsch! Den Bildschirmschoner hab ich auch!" entfuhr es Susi.

Ms. Finch blickte gezwungen lächelnd in die Runde. "Wir haben schon lange keine richtig gut verkäufliche Geschichte über Atlantis gehabt…"

Niemand nutzte Ms. Finchs Kunstpause für einen Zwischenruf. Offensichtlich waren auch Fische und Meeresfrüchte nicht ohne weiteres in der Lage, die Phantasie von Liebesroman-Autorinnen anzuregen. So mußte sie wohl oder übel und ohne weitere Ermunterung durch ihr Publikum fortfahren.

"Nun stellen Sie sich die Möglichkeiten vor, meine Damen! Denken Sie an einen Quastenflosser-Gestaltwandler, der seinem nassen, kalten, dunklen Reich entsteigt, um aus Rache die Tochter jenes Ölmagnaten zu verführen, der in seiner Untersee-Lustgrotte nach Öl bohrte und das Zuhause des Quastenflossers zerstörte!"

Endlich! Einige Harlequin Blaze-Autorinnen spitzten deutlich interessiert die Ohren und machten sich Notizen. Auch die durch ihre schwarzen Lackleder-Stiefel und Stachelhalsbänder unschwer als Elloras Cave-Autorinnen erkennbaren Frauen wurden unruhig und rutschten auf ihren Stühlen hin und her.

"Untersee-Lustgrotte! Geil. Das wird 'ne tolle Gay Romance!"

"Ja, oder wie wär's mit einer Ménage-Geschichte um einen Quastenflosser, eine menschliche Frau und den Klabautermann?"

"Ja, und dann kommt noch ein Wer-Walroß dazu!"

"Yippieh, ich kann's kaum erwarten, mit Schreiben anzufangen!"

"Applaus!"

Endlich! Die Menge tobte vor Begeisterung, und Ms. Finch lächelte zufrieden. Die Umsätze der Liebesroman-Verlage würden im nächsten Jahr wieder gewaltig steigen. Sie winkte einen Hotelangestellten herbei. "Jetzt können Sie den Champagner servieren", sagte sie.


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Ein Jahr später veröffentlichte J.R. Ward das erste Buch einer neuen Serie. Das Buch hieß "Carrot Lover", und der Held war ein Wer-Kaninchen namens Fhluffy, das sich unsterblich in eine Wissenschaftlerin verliebt, die zu Tierversuchen gezwungen wird, um ihren spielsüchtigen Vater vor dem Ruin zu retten.

Etwa zur gleichen Zeit erschien Laurell K. Hamiltons achtunddreißigstes Anita Blake Buch, in dem Anita – natürlich in fescher Lederkleidung – in einem Sado-Maso Club unaussprechlich schmerzhafte Dinge mit einem verwunschenen Seeigel tut.

Katie MacAlister schrieb ein Buch über eine Fußpflegerin, deren Freund sich bei Vollmond in einen Vorwerk-Staubsaugervertreter verwandelt. Das Buch steckte voller lustiger und abgefahrener Ideen, aber das wußte niemand außer Katie selbst und Harriet Klausner. Alle anderen warfen das Buch nämlich nach spätestens 50 Seiten in die Altpapiertonne, weil sie von den sinnfreien und unlustigen Selbstgesprächen der Heldin so genervt waren.

Alles war gut.

Samstag, 11. Juni 2011

Warum einfach, wenn's auch kompliziert geht?

Mein Vater hat die Hörzu (eine Fernsehzeitschrift) abonniert, und ich blättere die immer mal ganz gerne durch, wenn ich bei ihm bin. Unter anderem gibt es jede Woche eine Seite mit Leserbriefen, die manchmal von der Hörzu-Redaktion beantwortet werden. Tja, und was ich da in der letzten Woche gelesen habe, das hat mir so sehr die Schuhe ausgezogen, daß die schon bei mir vor der Wohnung standen während ich noch 10 Kilometer entfernt bei meinem Vater auf der Couch saß. Da ich nun einerseits eine Schwäche für öffentlich zelebrierten Schwachsinn habe, andererseits jedoch die Hörzu-Leserbriefe nicht im Internet verfügbar sind, zitiere ich einfach mal.

Leserin Anna Lena P. schreibt (in Bezug auf einen Artikel der vorherigen Woche):
"Einleuchtend, dass man Interesse am Gegenüber zeigen soll. Aber was, wenn mir andere diese Aufmerksamkeit schuldig bleiben? Immer wieder passiert es mir, dass ich in einem Kaufhaus von den Verkäufern konsequent übersehen werde. Wie mache ich auf mich aufmerksam, ohne gleich lautstark zu schimpfen?"

Tja, hätte man mir diese Frage gestellt, so hätte meine Antwort wohl wie folgt gelautet:
"Liebe Frau P., es wird alles auf den Kopf stellen, was Sie bisher über den Einzelhandel wußten, aber der Kunde ist gleichsam die Daseinsberechtigung des Verkäufers. Kaum zu glauben, aber wahr: Verkäufer bekommen sogar Geld, um Kunden behilflich zu sein und ihre Fragen zu beantworten! So ist die Lösung Ihres Problems ganz einfach, und Sie können es im nächsten Jahr vermeiden, noch im Februar bei Karstadt in der ersten Etage zu stehen und sich zu fragen, wo die Christbaumkugeln sind. Bei Ihrem nächsten Einkauf gehen Sie einfach geradewegs auf den Verkäufer zu und sagen (je nach Anlaß): 'Entschuldigung, wo sind die Kundentoiletten?' / 'Haben Sie diese Schuhe auch in Größe 38?' / 'Hände hoch, dies ist ein Überfall'. Ihr spektakulärer Erfolg mit dieser Methode wird sie überraschen."

Aber ich muß wohl ein besonders einfach gestrickter Mensch sein. Kein Wunder, daß ich es nicht geschafft habe, Managementtrainerin zu werden. Es geht nämlich auch viel raffinierter, wie die Antwort der Hörzu-Redakteurin Angela Meyer-Barg beweist:

"Managementtrainerin Barbara Berckhan empfiehlt in ihrem Buch 'Leicht und locker kommunizieren' ein paar kleine Tricks: 1. Simulieren Sie einen schlimmen Hustenanfall. 2. Kommen Sie dem Verkäufer immer näher. Wenn er sie anschaut, gehen Sie ein wenig zurück und sagen freundlich: 'Guten Tag.' 3. Tun Sie so, als würden Sie am Handy einen Anruf entgegennehmen. Sagen Sie: 'Ja, ich höre das Baby schreien. Ich werde hier sicher gleich bedient und komme dann sofort nach Hause.'"

Bedient ist ein gutes Stichwort. Ich bin von soviel...äh...kommunikativer Kompetenz auch ganz bedient.

Freitag, 10. Juni 2011

International!

Eine englische Kurzvariante meiner Rezi zu Twice Tempted by a Rogue von Tessa Dare ist gerade bei Smart Bitches, Trashy Books zu sehen!

Freitag, 3. Juni 2011

OMG mir laufen vor Lachen die Tränen aus den Augen!!

Achtung, hier kommt der geilste Link ever: Damn You Auto Correct

Ich frage mich, ob diese Dinge wirklich passieren, aber egal...selten so gelacht!

Natürlich habe ich den wieder mal bei Smart Bitches, Trashy Books gefunden.

Mittwoch, 1. Juni 2011

Die BLC 2011 in Oppenheim und ihre Folgen

In diesem Jahr habe ich mir wieder die Teilnahme an der BLC (Booklover Conference) gegönnt - eine gute Entscheidung, wie sich herausstellte, denn im nächsten Jahr wird es wohl keine mehr geben. Dieses Jahr fand sie in einem kleinen Dorf namens Oppenheim statt, das an einer Seite von Weinbergen und an der anderen vom Rhein begrenzt wird. Ein niedliches Örtchen, nur bin ich froh, daß ich da nicht wohnen muß. Für eine Großstadtbewohnerin wie mich wäre das wohl nichts!

Das Programm nahm seinen Anfang mit einer Stadtführung - die ich leider verpaßte, weil ich mich dem Charme der unzähligen und überaus langen Baustellen auf der A 45 nicht so schnell entziehen konnte. Anschließend folgte eine Weinprobe, und zu der war ich zum Glück rechtzeitig da. Es war eine dieser Weinproben, wo man den beprobten Wein auch tatsächlich trinken darf (und nicht wieder ausspucken muß). Hm, lecker! Besonders der Roséwein hat geschmeckt.

Es war sehr schön, einige Bekannte von der letzten BLC wiederzutreffen - vor allem die Mädels aus dem Romance-Forum mit ihrer jeweiligen Begleitung. So wurde es dann auch ein sehr netter Abend, der mit geheimnisvollen nächtlichen Aktivitäten in einer kleinen Seitenstraße endete.



Marina und ihr Freund Leo hatten nämlich Unmengen von tauschbaren Büchern aus Österreich mitgebracht, die dann gleich an Ort und Stelle begutachtet wurden.

Am nächsten Morgen wurde es dann schon zu sehr unchristlicher Zeit ernst: die Vorträge der BLC begannen um 9 Uhr! Kraß, oder? Ich bin sonst nie an Samstagen um 9 Uhr wach. An diesem Samstag war ich aber nicht nur wach, sondern auch gewaschen, angezogen und gefüttert und hatte den BLC-Bücherkrabbeltisch ebenso begutachtet wie ich geguckt hatte, was Julie vom Romance-Forum und Sylvie an Tauschbüchern mitgebracht hatten! Ich hatte nur diejenigen Bücher mitgebracht, die definitiv jemand von mir haben wollte, was vielleicht ein Fehler war...

Die Veranstaltung selbst ging mit einem Vortrag von Aveleen Avide (das ist eine Erotik-Autorin) los, in dem es darum ging, welche Möglichkeiten es für Autoren gibt, sich und ihre Werke im Internet bekannt zu machen. Es war sehr viel von Social Media wie Twitter und Facebook und anderen die Rede, aber ehrlich gesagt, war dieser Vortrag für mich nicht so furchtbar spannend, denn ich bin ja keine Autorin, und so ist es für mich nicht weiter schlimm, daß mich nicht die halbe Welt kennt. Wobei mich diese Facebook-Sache langsam ein bißchen nervt. Ich bin da nicht angemeldet, bekomme aber immer wieder mit, daß viele Firmen dort Werbung machen und eben auch Verlage und Autoren dort Neuigkeiten veröffentlichen und Gewinnspiele durchführen. Jetzt könnte man ja sagen: warum stellt Susi sich denn so doof an, sie kann sich doch einfach auch ein Facebook-Profil anlegen, ohne gleich ihre ganze Lebensgeschichte da zu veröffentlichen. Tja, ne - so einfach scheint das aber gar nicht zu sein, wie bereits Frau Katz und Paperback Writer festgestellt haben. (Bei Paperback Writer handelt es sich übrigens um die Autorin, der ich diese herbe Enttäuschung zu verdanken habe, aber ich mag ihr Blog trotzdem).

Weiter ging es mit einem Vortrag über die Buch-Community Lovelybooks. Lovelybooks ist für mich eine ganz interessante Sache, aber ich finde die Website ziemlich unübersichtlich. Deswegen hatte ich auch noch nie Bock drauf, mich näher damit zu befassen. Im Vortrag wurden die Möglichkeiten etwas näher beschrieben, die diese Website bietet und ich habe sie mir noch mal angeschaut. Ich finde sie immer noch unübersichtlich, also werde ich da wohl in absehbarer Zeit auch nicht aktiv werden. Die "Buchfrage"-Möglichkeit ist allerdings eine super Idee. Wenn in meinem Blog deutsche Bücher eine größere Rolle spielten, würde ich bestimmt dieses praktische Widget einbinden.

Anschließend folgte ein Vortrag über e-books. Da habe ich zum ersten Mal einen e-book reader aus relativer Nähe gesehen, es war wohl ein Sony-Reader (weiß aber nicht, um welche Variante es sich gehandelt hat). Cool! Der war ganz klein und dünn. Die junge Frau, die den Vortrag hielt, meinte, daß e-pub wohl das Format der Zukunft sei, und daß DRM (Digital Rights Management, eine offenbar sehr komplizierte Kopierschutzvorrichtung) über kurz oder lang abgeschafft würde. Interessant fand ich vor allem die Diskussion, warum e-books nicht wirklich billiger sind als gedruckte Bücher. Laut einhelliger Meinung der Fachleute macht das Papier und das Bedrucken desselbigen einerseits nur einen sehr geringen Anteil der Kosten eines gedruckten Buches aus, und andererseits sollen die EDV-Systeme bzw. die Software zum Herstellen von e-books sehr kostspielig sein, da man dafür unter anderem auch fortwährend Lizenzgebühren zahlen muß. Das sind schon Argumente, die ich nachvollziehen kann; aber bei den Papierbüchern spielen ja auch noch andere Dinge eine Rolle, wie z. B. Transport, Lagerhaltung, Versicherungen und ggf. alle laufenden Kosten, die das Betreiben einer Buchhandlung mit sich bringt. Dagegen müßten die e-books eigentlich billiger werden, je mehr davon verkauft werden, denn die Kosten der e-book Software werden dann ja auf immer mehr verkaufte Bücher verteilt. Ich bin mal gespannt, wie sich das entwickelt. Ich würde es den Verlagen durchaus zutrauen, daß sie ihre Preise auch bei sinkenden Kosten pro einzelnem Buch einfach beibehalten. Sie wissen schließlich, daß Leser immer lesen werden, weil sie ohne Bücher nicht können...

Nach der Mittagspause folgte ein Vortrag über Books on Demand, der für mich als Nicht-Autorin auch wieder nicht so spannend war. Als Leserin habe ich prinzipiell ein Problem mit Büchern, die nicht editiert, lektoriert oder sonstwie von irgendwem testgelesen wurden, der nicht Ehemann/-frau, Mutter oder bester Freund des Autoren oder der Autorin ist. Ich hätte nämlich Angst, daß das Buch dann vor Rechtschreibfehlern wimmelt oder gleich eine richtige Katastrophe dabei herauskommt. Und wenn ein Autor ein Buch selbst veröffentlicht, weiß man ja gar nicht, was vorher damit angestellt wurde, nicht wahr? Wenn das Buch über einen Verlag veröffentlicht wird, hätte ich allerdings kein Problem damit. Verlage haben schließlich einen Ruf zu verlieren...hoffe ich.

Bei dem Vortrag über die Aufteilung der PR-Arbeit zwischen Verlagen, Agenturen und Autoren muß ich wohl weggenickt sein, oder vielleicht konnte ich es kaum erwarten, in den frisch ertauschen bzw. "erkrabbelten" Büchern zu schmökern - jedenfalls kann ich mich so gut wie gar nicht dran erinnern.

Beim Vortrag von André Wiesler über die Grundlagen des komischen Schreibens war ich allerdings wieder ganz Ohr. Der Mann ist einfach ein großartiger Entertainer, und sein Vortrag war sehr amüsant. Ich finde ja immer noch, daß der Witz über den Falschparker mit Tourette-Syndrom genauso lustig war wie der mit Angela Merkel und den Schweinen...nur den mit René Descartes habe ich gar nicht erst verstanden. Bin halt nicht intellektuell, was soll man machen...und bei dem Thema, einfach so zum Spaß:



Zum Schluß der eigentlichen Veranstaltung kam noch eine Gesprächsrunde über die neuesten Buchtrends für 2012. Ich bin ja immer noch ein klein wenig irritiert darüber, daß Romantic Suspense hierzulande dank dem Lyx Verlag neuerdings als Romantic Thrill bezeichnet wird, aber wat willze machen, ne? Die Hauptbotschaft war: auch nächstes Jahr wird es noch Bücher geben, und das ist doch immerhin klasse!

Alles in allem waren die Vorträge der BLC in diesem Jahr eher auf die Bedürfnisse von Autoren bzw. werdenden Autoren abgestimmt, und das fand ich ein bißchen schade. Für mich als bloggende Leserin war gar nicht so viel dabei. Dafür war die Gesellschaft aber nett und das Rahmenprogramm stimmte auch - also hat die Teilnahme auf jeden Fall Spaß gemacht.

Zum Abschluß gab's noch ein gemeinsames Abendessen (und ich hoffe für die Kellnerinnen in diesem Restaurant, daß entweder die Küche in der 1. Etage ist oder es wenigstens einen Speisenaufzug gibt - sonst haben die sich an unserem Essen und den Getränken nämlich halb tot geschleppt, und obendrein sind wir auch noch so lange geblieben!) und am nächsten Morgen ein gemeinsames Frühstück.

Wenn es einen Preis für die bizarrste Idee des Jahres gäbe, würde ich ihn an eine BLC-Teilnehmerin verleihen, die offenbar berufstätig ist und gleichzeitig ein Buch schreiben will. Um für letzteres genug Zeit zu haben, hat sie sich vorgenommen, nur noch fünf- oder sechsmal am Tag 25 Minuten lang zu schlafen. Na ja, jedem Tierchen sein Plaisirchen und jedem Affen seine Banane - aber schon der Gedanke an diese grausame Art des Schlafentzugs macht mich ganz müde. Ich glaube, ich hau' mich jetzt erstmal aufs Ohr und mach' ein Nickerchen...

Eine Frage muß indessen wohl ungeklärt bleiben: warum statten Hotels ihre Badezimmer mit Wasserhähnen aus, die wie Ufos aussehen?



Und wollt ihr mal den Mega-Bücherstapel sehen, der seit Sonntag meinen SUB vervollständigt?


(Sorry wegen der schlechten Bilder. Meine Kamera hat vor kurzem den Geist aufgegeben und ich mußte sie mit dem Handy machen).

Lynn Viehl: Stay the Night

Chris Renshaw ist eine FBI-Agentin, die einen seit den 1940er Jahren aktiven Meisterdieb fangen will. Als Köder dient ein unermeßlich wertvolles mittelalterliches Manuskript. Robin of Locksley (dem gemeinen Fernseh- und Kinokonsumenten auch bekannt als Robin Hood) ist eben jener Meisterdieb - und in Wirklichkeit ein Vampir, der schon viele hundert Jahre alt ist. Daß die beiden einen One Night-Stand haben, ist nur der Anfang ihrer Probleme, denn wenig später klaut jemand anderes das Manuskript, und eine fiese Vampir-Gräfin droht, Chris' FBI-Partner zu töten, wenn man es ihr nicht aushändigt. Notgedrungen machen sich Robin und Chris auf die Socken, um das Manuskript zu finden und Chris' Partner zu retten...

Au weia. Dieses Buch ist eine Enttäuschung auf ganzer Linie. Wirklich ganz und gar mißlungen. Und was hätte die Autorin nicht alles daraus machen können! Da ist zunächst der Charakter von Robin of Locksley. Jeder, der schon mal einen Robin Hood-Film gesehen hat, hat sicherlich gewisse Erwartungen an diese Figur. Ein gewisses Charisma. Esprit. Charme. Gewitztheit und Pfiffigkeit. Was davon in diesem Buch übrigbleibt, ist ein eher langweiliger Typ mit violetten Augen, der da und dort mal mit einem Bogen schießt und viele Topfpflanzen in seinem Apartment hat. Gähn.

Die Liebesgeschichte um Chris und Robin ist noch nicht mal gut genug ausgeschmückt, um einen dieser "Liebe ist..."-Comics auszufüllen. Ich habe überhaupt keine Ahnung, was er an ihr oder sie an ihm findet (außer, daß er einen gesunden Schlaf hat, wenn sie neben ihm liegt. Das ist doch mal 'ne solide Basis für 'ne Beziehung). Die beiden treffen sich in einer Bar, haben Sex, er entführt sie und 50 bis 100 Seiten später gestehen sie sich gegenseitig ihre Liebe. WTF? Ich würde ein Vampirbuch ohne Liebesgeschichte lesen, oder auch einen Liebesroman ohne Vampire; das hier ist weder das eine noch das andere und ich hätte sehr gut darauf verzichten können.

Die Handlung um die Suche nach dem Manuskript wird auch eher kurz abgehandelt und ist dadurch nicht ganz so aufregend wie die Frage, ob morgen früh der Stau auf der A 42 oder der auf der A 2 länger ist.  (Ist mir im Augenblick aber beides wurscht, weil ich Urlaub habe).  Aber mal ehrlich, warum macht man sich die Mühe, so eine Handlung ins Buch einzufügen, wenn man die dann noch nicht mal ein kleines bißchen spannend macht? Das Buch heißt schließlich nicht "Bis(s) zum Einschlafen" oder so - da wäre ein wenig Action durchaus willkommen.

Die Handlung um meine Lieblings-Vampirheldin Alex Keller, ihren eher blaß bleibenden Lover Michael und die Vampir-UNO, die sich diesmal bei Geoffrey Chaucer  in London trifft (der offenbar gerne bei IKEA einkauft), geht natürlich auch weiter, ist aber ebenfalls nichts halbes und nichts ganzes.

Insgesamt hätte dieses Buch wohl ganz interessant werden können, wenn es gute 300 Seiten länger wäre: denn dann hätte die Autorin allen Handlungselementen die Aufmerksamkeit schenken können, die sie bräuchten, um ein wenig interessant zu werden. So hatte ich die ganze Zeit den Eindruck, daß ich das schriftliche Gegenstück zu einer DVD lese, die man mit gedrückter "fast forward"-Taste anschaut. Mit Ausnahme der größteils langen und ausgiebigen, aber nicht besonders faszinierenden Sexszenen. Das war eine ganz eigenartige Sache. Ich will ja nicht undankbar sein und ich weiß es auch durchaus zu schätzen, daß diesmal nicht in Geschlechtsteile gebissen und Blut gesaugt wird. Aber es gab wirklich mehr Sexszenen als Handlung, als wäre das Buch eine sehr lange Bewerbungsunterlage einer Autorin, die furchtbar gern mal für Elloras Cave schreiben will. Na ja, vielleicht ist es das ja auch? Egal. Mich hat's jedenfalls eher genervt. Ärztin kommt erschöpft und ermattet von der Arbeit? Yeah, laß es uns treiben, Baby. Frau wurde tiefgekühlt und gerade noch rechtzeitig wieder aufgetaut, bevor sie draufging? Ist doch klar, was sie als erstes will. 'Ne schwule Sexszene, die nichts, aber auch wirklich überhaupt gar nichts mit der restlichen Handlung zu tun hat? Yup, immer her damit!

Gegen alles andere, was mich an Stay the Night gestört hat, fällt es fast gar nicht auf, daß die Autorin offenbar ihren Taschenrechner verlegt hatte, als sie das Buch schrieb. Chris mutmaßt nämlich, daß ihr Meisterdieb mindestens 70 Jahre alt sein müsse, wenn er in den 1940er Jahren in Erscheinung trat. Das Buch ist 2009 erscheinen, das hieße also, daß der Meisterdieb Jahrgang 1939 wäre. Dann hätte er in den 40er Jahren allerdings außer vielleicht mal einer Packung Kaugummi am Kiosk noch nicht viel geklaut.

Stay the Night war wirklich eine herbe Enttäuschung und ich finde es jammerschade, daß eine teilweise großartige und exzellente Serie wie diese einen so schlechten Abschluß hat.