Chris Renshaw ist eine FBI-Agentin, die einen seit den 1940er Jahren aktiven Meisterdieb fangen will. Als Köder dient ein unermeßlich wertvolles mittelalterliches Manuskript. Robin of Locksley (dem gemeinen Fernseh- und Kinokonsumenten auch bekannt als Robin Hood) ist eben jener Meisterdieb - und in Wirklichkeit ein Vampir, der schon viele hundert Jahre alt ist. Daß die beiden einen One Night-Stand haben, ist nur der Anfang ihrer Probleme, denn wenig später klaut jemand anderes das Manuskript, und eine fiese Vampir-Gräfin droht, Chris' FBI-Partner zu töten, wenn man es ihr nicht aushändigt. Notgedrungen machen sich Robin und Chris auf die Socken, um das Manuskript zu finden und Chris' Partner zu retten...
Au weia. Dieses Buch ist eine Enttäuschung auf ganzer Linie. Wirklich ganz und gar mißlungen. Und was hätte die Autorin nicht alles daraus machen können! Da ist zunächst der Charakter von Robin of Locksley. Jeder, der schon mal einen Robin Hood-Film gesehen hat, hat sicherlich gewisse Erwartungen an diese Figur. Ein gewisses Charisma. Esprit. Charme. Gewitztheit und Pfiffigkeit. Was davon in diesem Buch übrigbleibt, ist ein eher langweiliger Typ mit violetten Augen, der da und dort mal mit einem Bogen schießt und viele Topfpflanzen in seinem Apartment hat. Gähn.
Die Liebesgeschichte um Chris und Robin ist noch nicht mal gut genug ausgeschmückt, um einen dieser "Liebe ist..."-Comics auszufüllen. Ich habe überhaupt keine Ahnung, was er an ihr oder sie an ihm findet (außer, daß er einen gesunden Schlaf hat, wenn sie neben ihm liegt. Das ist doch mal 'ne solide Basis für 'ne Beziehung). Die beiden treffen sich in einer Bar, haben Sex, er entführt sie und 50 bis 100 Seiten später gestehen sie sich gegenseitig ihre Liebe. WTF? Ich würde ein Vampirbuch ohne Liebesgeschichte lesen, oder auch einen Liebesroman ohne Vampire; das hier ist weder das eine noch das andere und ich hätte sehr gut darauf verzichten können.
Die Handlung um die Suche nach dem Manuskript wird auch eher kurz abgehandelt und ist dadurch nicht ganz so aufregend wie die Frage, ob morgen früh der Stau auf der A 42 oder der auf der A 2 länger ist. (Ist mir im Augenblick aber beides wurscht, weil ich Urlaub habe). Aber mal ehrlich, warum macht man sich die Mühe, so eine Handlung ins Buch einzufügen, wenn man die dann noch nicht mal ein kleines bißchen spannend macht? Das Buch heißt schließlich nicht "Bis(s) zum Einschlafen" oder so - da wäre ein wenig Action durchaus willkommen.
Die Handlung um meine Lieblings-Vampirheldin Alex Keller, ihren eher blaß bleibenden Lover Michael und die Vampir-UNO, die sich diesmal bei Geoffrey Chaucer in London trifft (der offenbar gerne bei IKEA einkauft), geht natürlich auch weiter, ist aber ebenfalls nichts halbes und nichts ganzes.
Insgesamt hätte dieses Buch wohl ganz interessant werden können, wenn es gute 300 Seiten länger wäre: denn dann hätte die Autorin allen Handlungselementen die Aufmerksamkeit schenken können, die sie bräuchten, um ein wenig interessant zu werden. So hatte ich die ganze Zeit den Eindruck, daß ich das schriftliche Gegenstück zu einer DVD lese, die man mit gedrückter "fast forward"-Taste anschaut. Mit Ausnahme der größteils langen und ausgiebigen, aber nicht besonders faszinierenden Sexszenen. Das war eine ganz eigenartige Sache. Ich will ja nicht undankbar sein und ich weiß es auch durchaus zu schätzen, daß diesmal nicht in Geschlechtsteile gebissen und Blut gesaugt wird. Aber es gab wirklich mehr Sexszenen als Handlung, als wäre das Buch eine sehr lange Bewerbungsunterlage einer Autorin, die furchtbar gern mal für Elloras Cave schreiben will. Na ja, vielleicht ist es das ja auch? Egal. Mich hat's jedenfalls eher genervt. Ärztin kommt erschöpft und ermattet von der Arbeit? Yeah, laß es uns treiben, Baby. Frau wurde tiefgekühlt und gerade noch rechtzeitig wieder aufgetaut, bevor sie draufging? Ist doch klar, was sie als erstes will. 'Ne schwule Sexszene, die nichts, aber auch wirklich überhaupt gar nichts mit der restlichen Handlung zu tun hat? Yup, immer her damit!
Gegen alles andere, was mich an Stay the Night gestört hat, fällt es fast gar nicht auf, daß die Autorin offenbar ihren Taschenrechner verlegt hatte, als sie das Buch schrieb. Chris mutmaßt nämlich, daß ihr Meisterdieb mindestens 70 Jahre alt sein müsse, wenn er in den 1940er Jahren in Erscheinung trat. Das Buch ist 2009 erscheinen, das hieße also, daß der Meisterdieb Jahrgang 1939 wäre. Dann hätte er in den 40er Jahren allerdings außer vielleicht mal einer Packung Kaugummi am Kiosk noch nicht viel geklaut.
Stay the Night war wirklich eine herbe Enttäuschung und ich finde es jammerschade, daß eine teilweise großartige und exzellente Serie wie diese einen so schlechten Abschluß hat.
Auch wenn das Buch für dich eine riesige Enttäuschung war, so bin ich überaus froh, dass du es gelesen hast! Denn ich habe mich gerade wunderbar amüsiert und beginne so den Tag mit einem Grinsen im Gesicht. Dankeschön! :)
AntwortenLöschenNa dann hattest du ja schon mehr Spaß an dem Buch als ich ;-) Und nachdem du uns wochenlang mit dem Kavanagh-Buch erfreut hast, hast du es auch redlich verdient :-))
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