Dienstag, 11. August 2009

Gaelen Foley: Lord of Ice

Damien Knight ist ein britischer, durch den Krieg gegen Napoleon schwer traumatisierter ehemaliger Soldat, der vor kurzem zum Earl of Winterley ernannt wurde. Von einem Freund und Armeekollegen "erbt" er ein Mündel, Miranda FitzHubert. Miranda ist die uneheliche Tochter eines Adligen und einer Schauspielerin und Damien geht davon aus, daß sie ein kleines Mädchen ist, für das er nur eine gute Schule für höhere Töchter finden muß. Stattdessen ist sie jedoch eine junge Frau im heiratsfähigen Alter und Damien steht vor der Aufgabe, einen Ehemann für sie zu finden - obwohl er eigentlich viel lieber selbst ihr Geliebter wäre...
Ich mag dieses Buch. Ich habe mich gut amüsiert beim Lesen. Aber ich finde schon, daß die Autorin sich bei der Recherche ein bißchen mehr Mühe hätte geben können. Die Personen sind wie Amerikaner, die sich in historische Kostüme gezwängt haben, aber immer noch wie Amerikaner des 21. Jahrhunderts reden - und sich auch so verhalten. Dann tauchen Kleinigkeiten auf wie die Tatsache, daß man zu Weihnachten "Stille Nacht, heilige Nacht" singt - obwohl das Buch 1814/15 spielt und es das Lied da noch gar nicht gab. Das wußte ich vorher übrigens auch nicht, aber ich habe es spaßeshalber auf Wikipedia nachgesehen; das hat mich ca. eine Minute meiner knapp bemessenen Zeit gekostet. Gaelen Foley hätte vielleicht sogar 5 Minuten gebraucht, denn das Buch wurde 2002 veröffentlicht, und da waren die Internetverbindungen wohl noch ein wenig langsamer.
Und dann ist da noch die Sache mit dem Eis. Miranda (schöner Name, übrigens) sagt während eines Balls, daß sie sich einen Knöchel verrenkt hat, um Damien aus dem Ballsaal zu locken. Er fragt sie daraufhin, ob er ihr etwas Eis besorgen soll. Also, zum Kühlen, nicht eine Kugel Vanille und eine Kugel Stracciatella in einem Waffelhörnchen. Und da ist sie wieder: die Besessenheit von Amerikanern mit Eiswürfeln. Das ist eine ganz kuriose Sache. Ich habe festgestellt, daß, wenn man sich in den USA eine Cola bestellt, man ein Glas voller Eiswürfel bekommt. Mit einem Löffelchen voll Cola drin. Und natürlich gibt es in jedem Motel auf den Gängen zwischen den Räumen Eisautomaten, und in jedem Raum ein Eimerchen, damit man sich darin Eis holen kann. So weit, so gut; aber die Vermutung, daß selbst ein wohlhabender Haushalt im Jahr 1814 Eiswürfel in Hülle und Fülle gehabt haben könnte, finde ich schon extrem gewagt. Warum also hat Frau Foley ihren Helden nicht einfach fragen lassen, ob er seiner Miranda ein bißchen Schnee von draußen holen soll? (Nein, die Antwort ist nicht: weil die Szene im Juli spielt. Die Ballszene spielt schon im Winter).
Aber nachdem ich jetzt ein wenig genörgelt habe muß ich doch sagen, daß das Buch sympathische Charaktere hat - obwohl der Held ein ziemlich schwieriger Mensch ist. Aber er hat wirklich einige schlimme Dinge erlebt, und da ist wohl niemand so ganz pflegeleicht. Und ich mag auch Miranda; Sie bietet Damien die Stirn, weiß, was sie will, und verhält sich nur sehr selten dumm. In anderen Worten: ich habe mir direkt noch ein weiteres Buch der Autorin bestellt. Ich kann über eine gewaltige Menge von Unwahrscheinlichkeiten hinwegsehen, wenn ein Buch sympathische Charaktere, eine spannende Handlung und einen guten Schreibstil bietet. Und das trifft auf "Lord of Ice" auf jeden Fall zu.

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