Während nahezu jeder Bücherfreund, der auf sich hält, an diesem Wochenende zur Frankfurter Buchmesse geht, habe ich heute so aufregende Dinge getan wie Staubsaugen, den Fußboden wischen und das Badezimmer putzen. Dafür habe ich aber jetzt die Gelegenheit, wieder einmal mitten in der Nacht ein paar Worte in meinem Blog zu hinterlassen. Übrigens, aber das nur nebenbei, stehe ich Buchmesse-Besuchern seit einigen Jahren ein wenig mißtrauisch gegenüber. Wahrscheinlich völlig zu Unrecht, aber die Volkshochschule Dortmund hat mal eine Busfahrt zur Buchmesse organisiert und ich bin mitgefahren. Nun, die Mitfahrer in diesem Bus waren eine Menge Leute, die höchstwahrscheinlich intellektuell waren (längsgestreifte Hosen, Wollsocken, Birkenstockschuhe und filzige Haare sind ein nahezu untrügliches Zeichen dafür), jedenfalls mehr als ich. Das äußerte sich vor allem dadurch, daß sie uncoole Kleidung trugen und humorlos waren. Mit uncooler Kleidung habe ich kein Problem, ich kleide mich ja auch nicht nach der neuesten Mode - aber den Riesenaufriß, weil ich auf dem Rückweg etwas zu spät zum Bus kam, hätten sie sich schenken können. War ja nicht meine Schuld, daß der Busfahrer nicht gesagt hat wo er parkt, als er uns absetzte - so mußte ich über sämtliche Parkplätze in der Umgebung trotten, und das, obwohl mir die Füße sowieso schon wehtaten. Aber egal, zurück zu den Piraten:
...äh, halt. Moment. Ich sollte wohl noch vor Spoilern warnen. Achtung, mögliche Spoiler!
Also, im Prolog wird das Schiff von Samanthas (das ist die Heldin) Eltern von Piraten überfallen, die alle niedermetzeln, die sich ihnen in den Weg stellen. Ein böses Schicksal, und Samantha wird im letzten Moment von einem Angestellten ihrer Eltern gerettet, indem er sie über Bord wirft. Daß mit dem Buch etwas nicht stimmt, fiel mir schon auf Seite drei auf, denn während die Piraten so vor sich hinmeucheln, sorgt sich Samantha - zu recht - um die Sicherheit ihrer kleinen Schwester:
"Her sister was so young, barely twelve, with long blond ringlets, innocent eyes the color of a mountain stream, cheeks that dimpled when she laughed."Hört sich ein bißchen nach Miss Piggy an, aber was soll denn diese blumige Beschreibung an dieser Stelle? Ich würde mein nächstes Gehalt darauf verwetten, daß z. B. meine Freundin H., wenn ich sie nach der Augenfarbe ihrer Schwester fragen würde, eher mit "blau" als mit "so wie ein fröhlich plätscherndes Gebirgsbächlein" antworten würde.
Nun, fünf Jahre später ist Samantha in den Besitz eines Schiffs gelangt und will sich am Mörder ihrer Familie rächen. Luke Bradley, ein weiterer Pirat, soll ihr helfen, ihn zu finden, aber sie muß ihn zuerst aus dem Gefängnis befreien. Lukes Erscheinung, die wohl jede Frau dazu bringen könnte, sich ihm mit den Worten "nimm mich jetzt!" an den Hals zu werfen, hatte ich ja bereits beschrieben. Nach einigem Hin und Her willigt Luke ein, mit Samantha den Knast zu verlassen, und da sie mit Hilfe einer List schon alles vorbereitet hat, um die Gefängniswärter abzulenken, kann's auch direkt losgehen. Kaum haben die beiden die Straße betreten, zeigt Luke schon, was in ihm steckt.
Oder besser gesagt, was nicht in ihm steckt. Nämlich ein großer Denker. Der gute Mann hat nämlich nichts besseres zu tun als Samantha erstmal durch die Stadt zu tragen. Genau: tragen. Auf seinen Armen. Weil sie ja alle Zeit der Welt für Sightseeing und Fummeleien haben.
"Ignoring her muttered protests, Luke wove through the confusion, her slight weight allowing him to keep a steady pace. However, he couldn't see down so well, and more than once he stepped into something soft that squished beneath his boots. Perfect. He had a beautiful wench in his arms, he was escaping the gallows, and his boots were now covered in shit."Sehr clever, Luke.
Spätestens jetzt hätte Samantha merken müssen, daß in Lukes Oberstübchen etwas nicht stimmt, aber sie nimmt ihn trotzdem mit auf ihr Schiff. Allerdings weiß er noch nicht, daß sie selbst der berühmte Pirat Sam Steele ist. So macht der gute Luke erstmal einige der Seeleute auf dem Schiff blöd an, bevor er in Samanthas Kapitänskajüte geht und sich in der Disziplin "sexuelle Belästigung" übt. Wenig später drückt ihm Samantha sogenannte "articles" in die Hand. Nun ist ja Englisch nicht meine Muttersprache, und bei dem Wort "articles" erschien erstmal ein riesiges Fragezeichen über meinem Kopf. Ich dachte direkt an Zeitungsartikel, aber es stellte sich recht schnell heraus, daß es sich um eine Art Vertrag handelt, den Samantha mit Luke abschließen will.
Allerdings hat Luke ein massives Problem mit Paragraph 5 des Vertrages. Offenbar hat er sich gerade in den Volkshochschulkurs "Alkoholiker werden leicht gemacht" eingeschrieben, und deshalb kann er ganz und gar nicht damit konform gehen, daß Samantha an Bord ihres Schiffes kein Besäufnis erlauben will.
Tatsächlich muß sie versprechen, ihm ihr Schiff zu überlassen, damit er diesen geradezu unmöglichen Vertragsbedingungen zustimmt.
Dies war die Stelle, an der ich das Buch zum ersten Mal weggelegt habe, doch die Frage, ob es noch schlimmer kommen kann, läßt mir keine Ruhe. Daher werde ich tapfer und unverzagt weiter in diesem grauenhaften Buch lesen!