Wieder ein Regency-Roman: Grace Belmont ist als Debütantin in London, obwohl sie eigentlich schon so gut wie verlobt mit einem Nachbarn ihres Vaters ist. Begleitet wird sie von ihrer verwitweten Tante Lady Kate Oxbury. Leider verliebt sich Grace ausgerechnet in David Wilton, Baron Dawson, den ihr Vater aufgrund einer tragischen Geschichte in der Vergangenheit niemals als Schwiedersohn akzeptieren würde. Unterdessen erneuert Kate ihre Bekanntschaft mit Davids Onkel Alex Wilton, in den sie vor ihrer Ehe unsterblich verliebt war...
So weit so gut: das ganze hört sich zwar nicht weltbewegend und innovativ an, aber doch nach ein paar Stunden leichter, angenehmer Unterhaltung. Die wird aber leider nicht geboten.
Ich vermute, daß die Autorin ein Problem hatte: die Handlung des Buches reicht gerade mal für vielleicht 50 Seiten - wenn man eine relativ große Schrift wählt. Also brauchte sie so etwas wie literarisches Füllmaterial. Dieses literarische Füllmaterial besteht leider daraus, daß die vier Protagonisten sich seitenlang immer dieselben Gedanken durch den Kopf gehen lassen. Das geht in etwa so:
Grace: Oh mein Gott, dieser David ist sowas von süüüß!!! Aber ich soll doch den John heiraten, der mich immer mit Geschichten über seine Rosenzucht langweilt. Aber David ist so süüüß!!!
David: Diese Grace ist so scharf! Ich muß sie haben! Ich will sie heiraten! Ich muß mich hinter einer Topfpflanze verstecken, weil sonst jeder sieht, daß ich einen Ständer bekomme!
Kate: Da ist Alex! Ich steh auf ihn! Aber will er noch was von mir? Will ich was von ihm? Was will ich überhaupt?
Alex: Geil, da ist Kate! Aber will sie noch was von mir? Was will ich von ihr? Ich muß mich hinter einer Topfpflanze verstecken, weil...usw. usw. usw.
So geht das in einem fort. Wirklich. Die Anfangsszene des Buches spielt auf einem Ball, wo man sich sieht und sich die beschriebenen Gedanken durch den Kopf gehen läßt. Es wird getanzt und man schleicht sich für ein paar heimliche Küsse in den Garten, und die Beschreibung des Balls nimmt insgesamt 66 Seiten in Anspruch.
Da ist die Nacht aber noch jung und geht weiter. Unsere wackere Kate hat ihren Alex nämlich zu einem nächtlichen Rendezvous in ihrem Schlafzimmer eingeladen, natürlich nicht, ohne daß beide sich vorher Seiten... und Seiten...und seitenlang darüber Gedanken gemacht haben, was die Menschheit im Allgemeinen und die jeweils andere Person im Besonderen deswegen von ihnen denken wird.
Alex geht also bei Kate fensterln, während Grace nebenan ihren Rausch ausschläft. Auf Seite 110 - wie gesagt, immer noch am selben Abend, an dem das Buch anfing - kommt er in Kates Zimmer an. Sie denken wieder ein paar Seiten lang interessante Gedanken, quatschen ein bißchen, und auf Seite 114 fangen sie mit dem Vorspiel an. Das geht bis Seite 126, bevor es dann auf Seite 127 endlich zum Akt kommt, der übrigens selbst nur einen Absatz in Anspruch nimmt.
An dieser Stelle habe ich entnervt aufgegeben. Ich sag ja immer, daß die Leute mehr denken sollen, und dabei bleibe ich auch. Nur so können Sendungen wie "Ich bin ein Star, holt mich hier raus" (aka Die Dschungel-Vollidioten) und Wahlerfolge für die Linken verhindert werden. Aber wenn ich an den Gedanken von Romanfiguren teilhaben soll, dann ist es ja wohl nicht zuviel verlangt, daß diese Gedanken irgendeinen Sinn ergeben und sich nicht einfach nur seitenlang wiederholen, obwohl sie schon von Anfang an ziemlich langweilig und uninteressant waren.
Mir reicht's, und Frau MacKenzie kann sich bei mir noch mal melden, wenn sie ein Buch mit einer Handlung geschrieben hat.
*rofl*
AntwortenLöschenKennst du die anderen MacKenzie-Bücher und falls ja: Sind die genauso schlecht? Ich hab "The Naked Duke" gelesen - den fand ich net dolle, aber auch nicht so schlimm. "The Naked Marquis" und "The Naked Lord" sollen ja (angeblich) total toll sein!
Falls du den nackten Baron abgeben willst, ich wär interessiert! :)