Bella Swan ist eine 17jährige Amerikanerin, die zu ihrem Vater in ein kleines, regnerisches Dorf im Bundesstaat Washington zieht und dort zur Schule geht. Sie verliebt sich in einen Jungen namens Edward, der, wie sich herausstellt, ein Vampir ist.
Okay, das ist eine ziemlich kurze Zusammenfassung für ein Buch von über 500 Seiten, aber es passiert auch so gut wie nichts - und wenn doch, dann kneifen Bella und ihre Erfinderin, und die gute Bella wird bewußtlos. Offenbar haben Mormonen nicht nur Probleme mit Sex- sondern auch mit Actionszenen.
Vorsichtshalber sollte ich wohl noch eine Spoilerwarnung von mir geben, bevor ich richtig loslege.
Achtung, Spoiler voraus!
Das Buch habe ich nur wegen der "Ich bilde mich weiter"-Challenge gelesen, denn dazu gehört ja ein Jugendbuch. Bei diesem Buch wäre die Bezeichnung "Ich quäle mich weiter"-Challenge aber durchaus passender gewesen, denn ich fand es einfach entsetzlich.
Zunächst mal hat die Geschichte Löcher in der Logik, die so groß sind wie Mondkrater. Edward wurde 1918 in einen Vampir verwandelt, da war er 17. Er ist also 109 Jahre alt. Nun ist er natürlich immer noch so strahlend schön, oder sogar noch schöner, wie zu Lebzeiten - aber warum hat er sich intellektuell und emotional seitdem kein bißchen weiterentwickelt?
Edward und seine Vampir-"Geschwister" gehen zur gleichen Schule wie Bella. Nur daß sie eben manchmal nach Belieben einfach nicht hingehen. Zum Sportunterricht gehen sie schon aus Prinzip nicht (damit man ihre übermenschlichen Kräfte nicht bemerkt?) und wenn im Biounterricht mal in Finger gestochen wird und der eine oder andere Blutstropfen zu fließen droht, wird auch da geschwänzt. In welcher Schule dürfen denn bitte die Schüler kommen und gehen wie sie wollen? Ist das 'ne Waldorfschule?
Und warum gehen sie überhaupt zur Schule? In den letzten hundert Jahren dürften sie doch wohl reichlich Gelegenheit gehabt haben, den kompletten Lehrplan amerikanischer Highschools ad nauseam durchzukauen?
Bella selbst ist ziemlich seltsam. Nach eigener Aussage war sie an ihrer früheren Schule in Arizona ein Mauerblümchen und wurde von ihren Mitschülern meistens links liegengelassen. Kaum in ihrer neuen Heimat Forks angekommen, reißen sich gleichaltrige Mädchen um sie, um sich mit ihr anzufreunden, und mindestens drei Jungen wollen mit ihr ausgehen. Und sie ignoriert sie alle, so gut sie nur kann! Kein Interesse, keine Begeisterung, kein toll, hier könnte ich echte Freunde finden - stattdessen gibt von Bella selten etwas anderes zu hören als: ich hab jetzt keine Zeit, ich muß noch Hausaufgaben machen, hm, jaja, oohh, Edward ist so schön, doch warum ist er so grimmig zu mir?
Und das bringt mich zu der nächsten Sache, die mich stört: ich habe nicht die leiseste Ahnung, was Bella und Edward aneinander finden, außer daß Bella gut riecht und Edward wunderschön ist, in der Sonne glitzert und lavendelfarbene Augenlider hat. Ihre Dialoge sind einfach nur anstrengend. Zuerst streiten sie sich, dann fragen sie sich gegenseitig aus, und gegen Ende des Buches haben sie sich überhaupt nichts mehr mitzuteilen, außer, daß sie einander lieben.
Edward ist furchtbar launisch, oh weia, würde mir dieser Typ im echten Leben auf den Wecker gehen. Er ist abwechselnd liebevoll und total schroff und abweisend zu Bella - außerdem ist er ein Stalker, denn er verbringt - anfangs ohne ihr Wissen - jede Nacht in ihrem Schlafzimmer.
Nicht was ihr jetzt denkt. Pfui! Dies ist eine sehr, sehr saubere Fantasiewelt, in der verliebte 17jährige Vampire bei ihrer ebenfalls 17jährigen Angebeteten fensterln, nur um ihr beim Schlafen zuzugucken. Und selbst, nachdem Bella von dieser Angewohnheit erfährt, ohne sich mehr als gefühlte 2 Sekunden lang darüber zu wundern (genaugenommen fühlt sie sich geschmeichelt), passiert nichts spannenderes als daß Bella duscht und sich in einer gammeligen Jogginghose zur Ruhe bettet.
Tatsächlich passiert in den ersten drei Vierteln des Buchs überhaupt eine enorme Menge nichts: Edward ist mürrisch. Edward liebt Bella. Aber er muß sich von ihr fernhalten, weil er sie nicht nur in romantischer, sondern auch in kulinarischer Hinsicht appetitlich findet. Deshalb ist Edward mürrisch. Dann wieder nett. Dann wieder mürrisch. etc. etc. etc.
Bella liebt Edward. Weil er so schöne Augen hat und in der Sonne glitzert und lavendelfarbene Augenlider hat. Oder, um es in ihren Worten zu sagen:
"Es erschien mir undenkbar, daß ein Engel mehr Herrlichkeit ausstrahlen konnte. Es gab nichts an ihm, was verbesserungswürdig war."
Würg.
Plötzlich, im letzten Viertel es Buches, taucht ein schwacher Hauch von Handlung auf, denn ein gefräßiger Vampir hat es sich in den Kopf gesetzt, ausgerechnet Bellas Blut zu trinken. Edward und seine Familie wollen sie retten, doch wie jede TSTL-Heldin, die diese Bezeichnung verdient, begibt Bella sich freiwillig in die Hände des grausen Bösewichts.
Action, denke ich mir und reibe mir sozusagen voller Vorfreude die Hände.
Fehlanzeige.
Denn an dieser Stelle macht Stephenie Meyer das, was kein Autor jemals machen sollte: sie läßt den Höhepunkt der Handlung ohne ihre Protagonistin und damit ohne den Leser stattfinden. Der blutrünstige Vampir macht sich über Bella her, und gerade, als es spannend wird, wird diese ohnmächtig und wacht erst im Krankenhaus wieder auf, um mit ihrem Edward weitere gefühlte 700 Liebesbekenntnisse auszutauschen!
Das hat mir das Buch dann endgültig vermiest. Was zum Teufel soll das? Ich will Action! Ich will dabeisein, wenn etwas aufregendes passiert! Man kann über Laurell K. Hamiltons Anita Blake-Bücher ja sagen, was man will, und ich selbst lese sie schon seit Jahren nicht mehr - aber die Frau hat es drauf, Gemetzel zu beschreiben. Da sollte Stephenie Meyer mal nachlesen, wie so etwas geht.
Das Buch endet damit, daß Bella Edward bedrängt, sie zum Vampir zu machen, und zwar weil sie findet, daß ein Mann und eine Frau einander ebenbürtig sein sollten. Sehr fortschrittlich, Bella. Und wer würde nicht für alle Ewigkeit 17 sein wollen, inklusive Akne und, wie ich aus diesem Buch gelernt habe, permanentem Schulbesuch.
Ich habe immer noch keine Ahnung, warum dieses Buch so einen Hype ausgelöst hat. Vielleicht muß man ja 17 sein, um das zu verstehen, und ich bin immerhin schon mehr als 2 x 17.
Danke, Susi!
AntwortenLöschenEndlich weiß ich auch worum´s geht und dass ich nichts versäumt habe. Denn auch ich gehöre zu jenen, die die Biss-Bücher nie gelesen haben (und auch die Filme nicht gesehen). Und das liegt nicht dran, dass ich im Koma oder in der Wüste Gobi war, sondern wohl eher dran, dass ich auch schon mehr als 2x17 bin. Jedoch habe ich mich immer gefragt, warum es so einen Hype wegen dieser Bücher gibt. Die Frage stellt sich mir zwar immer noch, aber ich bin froh, dass ich bei keiner Challenge mitmache, wo die Lektüre von sowas von mir verlangt wird *gg*
LG, Evi
Ich weiß gar nicht, ob es klug ist, sich jetzt hier zu outen *g*, aber ich muss bekennen: Mir hat der erste Band der Twilight-Serie wirklich gut gefallen. Ich fand damals (trotz 2x17), dass das ne schöne Liebesgeschichte ist, und das Vampirthema war seinerzeit auch noch neu und was besonderes – von Ward und Co. war 2006 (zumindest in Deutschland) noch nichts zu sehen. Wenn ich heute meine erste Begegnung mit diesem Buch hätte, würde ich das aber vielleicht auch anders sehen, keine Ahnung …
AntwortenLöschenHihi, ich gehöre zu den Leuten, die das Buch die ersten - gefühlten 1500 - Seiten ganz schrecklich fanden. Mein armer Mann durfte sich einen ganzen Tag lang vom Nachbarsofa mein Geschimpfe anhören und ich weiß nicht, wie oft ich das Buch in die Ecke geworfen haben mit dem Aufschrei "Ja, ich habe es kapiert! Edward ist schön!".
AntwortenLöschenAber auf irgendeiner seltsamen teeniehaft-romantischen kann ich auch nachvollziehen, was diese Begeisterung für die Bücher auslöst. Und für das Zielpublikum sind sie nicht perfekt geschrieben, sondern passten auch genau in eine damalige Marktlücke - irgendwie bewundernswert. ;)
Vielleicht hätte mir das Buch ja wirklich besser gefallen als ich 17 war - Aber von allem anderen abgesehen, was ich schon erwähnt habe, fand ich auch weder Edward noch Bella besonders charmant oder sympathisch. Na ja, wenn's wenigstens ein paar junge Menschen ans Lesen gebracht hat, ist das Buch immerhin zu etwas gut. Ich habe z. B. einmal eine 16jährige kennengelernt (fällt mir wegen des ähnlichen Hypes um die Bücher ein), die sagte: Lesen ist mein Hobby, seit ich das erste Harry Potter-Buch gelesen habe. Davor hätte ich nie freiwillig ein Buch angerührt.
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