Beim Stöbern in verschiedenen Blogs (dank Irinas umfassender Linkliste in ihrem Blog Bücher über alles) bin ich auf die Website Buchbestattung gestoßen und habe dort diesen interessanten Eintrag gefunden.
Da geht es um die Frage, ob das Lesen von Trivialliteratur oder Schund entschuldbar ist. Die Blogautorin meint eindeutig: nein, ist es nicht. Zumindest nicht für sie selbst.
Ich habe das zur Kenntnis genommen und die Website verlassen. Mir persönlich kommt außer Trivialliteratur nichts ins Haus, denn ich lese ausschließlich um unterhalten zu werden, und dieser sogenannte Schund unterhält mich eben am besten; aber jedem Tierchen sein Pläsierchen (Plaisirchen?), und irgendwer muß ja auch die Bücher von Literatur-Nobelpreisträgern kaufen.
Der Blogeintrag auf der Buchbestattung ist übrigens auf eine Reaktion auf einen Artikel aus dem hervorgeht, daß echte Literatur den Hunger nach Selbsterkenntnis stillt. Ich persönlich habe ja immer gedacht, daß Selbsterkenntnis sich bei mir einstellt, wenn ich in der Badewanne liege und kurz vorm Einschlafen über mein Leben nachsinne, aber das mag daran liegen, daß ich eine Nicht-Intellektuelle mit einem bedauerlichen Hang zum Lesen von Schund bin.
Einige Fragen bleiben für mich aber doch noch unbeantwortet:
Wer entscheidet eigentlich, ob ein Buch in die Kategorie "Schund" oder in die Kategorie "Literatur" gehört? Welche Kriterien muß es erfüllen, um in die letztere Kategorie zu gehören?
Der Autor des Die Welt-Artikels erwähnt "gestelzte Dialoge, dämliche Klischees, künstliche Spannungsverstärker usw" als Merkmale von Schund. Aber kann man das überhaupt objektiv beurteilen? Ich habe mal Dark Lover von J. R. Ward gelesen und fand neben den beknackten Namen der Vampire auch die Tatsache befremdlich, daß der Vampirkönig sich am Ende des Buchs in eine Art untotes Glücksbärchi verwandelte. Viele Leute lieben aber dieses Buch und alle seiner Nachfolger. Also kann ich nur sagen, daß ich selbst es mies finde. Das heißt aber doch nicht, daß alle anderen Menschen es auch mies finden müssen und ein schlechtes Gewissen haben sollten, wenn sie es lesen.
Im Buchbestattungs-Beitrag wird unter anderem angeführt, daß die Charaktere in der Trivialliteratur berechenbar sind und daß es zu viele Adjektive gibt. An der Stelle muß ich zugeben, daß die Charaktere in sogenannter qualitativ hochwertiger Literatur in der Tat häufig unberechenbar sind. Auf eine für mich äußerst unangenehme Art und Weise, weil sie sich eben in keinster Weise so verhalten, wie man das von lebendigen Menschen gewohnt ist. The Minister's Black Veil von Nathaniel Hawthorne oder auch Die Verwandlung von Franz Kafka sind da ausgezeichnete Beispiele: beide mußte ich als Schullektüre lesen, und beide habe ich so sehr gehaßt, wie man Bücher nur hassen kann. Bei der Sache mit den Adjektiven bin ich mir nicht so ganz sicher. Vielleicht sollte man sich mal ein Barbara Cartland-Buch schnappen, die Hälfte aller Adjektive daraus entfernen und Herrn Reich-Ranicki nötigen, es zu lesen. Er wird uns dann schon wissen lassen, ob es Literatur oder Schund ist.
Die wichtigere Frage ist aber eigentlich, warum man sich überhaupt für das Lesen von Schund oder Trivialliteratur entschuldigen sollte. Ich sehe einfach keinen Grund dafür. Ich lese gerne Liebesromane, Krimis und historische Romane. Andere lesen gerne Fantasy oder Science Fiction oder Heimat-Romanhefte oder eben "gehobene" Literatur. Na und? Wieso sollte die eine Lesevorliebe mehr wert sein als die andere?
Oh, ein abendfüllendes Thema!
AntwortenLöschenAber ich stimme dir völlig zu, alle Auswüchse der Literatur, ob U oder E, haben ihre gleichwertige Danseinsberechtigung und niemand sollte sich für das Genre, das er gerne liest entschuldigen oder gar schämen, noch sollte man sich „klein“ fühlen. Ich stelle mir bei diesem Thema aber immer eine ganz andere Frage, denn manchmal habe ich nämlich den Eindruck, dass sich die, die den Schund anklagen, irgendwie um irgendwas betrogen fühlen, irgendetwas scheinen wir ihnen vielleicht wegzunehmen, ich bin nur noch nicht dahinter gekommen was! :) Mir fällt nämlich zunehmend auf, dass die „Schund“-Rufer, ob in Artikeln, Funk oder Fernsehen, oft sehr verbittert, sauertöpfisch und durchweg negativ, manchmal regelrecht aggressiv, rüberkommen. Wahrscheinlich sehen sie im vermeintlichen Schund – den sie ja lustigerweise unaufhörlich analysieren und zerpflücken, viel Zeit widmen und ihm auf den Grund gehen wollen, siehe diverse „An was erkenne ich Schund“-Listen – den Untergang der Zivilisation und unserer Kultur. Was ich vermisse ist Toleranz.
Mit der mangelnden Toleranz hast du schon recht. Ich lästere ja auch gerne mal über gewisse kulturelle Phänomene ab, wie z. B. Fernsehsendungen wie "Ich bin ein Star, holt mich hier raus" (aka Vollidioten im Urwald) oder auch Bücher, die mir nicht gefallen. Aber deshalb muß man ja nicht gleich alle für blöd erklären, die sowas mögen. Mit dem Gedanken, ich müßte mich wegen meiner Lesevorlieben ein schlechtes Gewissen haben, war ich aber in dieser krassen Form noch nicht konfrontiert worden. Mir hat's echt die Schuhe ausgezogen, als ich diesen "Die Welt"-Artikel gelesen habe.
AntwortenLöschenWrath ein "untotes Glücksbärchi"?! Das ist grandios, auch wenn es jetzt irgendwie auch mein Bild von ihm n bisschen zerstört! *g*
AntwortenLöschenAnsonsten ist das in der Tat ein abendfüllendes Thema. Was irgendwelche hochgeistigen Literaten und Literaturkritiker dazu sagen, ist ja das eine – und das kann ich in gewisser Weise akzeptieren.
Wenn aber – was ja leider ebenfalls vorkommt – die Krimileser anfangen, die Liebesromanleser von oben herab zu betrachten und die Leser von historischen Romanen die ChickLit-Leserinnen belächeln, dann fang ich an, mich wirklich aufzuregen. Denn das meiste, was diese Leute lesen – ob nun Krimi, Liebesroman oder historischer Roman – ist für den Massenmarkt gemacht und unterscheidet sich im durchschnittlichen Niveau kaum. Es gibt einfach in jedem Genre gute und schlechte Bücher, die man mag oder nicht mag. Dass es sich manche Leute anmaßen, andere Leser zu verurteilen, offenbart nur ihr eigenes Niveau …