Sonntag, 25. April 2010

Michele Albert: Her Last Chance

Claudia Cruz ist eine Ex-Polizistin und Mitarbeiterin einer geheimnisvollen Organisation namens Avalon, die sich mit der Aufklärung von Kunst- und Antiquitätendiebstählen befaßt. Vincent DeLuca ist ein FBI-Agent. Beide versuchen herauszufinden, wie und von wem ein wertvoller korinthischer Bronzehelm aus einer Kunstgalerie in Philadelphia gestohlen wurde, denn es scheint sich um den Teil einer Serie ähnlicher Verbrechen zu handeln. Vincent mag es nicht, daß sich Claudia in seinen Fall einmischt, doch bald sehen beide ein, daß es sinnvoll ist zusammenzuarbeiten - und sie fühlen sich unwiderstehlich zueinander hingezogen...

Michele Albert steht ziemlich weit oben auf meiner recht kurzen Liste von Autobuy-Autoren, und Her Last Chance ist wieder ein großartiges Buch, obwohl man bei AAR anderer Ansicht ist.

Anfangs war mir die Heldin, Claudia, nicht besonders sympathisch. Das liegt einerseits an ihrem Namen - ich kenne eine Claudia, die ich zutiefst verabscheue - und andererseits daran, daß sie anfangs als eine sehr harte, spröde und kompromißlose Person dargestellt wird. Daß man, laut Beschreibung auf der ersten Seite, zuerst ihr schweres, blumiges Parfüm riecht, bevor sie überhaupt in Hörweite ist, hat auch nicht gerade geholfen: es hat mich nämlich an eine frühere Arbeitskollegin erinnert, die immer nach Opium (das Parfüm, nicht die Droge) gestunken hat. Eine widerliche, eklige, die-Augen-tränen-und-die-Fliegen-fallen-tot-von-der-Wand-Duftwolke folgte ihr auf allen ihren Wegen, und blieb noch lange, nachdem diese Kollegin sich wieder verzogen hatte. Wobei Opium ja nicht blumig ist. Keine Ahnung, nach was für einem ekligen Zeug das riecht. Ich habe gerade beschlossen, Claudia die Romanheldin in meiner Vorstellung nach Diorissimo duften zu lassen. Hmm, sehr schön.

Jedenfalls wurde mir etwas ganz und gar erstaunliches klar, als ich ein paar Seiten gelesen hatte: Her Last Chance ist ein Romantic Suspense mit Rollentausch! Claudia legt nämlich nahezu sämtliche Verhaltensweisen an den Tag, die man von den meisten Alpha-Helden dieses Genres kennt - ohne dabei allerdings maskulin zu wirken. Vincent muß sich als FBI-Agent an wesentlich mehr Richtlinien und Regeln halten als sie, und er ist auch ein kleines bißchen - nun ja, nicht gerade naiver und unschuldiger, aber doch weniger abgeklärt und zynisch. Die beiden geben ein gutes Team ab.

Zum Rollentausch-Motiv paßt auch, daß Claudia sich um Vincents Sicherheit sorgt, wenn sie sich vorübergehend trennen müssen, und daß er der erste der beiden ist, der daran glaubt, daß aus ihrer Beziehung etwas Dauerhaftes werden kann.

In einer Hinsicht muß ich der AAR-Rezension rechtgeben: das Buch macht wahrscheinlich mehr Spaß, wenn man, wie ich, die Vorgängerbücher dieser Serie gelesen hat. Denn nur dann weiß man es wirklich zu schätzen, wie die Grenzen zwischen Gut und Böse in diesem Buch plötzlich verschwimmen und sich ein wenig verschieben.

Rainert von Lahr, der Erzbösewicht, der schon Auftritte in One Way Out, Hide in Plain Sight und Tough Enough hatte, wird von einer unerwartet menschlichen Seite gezeigt und wirkt nahezu sympathisch. Das ist ziemlich bizarr und verwirrend - und macht das Buch definitiv noch spannender und interessanter, denn aus den vorherigen Büchern weiß man, daß er ein skrupelloser Verbrecher ist, der bedenkenlos über Leichen geht. Daran hat sich nichts geändert, doch gerade diese Gegensätze machen ihn zu einem faszinierenden Charakter.

Am anderen Ende der Gut/Böse-Skala steht Ben Sheridan, der Chef von Avalon, der Organisation, für die Claudia arbeitet. Im Laufe des Buches wird es immer klarer, daß er im Gegensatz zu anderen Chefs von Geheimorganisationen in Romantic Suspense-Büchern nicht etwa ein guter Mensch ist, der die Welt zu einem besseren Ort machen will. Er verfolgt geheimnisvolle persönliche Ziele; und das sind noch nicht einmal seine eigenen, denn er ist auch nicht wirklich der Chef von Avalon. Das ist eine geheimnisvolle Unbekannte, von der man im nächsten Buch, falls es das (hoffentlich!) gibt, bestimmt noch mehr hören wird.

Der einzige Schwachpunkt des Buches ist die Aufklärung des Bronzehelm-Diebstahls. Die ist nämlich eher unspektakulär und hat mir nur ein "ach so, na ja..." entlockt. Das hat meinem Lesevergnügen aber wirklich keinen Abbruch getan, und zum Schluß wird es noch mal richtig spannend und gefährlich.

Her Last Chance ist ein super spannendes Buch mit einem sehr sympathischen Helden, einer Heldin, die man erst nach und nach liebgewinnt, und so vielen Wendungen und überraschenden Enthüllungen, daß es niemals langweilig wird. Allen, die Romantic Suspense (oder sollte ich sagen, Spannungsromane mit romantischen Elementen?) mögen, kann ich es wärmstens empfehlen.

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