Montag, 11. Januar 2010

Simone Neumann: Des Teufels Sanduhr

Westfalen im 30jährigen Krieg: Anna Pippel ist eine junge Frau, die mit ihrer schwerbehinderten Schwester auf einem Bauernhof lebt und arbeitet. Ihr Ehemann ist schon länger spurlos verschwunden, und als der Bauernhof geplündert und alle Bewohner außer Anna getötet werden, läuft sie davon und schließt sich dem Gefolge eines Heeres an. Sie findet Arbeit bei der Marketenderin Liese und schließt auch Freundschaft mit deren Bekannten, dem alten Geschichtenerzähler Hans Mergel und einer jungen Frau namens Therese. Doch neben dem Krieg, Hunger und Krankheiten droht dort noch eine weitere Gefahr: ein Mörder, der dem Heer zu folgen scheint...

Eine Geschichte, die im 30jährigen Krieg spielt, muß natürlich zwangsläufig düster und finster sein. Die Figuren leiden in nahezu jeder Szene des Buchs, vom Anfang bis zum Ende, unter dem Krieg, der allgegenwärtigen Gewalt, Hunger, Witterungsbedingungen und Krankheiten. So ist es kein Wunder, daß sich bei ihnen rasch ein gewisser Fatalismus einstellt bzw. bei Beginn der Handlung schon vorhanden ist. Niemand weiß schließlich, ob er selbst den nächsten Tag erleben wird. Da werden selbst übelste Gewalttaten gegen sich selbst und geliebte Menschen mit einem Gleichmut hingenommen, der heute unvorstellbar erscheint.

Trotzdem ist es ein außerordentlich spannendes und packendes Buch, vielleicht gerade deshalb, weil man die Orte der Handlung kennt oder zumindest schon von ihnen gehört hat, die Menschen und ihr Leben aber völlig anders sind als alle, die man kennt.

Die Beschreibung der Lebensumstände der Personen und ihre Wanderung von Westfalen nach Süddeutschland ist meistens viel spannender als die Frage, wer der Mörder ist. Sehr gelungen ist auch die Schilderung der Entwicklung Annas von einer etwas naiven, ängstlichen jungen Frau zu einer doch vergleichsweise selbstbewußten Person. Am Anfang des Buches kennt Anna kaum etwas von der Welt außer ihrem Heimatdorf. Sie kann weder lesen noch schreiben und hat keine Ahnung, worum es im Krieg überhaupt geht. Aber sie lernt schnell und ist alles andere als dumm.

Übrigens: das Buch hat sogar ein Happy End! Wer Details über den Ablauf des 30jährigens Kriegs wissen will oder erfahren möchte, wer wen warum aus dem Fenster geworfen hat, ist hier nicht ganz richtig, aber wer historische Romane - also fiktive Geschichten - mag, sollte durchaus mal einen Blick auf (oder in) Des Teufels Sanduhr werfen.

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