London im frühen 19. Jahrhundert: Charlotte Chatsworth ist die schönste und älteste Tochter einer völlig bankrotten Familie, die unter ihrem spielsüchtigen Vater leidet. Die Mutter, der Vater und auch Charlottes jüngere Schwester sind darauf angewiesen, daß Charlotte einen reichen Mann aus guter Familie heiratet. Deswegen ist es zwingend notwendig, daß sie nicht nur schön aussieht, sondern auch einen guten Ruf und tadellose Manieren hat. In Bezug auf den zweiten Punkt ist es allerdings etwas ungünstig, daß Charlottes lieber Papa eine Nacht mit ihr für einen guten Einsatz bei einem Kartenspiel hält. Noch ungünstiger ist die Tatsache, daß der glückliche Gewinner der übelbeleumdete Spielhöllenbesitzer Roman Merrick ist - und daß Charlotte und Roman sich rettungslos ineinander verlieben und eine heimliche Affäre miteinander haben...
Jaja, ich weiß schon: wenn die Bücher mit dem Plot "nichtsnutziger Vater verzockt die Unschuld seiner unschuldigen Tochter beim Kartenspiel" durchnumeriert würden, dann würde One Night Is Never Enough höchstwahrscheinlich die Nummer 587 bekommen. Aber es gibt ja Autoren, die selbst dem ausgelutschtesten Plot noch etwas neues, spannendes abgewinnen können. Dieses Buch wurde sowohl bei Dear Author als auch bei All About Romance sehr gut bewertet und das, verbunden mit einer recht vielversprechenden Leseprobe, hat mich dazu gebracht, das Buch trotzdem zu lesen.
Tja, für mich war's leider ein Flop. Kein Flop im Sinne von "Boah, Wahnsinn! Auf was für Drogen muß man denn bitte sein, um so etwas zu schreiben??", sondern eher im Sinne von "äh...ja...ich les nachher weiter. Ich muß jetzt erstmal meinen Fußnägeln beim Wachsen zuschauen!"
Oder in anderen Worten: es ist ganz schön langweilig. Das schlimmste daran ist noch nicht mal, daß weder Charlotte noch Roman besonders interessant oder liebenswert sind - sie sind sicherlich nicht die interessantesten Liebesroman-Protagonisten, die mir jemals untergekommen sind, aber es gibt haufenweise unsympathischere, dümmere und langweiligere Charaktere. Und aus der Handlung hätte man zweifellos auch etwas machen können, obwohl nicht wirklich viel passiert, außer daß Charlotte und Roman eine Menge heimlicher Dates haben.
Das größte Problem, das ich mit dem Buch hatte, ist der Schreibstil. Jede einzelne Szene wird unendlich in die Länge gezogen. Vor allem am auf den ersten ca. 150 Seiten ist das ganz, ganz übel. Nehmen wir zum Beispiel die Beschreibung der Nacht, die Charlotte zum Einlösen der Spielschulden ihres Vaters mit Roman in dessen Spielhölle verbringt. Es dauert 13 Seiten, bis sie dort ankommt, verschiedene Leute mit ihr und über sie diskutiert haben und sie schließlich mit Roman in dessen Privatgemächern verschwindet. Weitere 37 Seiten lang verbringen Held und Heldin anschließend mit mehr oder weniger interessanten Dialogen (in deren Verlauf Roman an Charlottes Halsschlagader erkennen kann, daß sie ihn begehrt), einem Schachspiel sowie einem gemeinsamen Nickerchen.
Mein lieber Herr Gesangsverein, wenn ich an Schlaflosigkeit leiden würde, würde ich dieses Buch hüten wie einen Goldschatz. Pizzakäse und Kaugummis würden bei dieser und einigen weiteren Szenen Tränen hilflosen Zorns und Neids vergießen - wenn sie denn lesen könnten - denn niemals werden sie es schaffen, sich auch nur annähernd so lang zu ziehen.
Mit anderen Worten: One Night Is Never Enough ist ein Buch für extrem geduldige Menschen. Vielleicht wäre es das richtige Buch für Polarforscher, die 9 Monate im Jahr freiwillig Dunkelheit und ewiges Eis ertragen. Oder vielleicht auch nicht: wir wollen doch nicht, daß diese bedauernswerten Helden der Wissenschaft sich in selbstmörderischer Absicht einem Eisbären zum Fraß vorwerfen.