Dienstag, 7. September 2010

Loretta Chase: Last Night's Scandal

Peregrine Dalmay, der junge Earl von Lisle, ist ein angehender Ägyptologe, der nichts lieber täte, als tagein, tagaus im heißen ägyptischen Wüstensand nach antiken Artefakten zu buddeln. Leider hat er ein Problem: er ist finanziell auf seine Eltern angewiesen, und die sind völlig gaga. Deswegen wollen sie auch unbedingt, daß er für sie die Renovierungsarbeiten in einem feuchten, zugigen Schloß in Schottland überwacht, in dem es angeblich obendrein spukt. Peregrine will dieses Ansinnen eigentlich zurückweisen, aber seine Jugendfreundin Olivia Wingate-Carsington schleift ihn in die schottische Wildnis, um selbst mal ein spannendes Abenteuer zu erleben. Und obwohl Peregrine weiß, daß Olivia so zerstörerisch wie ein ägyptischer Wüsten-Wirbelsturm ist, so fühlt er sich doch auch unwiderstehlich zu ihr hingezogen, besonders nachdem er herausfindet, daß ihr in den letzten zehn Jahren überraschenderweise Brüste gewachsen sind...

Ich bin schwach, ich bin schwach, ich bin schwach. Ich bin eine schwache Frau und wurde von meiner übergroßen Neugier dazu getrieben, dieses Buch zu lesen, obschon ich die letzten beiden Loretta Chase-Bücher als unlesbar beiseite gelegt hatte. Last Night's Scandal ist allerdings die Fortsetzung von Lord Perfect, und das ist eins meiner Lieblingsbücher.

Peregrine und Olivia, die Helden von Last Night's Scandal, spielen auch in Lord Perfect eine nicht unwesentliche Rolle, und zwar als jugendliche Ausreißer. Da sind sie wohl, wenn mein schwaches Gedächtnis mich nicht trügt, 9 und 12 Jahre alt, oder 11 und 13 oder so. Jedenfalls Kinder.

Das blöde ist, daß sie sich seitdem geistig nicht wirklich weiterentwickelt haben. Zumindest Olivia nicht. Wenn ich die Goldene Nervensäge am Band für die nervigste Heldin verleihen müßte, würde ich diesen Orden ohne weitere Umschweife Olivia anheften. Sie geht mir auf den Wecker, und sie tut wirklich alles, um dem Begriff "TSTL" eine völlig neue Dimension zu verleihen.

Sie ist das literarische Äquivalent zu Fingernägeln, die über eine Schultafeln kratzen. Ihr kennt doch dieses unerträglich widerwärtige Geräusch? Tja, das ist Olivia. Unerträglich.

Am fürchterlichsten fand ich eine Szene, die sich während der Reise nach Schottland abspielt. Olivia hat zwei Freundinnen ihrer Uroma als Anstandsdamen mitgenommen. Diese rüstigen Seniorinnen haben in einem Gasthof die Nacht damit verbracht, mit einem jungen Mann aus dem Landadel Karten zu spielen und werden von diesem beschuldigt, beim Spiel betrogen zu haben. Unsere wackere Heldin begnügt sich nun aber nicht etwa damit, sich mit ihm zu streiten - sie will sich mit ihm duellieren! Natürlich muß Peregrine zur Rettung herbeieilen, aber was zum Teufel soll das? Soll ich als Leserin Olivia bewundern? Goldig finden? Loretta Chases Heldinnen waren früher nicht annähernd so strohköpfig!

Solche völlig hirnlosen, dämlichen Sachen stellt Olivia ständig an. Natürlich werden sie und Peregrine auch wieder und wieder von ihrer Leidenschaft überwältigt, obwohl sie beide anfangs aus verschiedenen Gründen davon überzeugt sind, daß sie kein gutes Ehepaar abgäben. Heldin Olivia hat natürlich eine ganz ausgezeichnete Begründung für ihren Mangel an Selbstbeherrschung: sie stammt nämlich von den "Gräßlichen DeLuceys" ab - eine englische Familie mit einem offenbar langen Stammbaum und sehr schlechtem Ruf. Na dann. Wenn die Familie einen schlechten Ruf hat, ist man ja für nichts verantwortlich, stimmt's?

Ihr werdet bemerkt haben, daß ich kaum ein Wort über den Helden oder die Handlung des Buchs verloren habe. Das liegt daran, daß der Held zwar da ist und auch etliche Szenen aus seiner Perspektive beschrieben werden, er aber doch sehr blaß und im Hintergrund bleibt. Ich will's mal so sagen: gestern war ich beim Zahnarzt, aber wenn man mich jetzt fragen würde, welche Farbe die Stühle im Wartezimmer hatten, müßte ich ratlos mit den Schultern zucken. Peregrine hat mit diesen Zahnarztwartezimmerstühlen etwas gemeinsam: er ist da und erfüllt auch eine wichtige Funktion, aber man bemerkt ihn kaum.

Und die Handlung? Na ja. Es gibt eine. Sie ist aber nicht weiter erwähnenswert.

Das einzig gute an dem Buch sind ein paar wirklich gelungene, witzige Dialoge. Und man kann es lesen, ohne vor Langeweile einzunicken oder ständig an spannendere Dinge wie Steuererklärungen zu denken. Ansonsten ist es ein totaler Flop.

8 Kommentare:

  1. Ich bete gerade, dass ich mich irre, aber der wurde bei Cora auf Deutsch übersetzt oder? Weil dann findet er noch diese Woche zu mir.
    Mhm, hab nachgesehen und wenn es der gleiche ist, haben sie die Namen geändert.
    Jedenfalls habe ich ihn aufgrund zweier Empfehlungen angeschafft und jetzt bin ich megamäßig gespannt ...

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  2. Hi Soleil, tja ich weiß nicht, ob das das Cora-Buch ist...dauert es normalerweise nicht ein bißchen länger, bis die eine Übersetzung in den Handel bringen? Last Night's Scandal ist nämlich eins von den ganz wenigen neuen Büchern, die ich mir gekauft habe. Es ist erst im Juli oder August erschienen.

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  3. http://www.cora.de/product_info.php/info/p5991_eine-hinreissend-widerspenstige-dame.html

    Ich habe ehrlich gesagt dann auch nur die Verbindung LiRo und Ägypten (für das ich ein Faible habe) gesehen und musste es haben. ;)
    PS: Es gibt ja einige Bücher, die sie super schnell übersetzen, Kalix2 z.B. oder auch Mini Shopaholic, da liegen auch nur wenige Wochen dazwischen.

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  4. "Das einzig gute an dem Buch sind ein paar wirklich gelungene, witzige Dialoge. Und man kann es lesen, ohne vor Langeweile einzunicken oder ständig an spannendere Dinge wie Steuererklärungen zu denken. Ansonsten ist es ein totaler Flop."

    Also für mich bietet dieses Buch eine unglaubliche Menge Vergnügen! Vielleicht, weil ich nicht den Roman, sondern nur deine Rezension gelesen habe. ;) Die aber hat mich den Tag mit einem Grinsen beginnen lassen! Dankeschön - und bitte lies noch ein paar andere Titel, die dich zu so netten Besprechungen verleiten. :D *dumdidum*

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  5. Soleil, dein Cora-Buch müßte "Mr. Impossible" sein - das ist schon ein paar Jahre älter. Ich fand es ganz gut.

    Winterkatze - sehr charmant, mir lauter schlechte Bücher zu wünschen ;-)

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  6. Ach, nicht lauter schlechte Bücher, nur genug, damit du deine Leser regelmäßig unterhalten kannst! :D

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  7. Oh, Susi, du hast es getan … mit mäßigem Erfolg, wie ich sehe. Scheint, als wäre Loretta Chase wirklich nichts mehr für dich!

    Falls du das Buch wieder an mich angeben magst, wie schon den Vergänger, den ich bis dato immer noch nicht gelesen habe … *pfeif*

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  8. Ich schätze du hast recht, Irina! Ich sollte wirklich lieber die Finger von ihren Büchern lassen...und ich hätte auch kein Problem damit, wenn dieses Buch in Zukunft die Statik deines Wohnhauses gefährdet und nicht mehr die von meinem ;-))

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