Sonntag, 28. Juli 2013

Sherry Thomas: Not Quite A Husband

Bryony Asquith und Leo Marsden, beide Mitglieder der britischen High Society im ausgehenden 19. Jahrhundert, haben vor einigen Jahren überstürzt geheiratet und die Ehe wenig später annullieren lassen. Als einige der wenigen Ärztinnen ihrer Zeit bereist Bryony die ganze Welt und ist überrascht, aber nicht unbedingt begeistert, als Leo sie eines Tages bei ihrer Arbeit im indischen Hinterland aufspürt, um sie nach Hause zu holen, da ihr Vater im Sterben liegt. Trotzdem stimmt Bryony zu, mit Leo nach England zu reisen. Auf der teilweise lebensgefährlichen Reise kommen die beiden sich wieder näher und schaffen es nach vielen Jahren, sich darüber auszusprechen, warum ihre Ehe gescheitert ist. Doch kann es ein Happy End geben?

Not Quite A Husband ist das zweite Sherry Thomas-Buch, das ich gelesen habe, und ich erkenne ein Muster. Die Zeitsprünge! Die Handlung springt so einige Male zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her, das war in Private Arrangements genauso. Ich mag Sherry Thomas' Schreibstil sehr, und bei jeder anderen Autorin hätte mich das hin- und herspringen zwischen verschiedenen Zeiten wahrscheinlich in den Wahnsinn getrieben. Die Geschichte von Not Quite A Husband ist wunderbar romantisch, die Charaktere sind - nun ja, Charaktere (hat man ja auch nicht in jedem historischen Liebesroman, manchmal gibt's stattdessen nur Klischees) und die Handlung originell. Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und mich wirklich sehr gut unterhalten gefühlt.

Aber ob ich Bryony leiden mag, ist eine andere Frage. Leo ist - bis auf den Scheidungsgrund - ein Goldschatz, gar keine Frage. Aber Bryony ist furchbar zugeknöpft, und das sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn. Ich habe ja generell kein Problem mit introvertierten Menschen - ich würde mich auch selbst so beschreiben - aber was zuviel ist, ist zuviel. Wann immer Bryony angefressen, traurig oder sonstwie mies drauf ist, sagt sie garantiert keinem, was sie hat. Das führt dazu, daß alle Menschen, oder besser gesagt, Buch-Charaktere, in ihrer Umgebung sich ständig vergeblich fragen, warum sie sich denn nun gerade so verhält, wie sie sich verhält. Deswegen hat mich die Schilderung, wie Bryonys und Leos Ehe ursprünglich gescheitert ist, richtig genervt. Bryony hatte tatsächlich einen ausgezeichneten Grund, mit Leo nicht mehr zusammensein zu wollen. Genaugenommen hätte sie die Hochzeit wohl absagen sollen. Der Clou dabei ist aber, daß sie ihn und alle ihre Verwandten und Bekannten die ganze Zeit nur mit irgendwelchen Ausreden abgespeist hat, anstatt mal zu sagen, was wirklich los ist. Das nervt.

Aber dennoch - Not Quite A Husband ist ein spannendes Buch mit einer originellen Handlung, das alle Liebesromanklischees erfrischenderweise ausläßt und dessen Heldin - obwohl sie mich genervt hat - über ein weitestgehend gesundes Selbstbewußtsein verfügt und auf sich selbst aufpassen kann. Daumen hoch! - Oder sollte ich sagen, dafür gibt es ganze 4 von 5 von Kulis durch das indische Hinterland geschleppte Badewannen?


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