Sonntag, 30. September 2012

Alaya Johnson: Wicked City

Im New York der Prohibitionszeit wird munter weiter Alkohol getrunken, nur die Vampire müssen auf Faust zurückgreifen, ein mit Rauschmitteln versetztes Blutgetränk. Dummerweise sterben einige von ihnen an diesem Getränk, und zwar obendrein auf ungewöhnliche Weise: sie explodieren nicht etwa (was normal wäre), sondern gehen unter Qualen zugrunde. Wurde das Getränk etwa vergiftet und wenn ja: wie und von wem? Die Polizei ermittelt fieberhaft, und neben den Anti-Vampir-Gruppierungen gibt es eine weitere Verdächtige: Zephyr Hollis, die sich eigentlich stets für die Rechte der Vampire eingesetzt hat. Die Gefahr einer Verhaftung oder Verurteilung ist jedoch nicht das einzige, was Zephyr zu schaffen macht: ihre Familie wird von einem bösen Golem verfolgt, ihr Vampir-Exschüler drängt sie, ihm einen Termin beim Bürgermeister zu verschaffen und von ihrem Möchtegern-Lover Amir, dem Djinn, muß sie sich unbedingt etwas wünschen, da er laut Djinn-Gesetzen anderenfalls für tausende von Jahren ins Exil geschickt werden kann.

Wicked City ist die Fortsetzung von Moonshine, das für mich eines der besten Bücher der letzten Jahre war. Ihr könnt euch ja denken, wie gespannt ich auf das Wicked City war. Also, zuerst die gute Nachricht: Es ist sehr unterhaltsam, kurzweilig und voller Action. Zephyr gerät ständig in brenzlige Situationen und versucht aufzupassen, daß sie und alle ihre Freunde und Bekannten diesen Situationen unversehrt entrinnen. Ja, es ist ein gutes Buch, aber: leider nicht so gut wie Moonshine. In Wicked City fehlt ein bißchen der Humor, den ich im Vorgängerbuch so absolut großartig fand. Die Dialoge sind gut, aber nicht so gut.

Dazu kommt, daß Zephyrs Verhalten gegenüber Amir mir ein wenig auf die Nerven geht. Dazu muß man die Vorgeschichte kennen: Zephyr und Amir haben sich im ersten Buch kennengelernt und sich ein wenig verliebt und ziemlich heftig miteinander geflirtet. Das junge Glück bekam allerdings einen Dämpfer, als sich herausstellte, daß Amir dafür gesorgt hatte, daß die in Deutschland erfundene Vampirdroge Faust in Amerika eingeführt wurde. Als er in große Gefahr geriet, rettete Zephyr Amir dennoch; mit dem Resultat, daß er jetzt an sie gebunden ist, bis sie einen Wunsch an ihn richtet, den er ihr erfüllen muß. Zephyr befürchtet allerdings, daß auch das Äußern eines Wunsches schlimme Konsequenzen haben könnte.

Das Resultat ist, daß Zephyr Amir teils ausweicht oder sich abweisend verhält. Teilweise betrachtet sie ihn jedoch als als Freund und läßt sich bei einigen schwierigen Aktionen von ihm helfen, wie z. B. beim Einbruch in eine Leichenhalle. Im Laufe des Buches beginnt sie, ihre Einstellung zu überdenken mit der Begründung daß, wenn es Amir nicht getan hätte, wohl jemand anderes Faust in Amerika verbreitet hätte, was für mich wiederum eine ziemlich schlechte Entschuldigung für ein Verbrechen ist. Andererseits wäre ich an Zephyrs Stelle aber auch gar nicht so sauer auf Amir gewesen, denn die Vampire wurden ebensowenig zum Faust trinken gezwungen wie Menschen zum Alkohol trinken gezwungen werden. Jedenfalls finde ich dieses heiß-kalte Auftreten Zephyrs gegenüber Amir nicht ok.

Im Laufe des Buches gibt es noch so manche spektakuläre Enthüllungen in Bezug auf die Frage, warum Zephyr immun gegen Vampirbisse ist und was ihr Blut so alles bewirken kann.

Wie gesagt: Wicked City ist ein spannendes Buch, das nie langweilig wird. Es ist leider nicht so gut wie sein Vorgänger, aber falls Alaya Johnson eine Fortsetzung schreibt (hoffentlich!) werde ich die definitiv auch lesen!

Sonntag, 2. September 2012

Cherry Adair: Hush

Acadia Gray ist eine junge Amerikanerin, die sich nach einem Lottogewinn etwas gönnen will und mit ihren besten Freundinnen die Naturwunder Venezuelas besichtigen will. Da sie einen Tag eher vor Ort ist als ihre Freundinnen, schleppt sie in einer versifften Bar einen Typen namens Zakary Stark ab und verbringt mit ihm eine heiße Nacht in einem ebenso versifften Hotelzimmer. Dummerweise endet dieses Abenteuer nicht, wie zu erwarten, mit einem pelzigen Gefühl im Mund und vielleicht einem fiesen Hautausschlag, sondern damit, daß Acadia, Zak und dessen Bruder Gideon von venezolanischen Guerillas in den Dschungel verschleppt werden. Zwar gelingt ihnen die Flucht, aber Gideon verschwindet, dauernd explodiert etwas, und Acadia und Zak müssen versuchen, ihre Dauergeilheit lange genug zu ignorieren, um herauszufinden, welcher Bösewicht warum hinter wem und was her ist.

Ich weiß gar nicht mehr, warum ich dieses Buch lesen wollte. Es war in diesem Jahr für den RITA-Award in der Kategorie Romantic Suspense nominiert, hat aber nicht gewonnen. Das liegt daran, daß das die völlig falsche Kategorie war. Wäre Hush in der Sparte "Bücher, die so doof sind, daß sie schon wieder gut sind" nominiert worden - es hätte garantiert eine Auszeichnung erhalten.

Die ersten hundert Seiten waren allerdings schlimm. Eine einzige Katastrophe aus unlogischer Handlung und strunzdummen, unsympathischen Hauptfiguren. Ich war schon beinah soweit, die Verbrecher anzufeuern, damit sie Acadia erschießen. Es ist nämlich so, daß Zak und Acadia noch nackt im Bett liegen und schlafen, als vier oder fünf schwer bewaffnete Typen in ihr ekliges Hotelzimmer kommen und sie schlagen und bedrohen. Acadia hat gleich mal nichts besseres zu tun, als die Typen blöd anzumachen. Sie ist nackt und hilflos und hat 'ne große Klappe - was soll das? Intelligent ist jedenfalls anders. Zak ist allerdings auch nicht viel besser, denn die Tatsache, daß er gerade von diesen brutalen Verbrechern mißhandelt wird, lenkt ihn nicht allzulange davon ab, daß er mit Acadia Sex haben möchte.

Und warum sind unsere "Helden" überhaupt in diesem Hotel, das der Beschreibung nach selbst den RTL-Urlaubsretter dazu bringen würde, sich zu entleiben? Zak ist ein Multimillionär (er ist sozusagen Google mit Sixpack) und Acadia hat im Lotto gewonnen. Warum gehen die also nicht in ein 5 Sterne-Hotel?

Dazu kommt, daß Zak Acadia anfangs "Barbie" nennt, weil sie blonde Haare hat. Bei sowas könnte ich kotzen. Ich bin nicht blond und war es nie (außer einmal, als ich 15 oder 16 war, für drei oder vier Wochen, und es sah sowas von sch....lecht aus), aber was. soll. das?? Ich weiß einen guten Blondinenwitz durchaus zu schätzen, aber es ist einfach nur respektlos, eine Frau wegen ihrer Haarfarbe Barbie zu nennen...und außerdem ziemlich dämlich, wenn man wie der dauergeile Zak darauf hofft, daß einen just diese Frau in nicht allzu ferner Zukunft mal wieder beglücken wird.

Nun, wie gesagt, die Handlung ist nahezu komplett unlogisch und hat den intellektuellen Gehalt einer Folge von "Familien im Brennpunkt" - aber irgendwann legte sich in meinem Kopf ein Schalter um, und ich begann, diesen haarsträubenden Schwachsinn einfach zu genießen, ohne weiter darüber nachzudenken. Acadia ist verschwitzt, blutig und stundenlang durch den heißen, furchteinflößenden Dschungel getrottet, riecht aber immer noch angenehm frisch nach Jasmin? Supidupi! Sie hat eine komplette Überlebensausrüstung einschließlich eines Zeltes in ihrer Weste verstaut? Cool, endlich mal eine Heldin die eine Kreuzung aus McGyver und Duftbäumchen ist! Zak wurde angeschossen und stirbt beinah, weil sich die Wunde entzündet. Nach was steht ihm der Sinn jedesmal, wenn er halbwegs das Bewußtsein erlangt, und natürlich auch als allererstes nach einer schweren OP nebst Nahtod-Erfahrung? Will er was zu trinken? Muß er mal? Fragt er nach Neuigkeiten von seinem verschwundenen Bruder? Nicht doch, tsktsk. Zak will als allererstes vögeln! Und anschließend möchte er dann noch mal v...na, ihr wißt schon.  Zak ist ein Kaninchen, nur nicht so flauschig. Acadia hat im wörtlichen Sinne nichts mehr zum Anziehen und geht shoppen. Was kauft sich sich als erstes? Ein sexy Kleid und High Heels! Klaro, braucht man ja ständig, wenn man gerade auf der Flucht vor Mördern ist.

Das beste allerdings ist die Auflösung der Frage, wer der böse Feind ist, der hinter Zak her ist und ihn vernichten will. Das ist ganz großes Kino. Mir haben sich wirklich die Zehennägel aufgerollt. Schwachsinn kann genial sein, und hier ist er es!

Wer ein Buch goutieren kann, das sich so liest, als hätten sich ein paar Pornodarsteller in einen Michael Dudikoff-Film verirrt, kann hier bedenkenlos zugreifen. Wer allerdings eine logische Handlung und liebenswerte, wie echte Menschen mit Charakter und Persönlichkeit wirkende Protagonisten erwartet, der sollte einen riesengroßen Bogen um Hush machen.

Ich selbst gucke jetzt mal im Internet nach Cherry Adairs Backlist. Es soll da ein Buch geben, in dem Held und Heldin es auf der Flucht vor ihren Verfolgern auf dem Rücken eines Kamels treiben...