Sonntag, 20. November 2011

Aus dem Tagebuch einer Regency-Romanheldin, Teil 12


Liebes Tagebuch,

auf der Kutschfahrt nach Hause haben sie alle auf mich eingeredet: Papa, Mama und Kevin. Es sei ein Riesenskandal und ich müsse Lord Festerwart unbedingt heiraten, da er mich entehrt habe. Sie wollten mir einfach nicht glauben, daß Lord Festerwart sich nur auf mich gelegt hatte, als ich ohnmächtig war! Nur Kevin hatte ein paar Worte des Trostes: "Vielleicht überlebt er ja das Duell nicht", sagte er.

Da waren Mama und Papa aber erzürnt und haben Kevin angeherrscht, daß er Lord Festerwart bloß nicht umbringen soll, weil er doch unsere Schulden bezahlen muß, wenn wir verheiratet sind. Ich habe ganz doll geweint und angeboten, daß Papa meinen Schmuck verkaufen kann und meinetwegen auch mein Pferd. Papa hat aber die Stirn gerunzelt und mich gefragt, ob ich denn nicht gemerkt hätte, daß er meinen Schmuck schon längst verkauft und durch Glassteine ersetzt hat. Und dann sagte er noch, mein Pferd sei doch nur ein Schaukelpferd (das hatte ich nicht bemerkt, weil ich Pferde und reiten hasse. Aber psst, nicht weitersagen. Sonst nehmen sie mir mein Diplom von der Regency-Romanheldinnen-Schule weg). Shocking!

Bevor wir schlafen gingen, hat Kevin mir noch zugezwinkert und gesagt, daß er Lord Festerwart zwar nicht töten, aber doch wenigstens ein wenig verstümmeln würde. So könnte man die Hochzeit etwas herauszögern.

Ich wollte Kevin erst sagen, daß er Lord Festerwart die Hände abhacken soll, damit er mich nicht anfassen kann. Ich finde ihn so ekelig! Aber dann fiel mir ein, daß ich ihm, wenn er keine Hände mehr hätte, womöglich den, äh, verlängerten Rücken abwischen muß, wenn er, äh, auf den Nachttopf geht? Oder ich muß ihn füttern? Oh neinneinnein, ich kann diesen Lord Festerwart nicht heiraten! Ich brauche unbedingt einen Plan!!

Ich glaube, ich schleiche mich jetzt erstmal in den Salon und schaue, ob noch etwas Hustensaft da ist.

Morgen sieht dann hoffentlich schon alles ganz anders aus.

Robyn Carr: Neubeginn in Virgin River

Originaltitel: Virgin River

Melinda Monroe ist eine Krankenschwester und Hebamme aus Los Angeles, die nach dem tragischen Tod ihres Mannes dringend einen Tapetenwechsel braucht. So hält sie es für eine gute Idee, in ein kleines, abgelegenes Bergdorf namens Virgin River zu ziehen um als Gehilfin des einzigen dort ansässigen Arztes zu arbeiten. Als sie allerdings in Virgin River ankommt, würde sie am liebsten sofort wieder abreisen: das Haus, das man ihr zur Verfügung stellt, ist eher eine Bruchbude, der Arzt ist ein übellauniger alter Kauz, und es scheint auch nicht wirklich viel für sie zu tun zu geben. Dann findet Mel allerdings ein Findelkind, stellt fest, daß die Landschaft bezaubernd ist, und schließt die meisten Bewohner von Virgin River in ihr Herz - allen voran den Barbesitzer Jack Sheridan. So wird es nichts mit der überstürzten Abreise.

Wenn mein schwaches Gedächtnis mich nicht trügt, habe ich dieses Buch auf der Booklover Conference ertauscht. Ich war ziemlich mißtrauisch als ich anfing, es zu lesen, denn obwohl ich schon viel Gutes über die Virgin River Serie gehört hatte, befürchtete ich, daß es ein langweiliges "wir sind alle supertoll und perfekt, haben uns alle ganz doll lieb und leben in einem Idyll"-Leseerlebnis wird. Das war es aber gar nicht! (Jaha, aber nur um mich in Sicherheit zu wiegen. Von den nächsten Büchern der Virgin River Serie bekommt man Karies, aber dazu später mehr).

Zunächst mal ist Mel nicht die typische Liebesromanheldin. Anfangs wirkt sie eher, als habe sie sich aus einem Chicklit-Roman in das Buch verirrt. Sie fährt ein BMW-Cabrio, liebt schicke und teure Klamotten und ist etwas unwirsch ob der Tatsache, daß es in Virgin River keinen kompetenten Friseur zum Auffrischen ihrer Strähnchen gibt. Jack ist da schon eher typisch: er ist ein ehemaliger Soldat, der seine Kneipe in Virgin River aufgemacht hat, weil er wohl nichts besseres vorhatte. Und natürlich ist er heldenhaft, gutaussehend und ein Ex-Frauenheld.

Nach und nach schließt Mel, und damit der Leser, Virgin River und seine Bewohner ins Herz. Es sind Freaks dabei, die alle möglichen Probleme haben. In den Wäldern hausen finstere Bösewichter und bauen Cannabis an. Manchmal bedrohen sie die aufrechten Bürger des kleinen Städtchens, so daß das Buch auch ein wenig Action aufweist.

Jack ist von Anfang an an Mel interessiert, und es dauert lange - nicht gerade realistisch lange, da sie ihren verstorbenen Mann ja noch immer sehr vermißt, aber doch sehr lange - bis Mel ihn wenigstens ein bißchen an sich heranläßt, obwohl er ihr schon gefällt. Jack legt dabei eine ebenfalls nicht völlig lebensechte Engelsgeduld an den Tag.

Aber bitte sehr: das Buch ist wirklich unterhaltsam und stellenweise sogar überraschend, weil nicht genau das geschieht, was ich erwartet habe. Es ist bestimmt nicht das tollste Buch, das ich je gelesen habe, aber das Lesen hat mir Spaß gemacht - und mehr kann man doch eigentlich nicht wollen.

Mittlerweile habe ich übrigens noch einige andere Virgin River Bücher gelesen, und sie werden schlechter und schlechter. Bei all diesen heldenhaften...äh, Helden und zauberhaften Heldinnen, denen die jeweiligen Helden den Arsch mit einem mehr oder minder zaghaft gemurmelten "Liebste, wie fühlst du dich jetzt?" hinterher tragen, könnte ich echt einen Zuckerschock bekommen. Aber das ist gar nicht so schlimm. Ich habe nämlich komischerweise herausgefunden, daß diese Bücher wie Baldrian auf mich wirken. Wenn ich einen schlechten Tag hatte oder traurig bin, lese ich einfach ein bißchen in einem Virgin River Buch und kann meinen Kummer für ein Weilchen vergessen. Wie gut, daß es davon so viele gibt und ich sie ratzfatz auf mein iPad laden kann.

Aber es wäre trotzdem nicht verkehrt, wenn Robyn Carr ihren Patriotismus mal ein kleines bißchen weniger raushängen lassen könnte. Männer können auch liebenswert sein, wenn sie Freiheit und Demokratie nicht im Irak verteidigt haben!

Sonntag, 13. November 2011

Aus dem Tagebuch einer Regency-Romanheldin, Teil 11


Liebes Tagebuch,

ich wurde wach, als etwas warmes, dickflüssiges auf mein Gesicht tropfte und ich einen gellenden Schrei vernahm.

Oh. Nein.

Oh mein Gott.

Oh, was war nur geschehen?

Als ich vorsichtig die Augen öffnete, nahm ich wahr, daß ich offenbar in meiner Ohnmacht auf ein Sofa gesunken war. Ein Mann lag auf mir und sabberte in mein Gesicht. Es war Lord Festerwart!

Der gellende Schrei kam von meiner Mama. Sie schrie immer weiter und immer lauter. Schnell füllte sich der Raum mit neugierigen Gästen. Sie tuschelten und zeigten auf mich. Ich griff nach Lord Festerwarts Halstuch, um mir den Sabber aus dem Gesicht zu wischen; dann versuchte ich, ihn von mir herunterzuschubsen. Aber er ließ sich nicht abschütteln, sondern hielt sich an meinen mittlerweile halb entblößten Brüsten fest.

Oh mein Gott. Es war ein Albtraum!

Die Schreie meiner Mama wurden immer spitzer und lauter und sie begann, sich die Haare zu raufen. Ich fühlte, wie eine entsetzliche Migräne mich überkam.

"Kann mal jemand meiner Mama das Riechsalz reichen?" brüllte ich, doch niemand hörte mir zu. Außer vielleicht Lord Festerwart, der vor Schreck rülpste und, dem sich ausbreitenden Geruch nach zu urteilen, auch unter Blähungen litt.

Dann kam endlich mein Bruder Kevin in die Bibliothek von Lord und Lady Mousy gestürmt. Ich war in meinem ganzen Leben noch niemals so froh, ihn zu sehen!

Kevin packte Lord Festerwart am Kragen und riß ihn von mir herunter. Während ich mich aufsetzte und versuchte, meine Kleidung zu richten, schlug Kevin Lord Festerwart einige Male mit der Faust ins Gesicht, bis er (also, Lord Festerwart, nicht Kevin) aus der Nase und aus dem Mund blutete und einige Zähne ausspuckte. Dann zog Kevin einen seiner Handschuhe aus und schlug Lord Festerwart damit ins Gesicht. "Sie sind ein übler Schurke und haben meine unschuldige Schwester entehrt!" rief er erbost aus. "Ich fordere Satisfaktion!"

"Wie bitte?" entgegnete Lord Festerwart verdutzt und spuckte noch einen Zahn aus.

Kevin rollte entnervt die Augen. "Ein Duell, Sie Dorfdepp! Wir werden uns im Morgengrauen duellieren, so verlangt es die Tradition. Nennen Sie mir Ihre Sekundanten und wählen Sie die Waffen!"

"Äh…können wir uns mit faulen Tomaten bewerfen?"

Lady Mousy tippte Lord Festerwart auf die Schultern. "Guter Mann, um diese Jahreszeit gibt es keine Tomaten", sagte sie.

"Tomaten sind was für Schwuchteln." Kevin rümpfte die Nase.

"Tja dann vielleicht…hm, also…Pferdeäpfel?"

"Ist ja widerwärtig", grollte Kevin. "Kommen Sie schon, versuchen Sie mal, ein Mann zu sein. Es muß was scharfes, was spitzes oder was laut knallendes sein. Ist das denn so schwierig?"

Lord Festerwart ließ resigniert die Schultern hängen. "In Ordnung", seufzte er. "Dann wähle ich Säbel. Aber wenn ich das Duell gewinne, wird Ihre werte Schwester mir ihre Hand zur Ehe reichen!"

"Einverstanden", entgegnete Kevin. "Aber wenn Sie das Duell verlieren, dann heiraten Sie Mandy."

Dann wurde ich wieder ohnmächtig.

Die Buchqual-Kontroverse

Bei Irina gab es in der letzten Woche ein lustiges Video darüber zu sehen, was man alles mit einem Buch anfangen kann, das man nicht mag. Über dieses Video gab es anschließend eine etwas kontroverse Diskussion, weil es eben nicht jeder lustig fand.

Auf Gossamer Obsessions kann man dieses Video ebenfalls sehen, und passend dazu gibt es eine Rezension zu Whitney, My Love von Judith McNaught. Menschenskinder, das muß ja wirklich die Mutter aller miesen Bücher und unfaßbar grauenhaft sein. Ich glaube, ich lasse lieber die Finger davon.

Donnerstag, 10. November 2011

Das seltsamste Buchcover des Tages...

...habe ich gerade bei All About Romance entdeckt.




Und ich dachte immer, unter dem Schottenrock ist gar nichts!
 
Aber mal ehrlich, der Typ sieht doch so aus, als wolle er mit seinem Schottenröckchen Can Can tanzen!

Dienstag, 1. November 2011

Jill Sorenson: Set the Dark on Fire

Shay Philips ist eine Wildhüterin im kalifornischen Hinterland. Eines Tages wird in Tenaja Falls eine Tote gefunden, die von offenbar von einem Löwen angegriffen wurde. Der neue Sheriff des Ortes, Luke Meza, möchte Shays Meinung als Expertin zu diesem Fall hören. Doch etwas ist seltsam - warum gibt es keine Blutspuren am Fundort der Leiche? Zwischen Shay und Luke funkt es sofort, doch er verhält sich ihr gegenüber merkwürdig abweisend. Dazu kommt, daß Shay noch einen ganzen Schwung anderer Probleme hat: sie muß sich um ihren jüngeren Bruder kümmern, der seine eigenen Geheimnisse hat und schließlich sogar unter Mordverdacht gerät. Obendrein macht ihr Ex-Lover bei jeder sich bietenden Gelegenheit Ärger...

Tja, idyllisch ist anders. Set the Dark on Fire scheint dem Klappentext nach ein Romantic Suspense zu sein und es ist sicherlich ein spannendes Buch - aber die Suspense-Elemente, obwohl deutlich vorhanden, kommen doch teilweise sehr kurz. Statt dessen geht die Autorin sehr detailliert auf die Personen und ihre Beziehungen untereinander ein. Ich habe schon eine Menge Bücher mit verkorksteren Charakteren als diesen gelesen. Die meisten Personen in Set the Dark on Fire - mit Ausnahme von Shays Ex-Lover Jesse Ryan und eines der Polizisten - sind ganz anständige Leute, die durch widrige Umstände in Schwierigkeiten geraten. Aber diese Schwierigkeiten sind eben so gewaltig, daß die Aufklärung des Verbrechens zeitweise in den Hintergrund verbannt wird. Luke, Shay, ihr Bruder Dylan und Angel (ein Mädchen, in das er verliebt ist) sind nicht gerade die vernunftgesteuertsten Buchprotagonisten, die man sich vorstellen kann. Oft handeln sie impulsiv und nicht gerade besonnen (das Hin und Her zwischen Dylan und Angel hat ein wenig an meinen Nerven gezerrt, aber sie sind natürlich Teenager; da kann man wohl kein Übermaß an Vernunft erwarten). Andererseits sind sie aber auch kein Haufen von überdrehten Drama Queens, so daß ich mich am Ende des Buches guten Gewissens über ein Happy End für wenigstens zwei bis drei der alles in allem doch ganz sympathischen Personen freuen konnte.

Set the Dark on Fire ist spannend und flüssig zu lesen. Ich finde, daß Jill Sorenson eine sehr talentierte Autorin ist und werde sicherlich noch mehr Bücher von ihr lesen. Leider kam der Suspense-Teil hier für meinen Geschmack ein bißchen zu kurz, aber ich hatte an dem Buch trotzdem Spaß.