Dienstag, 20. September 2011

Leighton Gage: Buried Strangers

Als in einem Waldstück in der Nähe von São Paulo in Brasilien mehrere Leichen gefunden werden, wird die Bundespolizei in Gestalt von Chefinspektor Mario Silva zur Hilfe gerufen. Zunächst ist es schwierig, die Toten zu identifizieren, und es gibt scheinbar kein Motiv für die Morde - bis sich schließlich ein grauenhafter Verdacht in eine ungeheuerliche Gewißheit verwandelt...

Buried Strangers ist wieder ein ultra-harter Krimi mit dem Schauplatz Brasilien. Für Leute mit schwachen Nerven ist dieses Buch wirklich nichts, aber es ist extremst spannend und hat diesmal eine wesentliche straffere Erzählweise als das Vorgängerbuch Blood of the Wicked. Wieder werden die teilweise sehr üblen Zustände in Brasilien und die extremen Unterschiede zwischen dem Leben der reichen und der armen Leute in den schillerndsten Farben geschildert. Ich kann natürlich nicht einschätzen, wie realistisch das alles ist, und der Autor scheint kein Brasilianer, sondern ein Amerikaner zu sein. Aber zumindest wirkt es sehr realistisch. Mir wurde beim Lesen jedenfalls mal wieder so richtig klar, wie gut wir es hier in Mitteleuropa eigentlich haben.

Da gibt es Leute, die in den allerärmlichsten Verhältnissen leben, und die ihren Arbeitgebern, sofern sie Arbeit haben, schutzlos ausgeliefert sind. Am anderen Ende des Spektrums befinden sich jene, die sich fast alles leisten können; sogar neue Organe wie Lungen und Herzen, wenn nur das Geld stimmt. Die einen tun alles, um zu überleben - die anderen verteidigen ihre Privilegien mit Zähnen und Klauen. Auch die Polizei ist bis in die höchsten Ränge von Korruption durchdrungen.

Selbst diejenigen, die sich Eigenschaften wie Güte, Aufrichtigkeit und Mitgefühl bewahrt haben, haben ihre dunklen Seiten und neigen gelegentlich dazu, etwas illegales zu tun - bis hin zur Selbstjustiz.

Buried Strangers ist oft bestürzend und schockierend. Aber es ist auch ein wahnsinnig spannendes Buch, das ich in einem Rutsch durchgelesen habe. Eine unbedingte Empfehlung von mir für alle Leser mit starken Nerven.

Sonntag, 18. September 2011

Aus dem Tagebuch einer Regency-Romanheldin, Teil 10


Liebes Tagebuch,

es war so aufregend! Also, nicht die Sache mit Bella und Kevin und Ricky gestern abend. Da habe ich noch eine Menge lautes Stöhnen und Keuchen und Peitschenschläge gehört (nun ja, Kevin ist immerhin Papas Erbe, nicht war? Da muß er wohl auch gelegentlich die Dienstboten züchtigen), aber Bella ist nicht in mein Zimmer gekommen.

Nun ja, nachdem der Fremde in Lord und Lady Mousys Bibliothek meine Kleidung aus dem Weg geschoben hatte, packte er meine Schultern, schob…irgendwie…seine Beine zwischen meine und plötzlich merkte ich, daß mich etwas längliches warmes…da unten…berührte. Da, wo ich mich nicht waschen darf! (Hat mein Kindermädchen immer gesagt). Dann packte mich der Fremde und hob mich hoch, so daß ich meine Beine um seine Hüften schlingen mußte, um nicht wie ein nasser Sack auf den Boden zu plumpsen. Und plötzlich rutschte das längliche warme in mich hinein! So ein seltsames Gefühl. Irgendwie…beglückend? Der Fremde setzte meinen entblößten verlängerten Rücken auf dem Schreibtisch ab (hoffe, daß ich da jetzt keine Tintenflecken habe, kann aber leider nicht hinschauen; Bella muß morgen mal nachsehen) und begann sich auf und ab zu bewegen und so eigenartig zu grunzen. Ich bemerkte, daß ich laut stöhnte. Der Fremde bewegte sich immer schneller. Plötzlich öffnete sich die Tür der Bibliothek und ich sah – nun ja, keine Ahnung, wer das war. Der Kleidung nach muß es wohl ein Lakai von Lord und Lady Mousy gewesen sein. Er schloß die Tür ganz schnell und muß  fortgegangen sein, und das war gut, denn ich konnte mich nur noch auf den Fremden konzentrieren, dessen Gesicht nun gerötet und schweißgebadet war, und dessen Mund sich an meinem Hals festgesaugt hatte. Es war so unbeschreiblich wundervoll, und Wellen der unglaublichsten Gefühle überkamen mich und wollten gar nicht mehr aufhören, bis der Fremde ganz plötzlich laut stöhnte und ich merkte, wie an meinen Beinen etwas warmes und dickflüssiges herunterlief.

Eigenartig, das. Ich muß Kevin danach fragen. Jedenfalls war ich gar nicht mehr traurig, daß ich keine Süßigkeiten im Schreibtisch gefunden hatte und auch nicht wußte, was aus der Salami geworden war. Verdutzt starrte ich den Fremden an und sagte das erste, was mir einfiel: "Wer…wer sind Sie?"

Der Fremde lächelte mich an, aber es war ein etwas unangenehmes Lächeln. "Du, meine Süße, kannst mich Freddy nennen, wenn wir unter uns sind. Aber deinem Papa kannst du viele Grüße von Frederick St.Moron, dem Herzog von Steelyballs ausrichten. Und bei der Gelegenheit kannst du ihm auch sagen, daß ich erwarte, daß er in Zukunft etwas mehr unternimmt, um das Amulett der Sündigen Fanny zu finden. Da reicht es nicht, daß er mir seine schöne Tochter hinterherschickt, damit sie mich verführt! Dieses Amulett gehört den St.Morons seit Generationen, und deine nichtswürdige, ehrlose Familie hat es gestohlen!" Nun hatte der Fremde, also der Herzog, sich wohl in Rage geredet, und schon hatte er auch seine Kleidung gerichtet und war verschwunden.

Und ich? Ich japste nach Luft, so sehr, daß mindestens die Hälfte der Schnüre an meinem Korsett gerissen sind. Dann wurde ich an Ort und Stelle bewußtlos!

Sonntag, 11. September 2011

Voilà, je vous présente...

Ich weiß, es gibt da draußen in der großen weiten Welt viele Anne Stuart Fans. Ich gehöre nicht dazu; ich habe nämlich eine recht niedrige Arschloch-Helden-Toleranzschwelle. Nun ist es aber so, daß ich über den DearReader.com Romance Bookclub jede Woche per e-mail Leseproben von Liebesromanen bekomme. Oft werden da etwas ältere Exemplare vorgestellt, aber in der letzten Woche war Breathless von Anne Stuart dran. Ich habe gar keine Zeit gehabt, mir die Leseproben richtig durchzulesen, aber etwas fiel mir doch auf: der Name des Helden! Der heißt nämlich

Lucien de Malheur

WTF? Was kommt denn da als nächstes? Der Duc du Schlechtes Karma? Mademoiselle Dumm Gelaufen?

Und noch wichtiger: wird es ein Crossover-Buch von Anne Stuart und J.R. Ward geben, in dem sich der grauenhaft gefährliche, fürchterlich leidende und Lederkleidung tragende Vampir Mhächtig Anhgepisst unsterblich in die französische Aristokratin Princesse de Pleiten-Pech et Pannen verliebt?

Pamela Clare: Extreme Exposure

Kara McMillan ist Journalistin bei einer Tageszeitung in Colorado. Schon seit Jahren hat sie sich für nichts anderes interessiert als die Erziehung ihres kleinen Sohnes Connor und ihre Arbeit. Eines Tages überschlagen sich jedoch die Ereignisse: ehe sie es sich versieht, hat Kara eine heiße Affäre mit Reece Sheridan, einem attraktiven, intelligenten, integren und kompetenten Politiker (na klar doch) und ist gleichzeitig einem Skandal auf der Spur: eine Firma, die Zement herstellt, scheint gegen jedes der Menschheit bekannte Gesetz gegen Umweltverschmutzung zu verstoßen. Schon bald steckt Kara in der Zwickmühle: Unbekannte bedrohen sie und verüben Anschläge auf sie - etwa die Zementfirma? Und welche Verbindung hat Karas neuer Liebhaber zu dieser Firma?

Eins muß man Pamela Clare lassen: sie hat ein Händchen für ziemlich außergewöhnliche Szenen - und unfreiwillige Komik, aber dazu später mehr. Der Anfang des Buches ist bewundernswert schräg: Da geht Kara mit einer Freundin aus, betrinkt sich und fängt direkt an, Reece, den sie bisher nur beruflich von einem Interview kannte, faszinierende Details über ihre sexuellen Vorlieben zu erzählen. Das ist ja die Wucht in Tüten. So betrunken könnte ich überhaupt nicht sein! Aber egal: Reece steht auf Kara, Kara fährt auf Reece ab, und so könnte die Liebesgeschichte ihren Lauf nehmen, wenn Karas Gewissenbisse wegen ihres kleinen Sohns dem nicht im Weg stünden. Diese Bedenken kann Reece aber nach und nach ausräumen.

Etwas spannender ist da schon der Suspense-Plot, wenn ich diesen Anglizismus mal ausnahmsweise benutzen darf (ja, darf ich. Ist ja mein Blog). Kara bekommt unter größter Geheimhaltung Hinweise und vertrauliche Unterlagen von einem Mitarbeiter der Zementfirma. Sie schafft es, heimlich das Werksgelände der Firma aufzusuchen und dort Fotos zu machen und Wasserproben zu entnehmen. Ein bißchen wie Julia Roberts in Erin Brockovich. Als Kara aber auch noch anfängt, die Anwohner in der Umgebung der Firma zu befragen, bemerken deren Verantwortliche offensichtlich, daß etwas im Busch ist, und von da an wird es richtig gefährlich.

Extreme Exposure ist ein spannendes Buch und das Lesen hat mir wirklich Spaß gemacht. Aber es ist schon eher das, was ich als "fluffy" bezeichnen würde. Insbesondere mit dem Helden hatte ich so meine Probleme. Reece Sheridan ist eigentlich ein Lehrer, der sich ins Amt des Senators wählen ließ, um seinen Schülern zu beweisen, daß die Beteiligung jedes einzelnen Bürgers am politischen Geschehen möglich und sinnvoll ist. Er sieht gut aus, ist ein toller Liebhaber, unbestechlich, selbstlos, treu, ehrlich, zuverlässig und reich. Oder mit anderen Worten: daß es jemanden wie ihn gibt, ist ungefähr so wahrscheinlich wie die Landung eines Ufos auf meinem Balkon innerhalb der nächsten 5 Minuten. Hier in Dortmund sind schon die Kommunalpolitiker weltfremd, inkompetent, korrupt, verlogen und nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Nichts deutet für mich darauf hin, daß das auf Landes- oder Bundesebene irgendwie anders sein könnte. Abgesehen davon fällt mir nicht ein einziger Politiker ein, den man auch nur im entferntesten als gutaussehend bezeichnen könnte. In den USA werden die Verhältnisse in der Hinsicht wohl auch nicht großartig anders sein.

Immerhin hat Extreme Exposure aber die etwas zweifelhafte Ehre, einen der bescheuertsten Sätze in der Geschichte der Literatur zu beinhalten. Ich kichere jetzt noch, wenn ich dran denke. Gegen Ende des Buches wollen die Bösen Kara nämlich töten, in dem sie sie in einen Ofen stecken (ich bin aus der Beschreibung nicht ganz schlau geworden, aber es könnte sich um einen Drehrohrofen handeln). Egal, Kara hat jedenfalls schlagkräftige Argumente, die selbst den kaltblütigsten Mörder von seiner grausen Tat abhalten würden:

The blast of heat took her breath away. The white-orange blaze was painfully bright even in the daylight, and the roar was like that of a freight train. Red, glowing bricks lined the interior, even the door. She turned her face away and shut her eyes against the glare. "Killing me constitutes a major violation of the First Amendment!"

Yup. Die Bösewichter sind davon genauso beeindruckt wie ich, aber gerettet wird Kara natürlich trotzdem.

Abschließend noch ein paar Worte der Warnung: wer an Diabetes leidet, sollte auf gar keinen Fall auch nur daran denken, den Epilog dieses Buches zu lesen. Das ist mein Ernst. Ich habe es getan und merkte schon beim Lesen, wie sich Karies über meine Zähne ausbreitete. Ich liebe Happy Ends, und ich mag Süßigkeiten, aber was zuviel ist, ist zuviel.

Samstag, 3. September 2011

Aus dem Tagebuch einer Regency-Romanheldin, Teil 9


Liebes Tagebuch,
die Bibliothek von Lord und Lady Mousy ist ganz schön armselig. Da sind noch nicht mal Süßigkeiten im Schreibtisch versteckt! Wenn ich einen Schreibtisch hätte, dann würde ich in die Hälfte der Schubladen Süßigkeiten und in die andere Hälfte kleine Flaschen mit Hustensaft legen. So hätte ich immer, was ich brauche.

Während ich die Schubladen des Schreibtischs öffnete, hörte ich plötzlich ein Räuspern hinter mir. Und als ich mich umdrehte – ich wurde ein bißchen rot, weil ich mir nicht sicher war, ob Lord und Lady Mousy damit einverstanden sind, daß ich in ihrem Schreibtisch Süßigkeiten suche – sah ich, daß der Fremde von Lady Sandcastles Ball hereingekommen war!

Oh, er ist ja so anbetungswürdig. Er hat unglaublich breite Schultern. Aber er hat etwas grimmig geguckt und die Stirn gerunzelt. "Was machst du kleine Hexe denn da?" hat er mich angeherrscht.

Oh je. Im Ausredenerfinden hatte ich zwar eine 2 in der Schule – aber…unserere Lehrerinnen waren ja auch nicht so attraktiv und maskulin wie dieser Fremde. Ich fürchte, ich habe ein bißchen herumgestammelt und etwas in der Art von "Ich…äh, also…mir ist was runtergefallen…ein Familienerbstück. Das Amulett von meiner Ur-ur-ur-Oma Fanny. Sie war, äh…zwei Wochen lang die Geliebte von Charles II!" gesagt. (Meine Lehrerin Miss Dunwick hat immer gesagt, daß nahezu jede britische Adelsfamilie eine Urahnin hat, die die Geliebte von Charles II war. Und dann hat sie noch gesagt, daß wir deswegen alle miteinander verwandt und irgendwie inzestgeschädigt sind. Was kann sie damit nur gemeint haben??).

Der Fremde sah beeindruckt aus. Er runzelte zwar immer noch die Stirn, aber er sagte, er würde mir beim Suchen helfen. Dann kam er auf mich zu und packte meine Hüften! Er riß mich an sich und plötzlich biß er mich ins Ohrläppchen und rieb seine Vorderseite an mir. Ich spürte etwas hartes, längliches, etwa in der Höhe meines Bauchnabels – ob er wohl von Lady Mousys Buffett eine Salami mitgenommen hatte? Aber egal: plötzlich begann der Fremde mich zu küssen und gleichzeitig am Ausschnitt meines Kleids zu ziehen. Es war so aufregend! Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, und ich hörte ein lautes Stöhnen und merkte, daß ich das selbst war! Mir fiel plötzlich ein, daß es mittags schon wieder nur Schafsinnereien gegeben hatte, und so griff ich nach der Salami, die plötzlich noch größer wurde, und der Fremde ließ von meinem Ausschnitt ab und schob meinen Rock und meinen Unterrock und meinen Unter-Unterrock hoch und dann…

…oh. Ich muß das Licht ausmachen. Nebenan quiekt Bella ganz laut, und wer weiß, vielleicht ärgert sie sich gerade über Kevin und kommt gleich rüber, um ihren Zorn an mir und meiner Katze auszulassen! Ich muß ganz schnell tun, als würde ich schlafen.