Freitag, 30. Juli 2010

Sonst noch Fragen?

Dortmund-Eving im Jahre des Herrn 2010. Ganz Deutschland hat den Kampf gegen überflüssige englische Wörter aufgegeben. Ganz Deutschland?...Nein! Ein kleiner Ort im Dortmunder Norden setzt sich entschlossen gegen diese Unsitte zur Wehr:



(Aber, na ja, ein deutsches Wort ist es ja eigentlich trotzdem nicht...)

Sonntag, 25. Juli 2010

Shiloh Walker: Fragile

Luke Rafferty hat vor einigen Jahren nach einer schweren Verletzung die amerikanische Armee verlassen und arbeitet als Arzt in einem Krankenhaus. Sehr oft muß er die Schützlinge von Devon Manning verarzten, einer Sozialarbeiterin, die sich um mißhandelte Kinder kümmert. Luke und Devon fühlen sich schon lange zueinander hingezogen, doch keiner von beiden hat sich bisher getraut, den ersten Schritt zu machen. Schließlich kommen die beiden einander doch näher, aber Devon wird verfolgt - jemand spielt ihr üble Streiche und versucht schließlich sogar, sie zu töten...

Fragile ist ein Tip vom lesenswert-empfehlenswert Blog gewesen. Die Rezension zu Fragile ist ja eher lauwarm, und ich bin eigentlich durch die Rezension zu Broken, der Fortsetzung, darauf gestoßen. Wenn überhaupt, wollte ich die Bücher aber in der richtigen Reihenfolge lesen. Ich war auch ein wenig mißtrauisch, weil erwähnt wurde, daß Shiloh Walker mal für Elloras Cave geschrieben hat. Nun habe ich nicht viel Erfahrung mit erotischen Büchern, genaugenommen habe ich nur eins gelesen. Und das war so fürchterlich, daß ich mich, wäre ich ein zartbesaiteter Mensch, danach von einer Brücke gestürzt hätte. Der Inhalt bestand aus

1.) einem kurzen Dialog:
Frau: Ich hab's schwer und ich bin total verkorkst.
Mann: Ich bin auch ziemlich schräg drauf.
Frau: Laß uns vögeln.

2.) ungefähr 200 Seiten lang Sex in den verwegensten Stellungen und mit wechselnden Partnern, aber ohne daß die Teilnehmer einander auch nur habwegs sympathisch zu sein schienen und besonders viel Spaß dabei hatten.

3. ) Letzte Seite: Frau ist immer noch verkorkst und depressiv und macht sich auf die Suche nach neuen Sexpartnern

Ne, also das ist nichts für mich. Man hat mir aber glaubhaft versichert, daß Fragile richtige Charaktere und eine richtige Handlung hat - und siehe da, so war es auch! Ich fand Luke sehr sympathisch, er ist ein äußerst willkommenes Kontrastprogramm zum Über-Macho Jake, der mich anfangs bei Hard to Hold so sehr genervt hat (inzwischen finde ich aber, daß selbst der nicht so eine nervige, zickige, dumme Tussi wie Isabelle verdient). Luke hat nämlich nicht nur Gefühle, er hat auch kein Problem damit, sie auszudrücken. Zwischendurch hat er auch mal die eine oder andere Macho-Anwandlung, aber insgesamt wird er als normaler Mann mit Stärken und Schwächen beschrieben, und nicht als unbesiegbarer Supermann, der immer recht hat und dies auch jeden bei jeder Gelegenheit wissen läßt. Luke macht sich beispielsweise Sorgen um seinen psychisch angeschlagenen Bruder Quinn, aber er weiß auch, daß er diesem nur helfen kann, wenn Quinn es so will. Soweit ich es beurteilen kann, wird auch ein weiteres Problem recht realistisch beschrieben: Luke versucht nämlich anfangs, Quinn und Devon voneinander fernzuhalten, weil er befürchtet, daß die beiden gar nicht miteinander klarkommen werden. Quinn ist nämlich jemand, neben dem Dr. House wie ein übertrieben philantropisches Glücksbärchi wirken würde, und Devon war als junges Mädchen heroinsüchtig und hat immer noch deutlich sichtbare Narben. Wenn Quinn Devon deswegen fertigmachen und als Junkie beschimpfen würde, könnte sie sich ganz schnell wieder in ihr Schneckenhaus zurückziehen, aus dem sie gerade erst ein wenig herauszukommen beginnt.

Devon selbst ist ein bißchen schwieriger zu verstehen, weil sie in ihrer Jugend wirklich alles Schlimme überlebt hat, was einem Mädchen widerfahren kann. Ihre Handlungen sind nicht immer ganz nachvollziehbar, aber alles in allem ist sie eine starke, vernünftige Frau, die nicht zu TSTL-Handlungen neigt.

Richtig schlimm wird es, als Devon beinah durch die Hände eines Stalkers zu Tode kommt; denn nun zieht sie sich immer mehr zurück, während Luke sich schwerste Vorwürfe macht. Und es stellt sich heraus, daß jemand aus Lukes Vergangenheit ebenfalls hinter den beiden her ist. Es gibt also eine Menge innere und auch äußere Konflikte zu überwinden, bevor sich Devon und Luke ihr wohlverdientes Happy End gönnen können.

Das Buch hat nicht nur interessante und sympathische Charaktere, sondern auch eine spannende Handlung. Es ist ziemlich düster, aber auf jedem Fall lesenswert - und ich wollte mich danach auch nicht von einer Brücke stürzen. Die Fortsetzung werde ich bestimmt lesen!

Samstag, 24. Juli 2010

Oh Schreck!

Das hat jetzt nichts mit Büchern zu tun, aber es ist einfach zu bizarr, um es zu ignorieren: gestern führte mich mein Weg, wie so oft, wieder einmal in die Kosmetikabteilung des Supermarkts meines Vertrauens, denn schließlich muß frau ja dann und wann überprüfen, ob es womöglich eine neue Sorte Mascara oder eine neue Lidschattenfarbe gibt. Was aber sah ich zu meinem nichtendenwollenden Erstaunen? Nosferatu macht Werbung für Lippenstifte! Seht selbst:







Gruselig, was?

Falls ihr jetzt Lust bekommen habt, den Nosferatu-Look nachzuschminken (nur noch 3 Monate bis Halloween): näheres zum Lippenstift findet ihr hier und das Nosferatu-Poster hier.

Mittwoch, 21. Juli 2010

Ich habe einen Award bekommen!

Und zwar diesen hier:


Dafür vielen Dank an Cleopatra und Orchidee vom lesenswert-empfehlenswert Blog und an Evi vom Zwillingsleiden Blog!

Damit verbunden soll man 10 weitere Blogs nominieren - darauf verzichte ich jetzt einfach mal, weil all meine Lieblingsblogs diesen Award schon haben.

Aber die Frage "Was magst du am liebsten an deinem Blog" beantworte ich natürlich gerne!

Also, ich mag mein Blog aus ziemlich egoistischen Gründen: es gibt mir nämlich die Gelegenheit, in aller Länge und Breite und Ausführlichkeit über Bücher zu quatschen. Und zwar jeweils über die Bücher, die mich gerade beschäftigen, und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen (okay, letzteres tue ich im wirklichen Leben auch nicht besonders oft). Regelrecht begeistert bin ich von dem Gedanken, daß es einige andere Menschen in den unendlichen Weiten des Internets gibt, die sich für mein Gequatsche interessieren. Deswegen freue ich mich auch sehr über jeden Kommentar und jede Diskussion, die sich daraus ergibt, denn außerhalb des Internets habe ich eher selten Gelegenheit, über meine Lieblings- und Nicht-Lieblings-Bücher zu sprechen!

Montag, 19. Juli 2010

Ich habe mir ein Buch gekauft...

...und zwar "Die Schlüsselträgerin" von Simone Neumann. Das hat mich heute in der recht gutsortierten Bücherabteilung des Real-Geschäfts im Dortmunder Indupark angelacht, obwohl ich eigentlich in dem Geschäft war, um einen Großeinkauf für meinen Geburtstag zu tätigen. Na ja, jedenfalls habe ich ja vor nicht allzu langer Zeit "Des Teufels Sanduhr" von derselben Autorin gelesen und recht spannend gefunden. Also griff ich zu, ohne lange nachzudenken. Erst später, beim Warten an der Kasse, las ich den Text auf der Rückseite richtig durch und mußte mit Erschrecken feststellen, daß dieser offenbar von Erkan und Stefan verfaßt wurde. Ich zitiere:

"Sie fürchtet, mithilfe heidnischer Rituale den Tod der beiden heraufbeschwört zu haben."

Au weia. Oh je. Ich hoffe nur, daß das komplette Buch dann nicht auch noch von Supa-Richie lektoriert wurde...denn gekauft habe ich es trotzdem.

Sonntag, 18. Juli 2010

Bücher die man nicht lesen kann, Teil 6: Stephanie Tyler: Hard to Hold - 12

Das Ende naht. Also, das Ende dieses Buches. Am Ende der letztens erwähnten Sex-im-Schlamm-Szene (ohne afrikanische Wolldecke) hatte Jake die folgenden tiefschürfenden Worte von sich gegeben:

"I'm just a man who's falling in love for the first time in his life, a man who doesn't know the rules of the game and who thinks he's going down this road alone."

Hach, seufz. Der arme Kerl. Als die beiden in Jakes Haus ankommen, ist Isabelle schon wieder am schmollen. Jake gibt ihr gerade noch den Rat mit auf den Weg, alle Fenster geschlossen zu halten und nicht ohne ihre Pistole duschen zu gehen, da verschwindet sie schon in ihren Privatgemächern.

Jakes Bruder/Navy SEAL Kumpel / Sequel-Bait Nick hat inzwischen eine Akte über den Bösewicht Rafe aus Onkel Cals Büro geklaut, und deswegen können sich Nick und Jake jetzt erstmal gemütlich einen kleinen Kaffeeklatsch nebst ausgiebiger Diskussion von Rafe und seiner Lebensgeschichte gönnen. Rafe, der arme Kerl, wurde von Papa und Mama im Stich gelassen und wuchs in Pflegefamilien auf, wo er verprügelt und mißbraucht wurde. Okay, das ist sicherlich gut zu wissen, wenn man ihn ausfindig machen und verhaften will, weil - äh, keine Ahnung warum. Vielleicht sollen wir uns auch einfach nur mal klarmachen, wie schwer dieser arme Mann es im Leben hatte.

Dann wird es aber doch noch spannend, denn Nick, Jake und ich erfahren aus der geklauten Akte, daß Rafes Papa Isabelles Papa (der, wir erinnern uns, eigentlich nicht wirklich ihr Vater war, da ihre Mutter ein Techtelmechtel mit Onkel Cal hatte) gemeuchelt hat, und daß Onkel Cal danach Rafes Papa in die ewigen Jagdgründe befördert hat. Boah ey! Das ist ja wie in 'ner Seifenoper. Isabelle hat die ganze Geschichte auch mitgekriegt, weil sie sich klammheimlich an unsere beiden super-wachsamen, mit nahezu übermenschlichen Sinnen ausgestatteten Navy SEALs herangeschlichen hat.

Ganz klar: Rafe ist gemeingefährlich und immer noch hinter Isabelle her (und hinter Onkel Cal, der aus Reue über seine Verfehlungen seinen Job als Admiral aufgeben will und urplötzlich von einem Angreifer von hinten niedergeschlagen wird).

Deswegen jetzt eine kleine Denksportaufgabe: Was ist für Isabelle in dieser Situation die wichtigste Maßnahme?

a) Sich vor Rafe in Sicherheit bringen und hoffen, daß er bald verhaftet wird
b) Vor Angst zittern
c) Jakes schlimme Kindheit sowie ihre Beziehungsprobleme in epischer Breite ausdiskutieren

Wer meine Berichte über diesen wundervollen literarischen Exkurs in die Welt des Schwachsinns des öfteren verfolgt hat, weiß natürlich sofort, daß sich Isabelle ohne weiteres Nachdenken und Inanspruchnahme des Publikumsjokers direkt für Option C entscheidet.

Die beiden zanken sich ein wenig darüber, ob Isabelle (wir entsinnen uns, sie ist plastische Chirurgin) Jakes Narben wegoperieren soll, dann gibt es das bizarrste Vorspiel der Literaturgeschichte:

"She paused a minute before slamming his shoulders with her palms as hard as she could. He didn't move at all, but he did bare his teeth at her. So she did it again. And again. Until tears were running down her cheeks and her teeth grit together so hard that her head ached, until he caught her wrists."

Sexy! Kein Wunder, daß unsere beiden Helden sich nicht mehr beherrschen können:

"I'm going to take you now, Isabelle. Right here. On the floor. The couch. The table. So if you don't want that to happen, you'd better leave."

(Ich frage mich gerade, ob Jake ein Bügelbrett hat. Ist schließlich auch eine waagerechte Oberfläche, und ich habe noch nie eine Sexszene auf einem Bügelbrett gelesen. Ob das überhaupt geht? Und welches maximale Benutzergewicht hält so ein Bügelbrett wohl aus? Und ob die Stelle im Buch dann wohl eine Fußnote mit der Bemerkung "Don't try this at home" bekäme? Ist aber eigentlich egal. Wenn Jake schon fremde Frauen mit nach Hause nimmt, damit sie ihm nachts Pfannkuchen machen, dann wird er wohl auch nicht selbst bügeln.)

Jake und Isabelle machen also wild, leidenschaftlich und hemmungslos - allerdings bügelbrettfrei - Liebe, und danach macht Isabelle das, was die meisten Frauen wohl nicht tun, nachdem sie gerade Sex mit ihrem neuen Freund hatten: sie ruft ihre Mama an, um sie erneut nach der tragischen Geschichte von ihrem Nicht-Vater, Onkel Cal und Rafe seinem Papa zu fragen. Und so bietet sich mir die Gelegenheit, dieses Kapitel mit den weisen Worten von Isabelles Mutter zu beenden:

"Sometimes, for the people you love, you do things that you think you should be incapable of doing - things that seem impossible. You do what's best."

Hach. Tja, und beim nächsten mal wird's dann richtig spannend!

Sonntag, 11. Juli 2010

Karen Hawkins: Lady in Red

London, Anfang des 19. Jahrhunderts: Marcus St. John, der Marquis von Treymount und als solcher das Oberhaupt seiner Familie, muß ein unbezahlbares Familienerbstück wiederfinden, das sein Bruder verloren hat. Es handelt sich um einen Ring, der seinem Besitzer angeblich dabei hilft, die Frau seines Lebens zu finden. Wenig später findet Marcus heraus, daß eine gewisse Honoria Baker-Sneed den Ring hat. Marcus ist bereit, ihr den Ring abzukaufen, doch Honorias Forderungen sind exorbitant: neben einer gewaltigen Summe Geldes will sie, daß Marcus hilft, ihre jüngere Schwester in die Gesellschaft einzuführen. Es kommt wie es kommen muß, und schon bald ist das Gefeilsche um den Ring nahezu vergessen, während Marcus und Honoria halbherzig versuchen, ihre gegenseitige Anziehungskraft zu ignorieren...

Tja. Eigentlich erübrigt sich jeder Kommentar zu diesem Buch, oder? Ich habe schon Dutzende von Büchern mit der gleichen oder einer ähnlichen Handlung gelesen, viele davon besser als dieses. Mit anderen Worten: Lady in Red ist ungefähr so originell wie der fünfmillionste Hamburger bei McDonald's. Wir haben wieder mal einen aristokratischen Macho-Helden, der natürlich viel attraktiver, sportlicher, maskuliner, reicher, sexier und ehrfurchtgebietender ist als alle seine Zeitgenossen, und der aus unerfindlichen Gründen wild entschlossen ist, sich auf keinen Fall zu verlieben; eine Heldin, die ihre zahlreichen verarmten Geschwister durchbringen muß, weil ihr nichtsnutziger Papa das Familienvermögen verjubelt hat; und unverschämte Dienstboten (diesmal ein diebischer Kutscher), die offenbar Humor in die Geschichte bringen sollen.

Erwähnte ich schon mal, daß ich das "dreistes Personal"-Handlungselement in Historicals im allgemeinen und in Regency-Romanen im Besonderen verabscheue? Wenn ich einen Kutscher hätte, würde ich mir von dem wohl kaum Vorschriften machen lassen, und ich würde mit Sicherheit erwarten, daß er meine Anweisungen befolgt. Und wenn ich ein Kutscher gewesen wäre in einer Zeit, als es Dinge wie Gewerkschaften, Berufsgenossenschaften, Arbeitsrecht oder auch nur Kündigungsfristen noch lange nicht gab, hätte ich doch wohl sehr gut aufgepaßt, daß ich gegenüber meinem Arbeitgeber keine dicke Lippe riskiere, denn sonst hätte ich mich sehr schnell in der großen Menge der Obdachlosen, Hungernden und Frierenden wiederfinden können.

Aber das nur nebenbei. Die Tatsache, daß sich Marcus und Honoria irgendwann in einer kompromittierenden Situation wiederfinden und heiraten müssen, dürfte wohl niemanden überraschen, und der Rest der Handlung ist genauso einfallsreich. Alles könnte ganz toll sein, aber weil Marcus ihr noch keine offizielle Liebeserklärung gemacht hat, fängt Honoria an, rumzuzicken, packt ihre Sachen und verläßt das Haus. Die oberen Zehntausend schauen in Marcus' Luxus-Stadtvilla vorbei, es gibt 'ne Mega-Party, Marcus kann Honoria überzeugen, daß er sie liebt, schluchz, wilde Knutscherei, Happy End.

Das einzig halbwegs neue, was das Buch bietet, sind die Fehler, die man im Verlag offenbar übersehen hat. Die gibt's zwar in anderen Büchern auch, aber eben nicht genau dieselben - und das ist immerhin schon mehr, als man über die Handlung und die Charaktere sagen kann. Die Tatsache, daß sich Marcus beim Anblick von Honoria ein Glas Bourbon wünscht, kann ich noch verkraften; immerhin war das Zeug ja schon erfunden, obschon ich mir nicht sicher bin, daß britische Aristokraten am Anfang des 19. Jahrhundert Whiskey aus Amerika zu trinken pflegten. Aber diese Szene fand ich schon sehr befremdlich. Marcus und Honoria begegnen sich an einem Vormittag in einem Museum und fangen an zu flirten. Dann plötzlich dies:

"He regarded her for a moment more, admiring the curve of her cheek in the moonlight, the way her gown curved over her breasts and hips."

Soso. Mondlicht. Am Vormittag. Durchaus möglich, glaube ich. Wenn es gerade Dezember ist und man sich in Lappland befindet. Warum wird man überhaupt Schriftstellerin, wenn man dann Bücher schreibt, die außer ein paar Fehlern nichts erfreuliches, originelles oder außergewöhnliches zu bieten haben? Oder ist Karen Hawkins etwa gar keine Person, sondern eine Software, die auf Knopfdruck die beliebtesten Liebesromanklischees vermengt und ein komplettes Buch ausspuckt?

Danna Raybourn: The Dead Travel Fast

Theodora Lestrange ist eine junge Schottin aus guter, aber verarmter Familie. Sie möchte gern Schriftstellerin werden, und so kommt Theodora die Einladung ihrer Schulfreundin Cosmina sehr gelegen: Cosmina wohnt mittlerweile in den Karpaten bei ihrer Ziehmutter, deren Sohn, den Grafen Andrej Dragulescu, sie in Kürze heiraten soll. Theodora macht sich auf den Weg zum abgelegenen Karpatenschloß der Dragulescus, voller Freude, Cosmina wiederzusehen und in der Erwartung, von der wilden, einsamen Landschaft für ihr erstes Buch inspiriert zu werden. Gegen ihren Willen ist Theodora von dem geheimnisvollen, gutaussehenden Grafen fasziniert, doch das Schloß und seine Bewohner scheinen auch der Schauplatz einiger finsterer Machenschaften zu sein: ein junges Mädchen stirbt, und die Einheimischen munkeln von Werwölfen und Wiedergängern...

The Dead Travel Fast ist ganz eindeutig ein Victoria Holt-Gedächtnisbuch und als solches wirklich recht gelungen. Es hat eine äußerst gruselige Atmosphäre und eine Menge Charaktere, bei denen man lange Zeit nicht weiß, ob sie gut oder böse sind. Das schließt den Helden, den zwielichtigen Grafen Dragulescu, durchaus mit ein. Wie die meisten Victoria Holt-Bücher ist es in der Ich-Form geschrieben (das ist etwas, das mich nie stört, aber ich weiß, daß es viele gibt, die ein in der Ich-Form geschriebenes Buch niemals anrühren würden) und die Sprache ist ein wenig altertümlich. Das letztere hat mich vor allem in den ersten zwei Dritteln des Buches schon ein wenig gestört, denn diese Teile des Buches waren nicht wirklich spannend. Die Handlung plätscherte mehr oder weniger vor sich hin: Theodora kommt im Schloß an; sie lernt dessen Bewohner und deren teilweise befremdliche Sitten und Gebräuche kennen; einige beunruhigende, aber nicht wirklich lebensbedrohliche Dinge geschehen; Theodora findet Freunde und Feinde, kann aber oft nicht feststellen, wer das eine und wer das andere ist.

Im letzten Drittel wird das Buch dann allerdings wirklich spannend. Wie es sich für ein derartiges Buch gehört, findet sich eine Erklärung für (fast) alle scheinbar übernatürlichen Geschehnisse, und es stellt sich heraus, daß eine scheinbar harmlose Person in Wirklichkeit bösartig und dem Wahn verfallen ist.

Ich glaube nicht, daß ich The Dead Travel Fast noch einmal lesen werde, und ich verspüre auch nicht den Wunsch, alle bisherigen Titel der Autorin aufzuspüren - aber es war ein ganz netter, nostalgischer Zeitvertreib.

Sonntag, 4. Juli 2010

Letizia Conte: Villa Monteverde

Anne Martin ist eine Archäologin, die in einem Museum in Hamburg arbeitet. Als sie entdeckt, daß ihr Chef und Liebhaber Johann Wedekind in dunkle Machenschaften verstrickt ist und offenbar plant, dem Museum gefälschte etruskische Artefakte unterzujubeln, flieht sie überstürzt nach Italien. Dort besitzt ihre Hippie-Mutter ein Häuschen auf einem Landgut, das der Familie Casagrande gehört. Dieses Häuschen hat seit Jahren niemand betreten. Gegen den Willen von Patrizio Casagrande, dem Erben des Guts, macht sich Anne daran, das Häuschen zu renovieren. Schon bald findet sie Freunde in der Gegend, und ihre Mutter und ihr bester Freund Harry kommen zu Besuch. Doch warum ist Patrizio ihr gegenüber so feindselig, und was hat es mit dem geheimnisvollen Fund auf sich, den Anne und ihre Freunde beim Ausheben eines Brunnens machen?

Das Buch hat mir die Autorin geschickt, dafür nochmals vielen Dank. Ich würde es in die Kategorie "leichte Urlaubslektüre" einordnen, was ja erstmal nicht schlecht ist. Es hat eine ganz interessante Geschichte (der Fund!) und ein paar sympathische Charaktere. Auch Anne und Patrizio sind, einzeln gesehen, keine üblen Romanhelden, wobei ich anfangs Patrizio etwas besser beschrieben fand als Anne. Patrizio hat nämlich ein Problem: er ist ein Schönheitschirurg, der in Rom die Nasen und Brüste der oberen 10.000 richtet. In letzter Zeit empfindet er jedoch einen gewissen Überdruß für diese Tätigkeit und er überlegt, ober er nicht auf das elterliche Landgut zurückkehren und sich auf die Nachfolge seines Vaters als Besitzer vorbereiten soll - zumal die Gesundheit seines Vaters nicht mehr die Beste ist.

Anne dagegen wünscht sich Ruhm und Ehre als Archäologin sowie ein bürgerliches Leben mit einem netten Mann - nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge. Ihre Hippie-Mama Esmeralda hat sie zwar gern, aber die beiden verstehen einander nicht wirklich. Diese Situation wird dadurch verschärft, daß beide in Hamburg unter einem Dach wohnen. Ihren wesentlich älteren Chef Johann wollte Anne eigentlich heiraten, doch auch mit ihm gibt es Probleme: er hindert Anne immer wieder daran, an Ausgrabungen teilzunehmen und so ihre Karriere zu fördern. Dazu kommt, daß er ganz und gar nicht der Mann ist, für den sie ihn gehalten hat.

Soweit, so gut. Aber ich habe ein Problem mit dem Buch, und das ist die Beziehung zwischen Anne und Patrizio. Daß die beiden sich ineinander verlieben, dürfte ja wohl für niemanden eine Überraschung sein, der schon mal ähnliche Bücher gelesen hat. Aber die anfängliche Feindseligkeit der beiden und ihr Kleinkrieg sind einfach nur dumm und lächerlich. Die beiden verhalten sich, als würden sie in Gegenwart des jeweils anderen ihr Gehirn ausschalten. Da sie sich aber nun ständig nur anpflaumen, weiß ich weder, was Anne an Patrizio findet, noch was Patrizio an Anne findet. Die beiden wissen ja gar nichts übereinander, außer: er/sie ist umwerfend attraktiv und er/sie ist ein blödes Arschloch. Verliebt man sich in ein blödes Arschloch, nur weil es gut aussieht? Wohl kaum!

Die folgende Szene fand ich beispielsweise absolut furchtbar. Es ist die zweite Begegnung von Anne und Patrizio, die beiden haben sich vorher nur einmal getroffen und sich auch da schon heftigst angezickt. Patrizio kommt zu Anne und trifft sie an, während sie gerade an der Renovierung arbeitet. Nun passiert dies:

Er suchte nach den richtigen Worten und sagte zu seinem eigenen Entsetzen: "Wie ich sehe, sind Sie in die Maurergilde eingetreten." Verdammt! Warum hatte er seinen Zynismus nicht in der Villa zurückgelassen?
Eine tiefe Falte bildete sich auf ihrer hohen Stirn, und sie fragte: "Haben Sie immer noch etwas dagegen?"
"Und ob. Die Ruine wird nämlich demnächst abgerissen."
Er hätte sich selbst ohrfeigen können, aber diese Frau brachte ihn zur Raserei. Das Blut rauschte durch seine Adern, und er war zu keiner vernünftigen Überlegung mehr fähig. Ohne sein eigenes Zutun griffen seine Hände nach ihr, zogen sie zu ihm heran, und sein Mund fand ihre vollen staubigen Lippen. Sie schmeckte nach Pfefferminz und ein wenig nach Zement. Ihr Körper, eben noch steif, schmiegte sich an ihn, und ihr Atem streichelte seine Wange. Tief in seinem Inneren breitete sich Wärme aus, und Patrizio berührte mit seiner Seele die Liebe.

Ich berührte mit meiner Seele an dieser Stelle eher den Wunsch, etwas anderes zu lesen.

Nach einer Weile stellt der gute Patrizio in Annes Haus sogar Wasser und Strom ab, um sie loszuwerden. Das mit dem Abreißen stimmt: er will das Grundstück nämlich als Weide benutzen. Aber es fehlt der Versuch, Anne auf normale Weise - d. h. durch Argumente - zum Verlassen der Hütte zu bringen.

Natürlich gibt es am Ende ein Happy End, aber die Anne/Patrizio-Geschichte hat mir das Vergnügen an diesem Buch doch recht gründlich verdorben.